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von rls

NO BROS: Metal Marines   (Pure Rock Records)

Nach dem vierten Album "Cavalry Of Evil", erschienen anno 1986, war bei No Bros der Ofen zunächst aus - im folgenden Vierteljahrhundert erschienen zwar auch einige Scheiben, aber das waren entweder Best-Ofs, Livescheiben oder Raritätencompilationen. Die Re-Releases der ersten beiden Scheiben "Heavy Metal Party" und "Ready For The Action" brachten aber einen Stein ins Rollen, nachdem bereits anno 2013 beim "Schubert in Rock"-Projekt der eine oder andere Faden neu geknüpft worden war. 2014 erschien dann mit "Find Myself" eine neue 5-Track-Single, deren drei neue Songs (die anderen beiden sind die Titeltracks der beiden ersten Scheiben) nun allesamt auch auf dem Full-Length-Comebackalbum "Metal Marines" gelandet sind und zuvor schon auf dem Re-Release von "Ready For the Action" zu hören gewesen waren. Dort freilich hatten sie eher Grund zur Besorgnis abgegeben, vor allem in bezug auf die Frage, was Freddy Gigele heute stimmlich noch zu leisten imstande ist. Nach Durchhören von "Metal Marines" aber kann Entwarnung gegeben werden: Kurioserweise sind die drei erwähnten Songs diejenigen, wo Gigeles Stimme am meisten zu wackeln droht. Zumindest die Ballade "Find Myself" dürfte aber der erste Song gewesen sein, den die neuen No Bros eingespielt haben - es ist der einzige, auf dem Ur-Bassist Michael Ausserhofer zu hören ist, während für den Rest der Scheibe Andy Marberger den Baß übernommen hat, der zudem für die Studioaufnahmen chefverantwortlich zeichnet. Möglicherweise stammt von selbigem auch die Idee, Magnums "Dance Of The Black Tattoo" zu covern, auf dem er dann auch noch selbst die Leadvocals übernommen hat. Schon die Wahl überrascht: Magnum werden ja schon per se eher selten gecovert, aber dann auch noch keinen der Klassiker, sondern einen noch fast taufrischen, aus dem Jahre 2012 stammenden Song zu wählen ist mehr als ungewöhnlich - aber der Song ist klasse, keine Frage. Klaus Schubert setzt eine für No-Bros-Verhältnisse sehr hart-trockene Gitarrenarbeit drunter und läßt sein Instrument hier und da sogar mal ganz kurz quietschen, als wolle er in den Nu Metal rüberschielen, während er im Hauptsolo eine sehr gefühlvolle Spielweise wählt. Marberger selbst unterscheidet sich stimmlich deutlich von Gigele, wirkt in den Strophen manchmal leicht kurzatmig, kommt aber im Refrain Bob Catley durchaus nahe, ohne ihn freilich zu erreichen - da ist der Brite in seinem Alter trotzdem noch eine Liga entfernt. Das Instrumental "Over The Sea And Far Away" hat Marberger dann gleich im Alleingang verfaßt und die zugehörigen Keyboards, die Schuberts Gitarre untermalen und maritime Effekte erzeugen, eingespielt (ansonsten verrichtet Andy J. Brunner den Tastenjob - auch ein alter Bekannter Schuberts aus dem Rock-Bunnies-Projekt), wobei dieses Stück eher als eine Art Intro zum von Marberger mitkomponierten (und wohl auf sein Ansinnen hin mit einem Baßsolo - einem guten übrigens - ausstaffierten) Titeltrack fungiert. Dort traut sich Gigele am Refrainende einen Oktavsprung nach oben und gerät dabei in gefährliche Nähe zu den eingangs erwähnten Problemfällen. Die Strophen wirken irgendwie blutarm und die Ausblendung im zweiten Keyboardsolo lieb- bis einfallslos, während der Song ansonsten durchaus zu überzeugen weiß (schöne Dynamiksteigerung hinter dem ersten Keyboardsolo!), wenngleich es Besseres auf dem Album gibt, etwa gleich den Opener "Legends Of The Eighties", der das aktuelle Selbstverständnis der Band eindrucksvoll demonstriert und beileibe nicht als Selbstüberschätzung aufgefaßt werden sollte: No Bros haben den Weg zurück zum saftigen Spätsiebziger-/Achtziger-Hardrock klassischer Prägung gefunden, und schon wie sich Schubert und Brunner ein Gitarre-Keyboard-Soloduell liefern, verrät dem Kenner, daß das hier was für ihn sein dürfte. Die Bestätigung folgt in Gestalt etlicher guter und kompetent eingespielter Songs ebenjener Stilistik im Verlaufe der knapp 56 Minuten, wo man zwar hier und da das Gefühl hat, hier wäre noch mehr drin gewesen (der Titeltrack ist nicht der einzige, wo man über die simple Ausblendung nicht so ganz glücklich ist), sich im Großen und Ganzen aber gut unterhalten fühlt, zumal wie erwähnt auch Gigele in den meisten Songs seine Grenzen kennt. Daß er aktuell stimmlich an Ian Gillan in den Neunzigern erinnert (in den 1990er Jahren, nicht an einen über 90jährigen!), paßt zum Stil No Bros' natürlich perfekt, fühlt man sich hier und da doch durchaus an die Deep Purple der Zeit ab 1984 erinnert, und das dürfen sich No Bros durchaus als Kompliment gutschreiben (daß Drummer Bernie Welz auf seinem Bookletfoto ein wenig wie Ian Paice aussieht, dürfte trotzdem purer Zufall sein). Mit dem Gute-Laune-Hardrocker "Runaway Girl" hat auch Gigele wieder eine Komposition eingebracht, eine schon von 2006 stammende zwar, aber sie wirkt trotzdem wie ein organischer Bestandteil des Albums, das mit den beiden von der Single bekannten "A Night In Touch City" und "Find Myself" (letztere entfaltet im Albumkontext eine stärkere Wirkung als alleinstehend, selbst wenn Gigeles hier wacklige Stimme davon auch nicht weggeht) sowie dem sehr starken classicrockenden Schubert/Marberger-Instrumental "In The Shadow Of The Galley" (nur des etwas bemüht wirkenden Eröffnungssamples aus "Legends Of The Eighties" hätte es nicht bedurft), das mit über sechs Minuten übrigens das längste Stück der Scheibe darstellt, endet und Anhängern der ersten beiden Alben, die nicht davon ausgehen, daß Gigele immer noch so singt wie vor reichlich 30 Jahren, trotz des eher mäßigen Timo-Würz-Covers (das Wasser sieht so aus, als ob das Bild schnell fertig werden mußte) als Blindkauf empfohlen werden kann.
Kontakt: www.puresteel-records.com

Tracklist:
Legends Of The Eighties
Back Again
Devil With An Angel's Face
Dark Chamber
Written In Fire
Dance Of The Black Tattoo
Over The Sea And Far Away
Metal Marines
Song Number Nine
Runaway Girl
A Night In Touch City
Find Myself
In The Shadow Of The Galley
 




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