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von rls

PIEL DE SERPIENTE: Inevitable   (Karthago Records/Pure Rock Records)

Nach dem Zwischendurchhappen "Ya No Hay Marcha Atrás" folgt mit "Inevitable" nun das dritte reguläre Studioalbum Piel De Serpientes, zur Abwechslung von den beiden Coverfiguren des Zweitlings die helle auffahrend, die allerdings vom Tod umgarnt wird, der ihr auch schon eine Art Geschenkverpackung verpaßt hat und verdeutlicht, daß er im irdischen Maßstab letztlich doch der Sieger bleiben wird. Auswirkungen auf die Musik hatte das wieder mal nicht - die 45 Minuten enthalten erneut basisch inszenierten Melodic Metal an der Grenze zum Hardrock oder, wenn man es andersherum aufziehen will, basisch inszenierten Hardrock an der Grenze zum Melodic Metal, das Ganze wiederum bis auf wenige Momente keyboardfrei, bisweilen etwas zu bieder (der Opener "Corazones Salvajes" etwa läßt den Hörer noch etwas unbefriedigt zurück, und erst das folgende "Rabia" nimmt ihn richtig für die Scheibe ein) und nach wie vor gelegentlich an die Landsleute Tierra Santa erinnernd, was diesmal sogar im Albumtitel deutlich wird, denn der Weg von "Indomable" zu "Inevitable" erscheint durchaus überschaubar, und die Idee mit dem Glocken-Schritte-Quietschtür-Intro samt anschließendem maidenkompatiblem Eröffnungsriff hätte durchaus auch auf dem Komposthaufen von Angel, Arturo & Co. gedeihen können. Aber "Inevitable" hält zumindest einige kleine Überraschungen für den Hörer bereit. Zum einen findet sich nach dem Titeltrack ein Song namens "Ronnie James (Un Arcoíris En La Oscuridad)", bei dem es sich ganz offensichtlich um eine Hommage an den in Zeitnähe vor den Aufnahmen verstorbenen Ronnie James Dio handelt, in die am Ende ein Ausschnitt aus einer Dio-Liveshow samt Dankesworten des kleinen Sangesgottes und anfeuernden "Dio, Dio"-Shouts der Anhängerschaft eingemischt wurde; da das Booklet alle Kompositionen als Werke Piel De Serpientes ausweist, dürfte es keine hispanisierte Coverversion eines Dio-Tracks sein (der Rezensent hat nicht alle von dessen Tonträgern im Schrank, so daß diese Möglichkeit zumindest nicht prinzipiell ausschließbar gewesen wäre). Dafür greift Lutfi S. Al-kharbutli im letzten Song der CD, "Sons Of The Night", erstmals auf englische statt spanischer Leadvocals zurück, während er im Titeltrack noch vokale Unterstützung von Jose Vicente Broseta Parreno erhält, allerdings offenlassend, welche der dort zu hörenden vielfältigen Lautäußerungen denn nun die angegebene "segundo voz" darstellen. Ansonsten ist im positiven wie negativen Sinne bei Piel De Serpiente alles konstant geblieben: Sie machen das, was sie offensichtlich am besten können, und sie machen das in den meisten Fällen auch gut, von einigen kleinen Problemen abgesehen. Vom zu basisch inszenierten Opener war schon die Rede, und Drummerin Emma López gönnt sich nach wie vor pro Scheibe mindestens ein merkwürdiges Drumbreak - diesmal in "Estrellados Del Rock", womit nicht die verschleppten Wirbel gemeint sind, sondern die seltsamen Verharrungen in der ersten Strophe. Dafür wissen die Wechsel im vielschichtig inszenierten Titeltrack (wohl das Progressivste, was die vier Spanier plus Spanierin bisher geschrieben haben) zu überzeugen, und man wundert sich nur, warum kurz vor Schluß noch ein sphärisches Keyboardbreak als neues Element eingeführt wird, wenn es danach nicht mehr zu einer Weiterentwicklung dieser Idee kommt, sondern der Song wenige Sekunden später eher unbedarft endet. Auch das schöne Solo in "El Umbral" macht zweifellos viel Hörspaß und wertet den sonst guten, aber nicht weiter umwerfenden Song noch ein gutes Stück auf. Das ist das Schöne am Sound Piel De Serpientes: Sie schaffen es oftmals, solide Ideen durch einzelne Geistesblitze auf ein höheres Level zu schieben, und man würde sich durchaus noch den einen oder anderen zusätzlichen dieser Geistesblitze wünschen. "La Marea Del Ayer" geht auch als solcher durch - zunächst wundert man sich, daß der bezaubernde balladeske Auftakt nicht gleich in eine komplette Ballade überführt wird, aber der vielschichtige Aufbau mit feistem, schnellem und doublebassunterstütztem Refrain plus federleichtem Hauptsolo (was für eine Drumarbeit!) überzeugt ohne Wenn und Aber und stellt eine der besten Songwritingleistungen dieser Spanier dar. Das folkige Gitarrensolo in "Suenos Perdidos" weiß ebenfalls hoch zu punkten, in "La Marca Del Diablo" tritt sogar Bassist Francesc Vera "Romariet" gelegentlich in den akustischen Vordergrund, Lutfi kreischt zum Ende hin immer höher, Emma wechselt sekundenweise ins Speedtempo - noch so ein vielschichtiges Highlight! "Sons Of The Night" beendet das Album dann auf gutklassigem Niveau und eröffnet die Erkenntnis, daß Lutfis Stimme in Englisch und leicht angerauht ein paar Parallelen zu Seventh Avenues Herbie Langhans mit sich herumschleppt. Ein bißchen holprig klingt's bisweilen in diesem Song aber noch - er ist gut gemeint, aber die eleganten Glanzlichter setzen andere, die im Falle dieses Drittlings überwiegend in dessen zweiter Hälfte versammelt sind, während die erste unauffälliger daherkommt. Fans der Band können ohne Bedenken zugreifen, alle anderen wissen, in welche Hälfte sie je nach persönlichem Geschmack den Hörtest beginnen können.
Kontakt: www.karthagorecords.de

Tracklist:
Corazones Salvajes
Rabia
El Umbral
Sangre
Estrellados Del Rock
Inevitable
Ronnie James (Un Arcoíris En La Oscuridad)
La Marea Del Ayer
Suenos Perdidos
La Marca Del Diablo
Sons Of The Night
 




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