www.Crossover-agm.de NINJA: Into The Fire
von rls

NINJA: Into The Fire   (Pure Steel Records)

Reichlich anderthalb Jahrzehnte nach der dritten Platte "Valley Of Wolves" taten sich Holger vom Scheidt und Ulrich Siefen ein weiteres Mal unter dem Bandnamen Ninja zusammen - im Gegensatz zu besagtem Vorgänger aber wieder mit einer vollen Bandbesetzung, zu der zwar kein weiteres früheres Bandmitglied gehört, aber einen so ganz jungen Eindruck machen Carsten Sperl (g), Michael Posthaus (b) und Hans Heringer (dr) auch nicht mehr, sind also offenbar auch schon der Kategorie "alte Recken" zuzuordnen, wenngleich der Rezensent sie spontan keinen früheren Betätigungsfeldern zuordnen kann. Diese Truppe spielte anno 2014 die "Hard As Steel"-Single (offensichtlich eine Neueinspielung, denn ein Song dieses Namens stand schon auf dem Debütalbum "Invincible") sowie einen vollen Longplayer namens "Into The Fire" ein, veröffentlicht zunächst abermals als Eigenpressung wie schon im Falle von "Liberty" und dem erwähnten "Valley Of Wolves". Als aber die Pure-Steel-Labelfamilie auf die Band aufmerksam wurde und die ersten drei Alben in der "Heavy Metal Classics"-Serie des Karthago-Labels wiederveröffentlicht wurden, da entstand auch die Idee, "Into The Fire" noch einmal als "richtige" Label-CD herauszubringen. Da das Booklet nichts von Remastering oder anderen Nachbearbeitungen verlauten läßt, scheint die Audiokomponente unverändert geblieben zu sein, auch Zusatztracks gibt es offenbar keine, und kurioserweise hat nicht mal "Hard As Steel" den Weg auf die Scheibe gefunden, die trotzdem eine strukturelle Besonderheit aufweist: Alle drei bisherigen Ninja-Alben hatten je 10 Songs, "Into The Fire" hingegen bringt es auf deren 12.
Masse statt Klasse also? Durchaus nicht: "Into The Fire" überzeugt durchaus als Ganzes und wirkt wieder etwas homogener als "Valley Of Wolves" - Experimente wie "Herbert" bleiben diesmal außen vor, und wenn Ninja ihr Stilspektrum erweitern wie im Intro und im Mittelteil von "Masterpiece", dann geschieht das in Richtungen, die im traditionellen Metal seit langem eingeführt sind - hier ist es eine bombastische, leicht cineastische Komponente, die dem Song eine Extraportion Dramatik verleiht. Allerdings hört man den chefdenkenden Herrschaften (Siefen und vom Scheidt zeichnen abermals für alle Texte und Kompositionen verantwortlich) ihr fortschreitendes Alter mittlerweile durchaus an. Das ist nicht negativ gemeint: "Vagabond Heart" atmet eine Altersweisheit und -entspanntheit, wie man sie U50 vermutlich kaum vermitteln kann, und vom Scheidt kreischt zwar längst nicht mehr so wie früher, aber er kennt die aktuellen Grenzen seiner Stimme und versucht nicht krampfhaft, diese zu überschreiten, sondern bewegt sich mit Sicherheit innerhalb derselben, wobei klar wird, daß diese Stimme außerhalb der Kreischlage wenig mit Jon Oliva gemeinsam hat. Um zu solchen Erkenntnissen vorzudringen, muß man das Album allerdings zur Gänze hören und darf sich nicht vom Opener "Frozen Time" abschrecken lassen. Passend zum Titel schleicht dieser Song nämlich in so niedriger Geschwindigkeit durch die Zeit, daß er fast am Doom kratzt und den flüchtigen Hörer irrigerweise annehmen lassen könnte, hier sei nun tatsächlich eine lahme Altherrentruppe an der Grenze ihrer Kräfte unterwegs. So eine Nummer als Opener zu wählen muß man sich als nach langer Pause wieder aktive Band erstmal trauen - mit "Thunder" steht aber gleich der druckvollste Song der Scheibe an zweiter Stelle und macht den Zweiflern klar, daß die betagten Herrschaften auch noch viel Druck entwickeln und Tempo machen können, wenngleich sie auch hier deutlich unter der Speedgrenze bleiben. Aber Geschwindigkeitsfanatiker waren Ninja auch früher schon nicht, insofern hat sich nichts Grundlegendes geändert, sieht man von dem Fakt ab, daß die beiden großen Vorbilder der Band, nämlich Accept und AC/DC, wieder etwas deutlicher durchscheinen. Siefen hatte sich ja schon auf "Valley Of Wolves" den Spaß gegönnt, eine "Princess Of The Dawn"-ähnliche Passage einzubauen, und diesmal fällt er mit einer solchen gleich zu Beginn von "Frozen Time" ins Haus. Auch der fast auf jeder Scheibe zu entdeckende Judas-Priest-Moment ist wieder da, diesmal in der Lead-Backing-Struktur der Bridge von "Coward", die ein wenig an eine ähnlich strukturierte Passage in "Devil's Child" erinnert und damit einen Vergleich aus "Hard As Steel" reminisziert, das ja justament 2014 neu eingespielt worden war, so daß es sich möglicherweise nicht um einen Zufall handelt. Wie auf den Vorgängeralben gibt es auch diesmal die eine oder andere Stelle, wo man das Gefühl hat, Ninja wollten zuviel und vergäßen darob die Songdienlichkeit - hier handelt es sich um den ersten Teil von "Last Chance", wo der Übergang in die A-cappella-plus-Echo-Passage auch nach mehrmaligem Hören nicht homogen erscheinen will und auch besagte Passage selbst nicht so richtig zu überzeugen weiß, zumal derartige Anklänge im Rest des etwas gen AC/DC, allerdings mit mehr Hardrock als Rock'n'Roll im Gesamtmix, tendierenden Song keinerlei Rolle mehr spielen, von einer hintergründigen Keyboardmelodie mal abgesehen. Auch die Einleitung von "Always Been Hell" läßt nicht die hübsche Ballade ahnen, die dort angeklebt wurde, während die Einbindung des weiblichen Gesanges von Liane Vollmer-Sturm und Marja Boender im abschließenden hymnischen Titeltrack deutlich besser gelungen ist. Aber am meisten Spaß machen Ninja im Normalfall, wenn sie geradlinig rocken, und das tun sie etwa im flotten "Sledgehammer". "Supernatural" besitzt einen der einprägsamsten Refrains der Scheibe, und beim genaueren Hinhören stellt man überrascht fest, daß vom Scheidt die zweite Strophe in Italienisch singt, was zu den offenbar irgendeinem Mafiafilm entnommenen Samples zu Beginn und Ende des Songs paßt, allerdings keine Kompensation für ein schönes Hauptsolo darstellt, das dort fehlt. Der Titeltrack hingegen punktet wieder sehr hoch - ein Händchen für starke Halbballaden bzw. Hymnen hatten Ninja ja schon immer, und so ist's auch hier. Wer die Re-Release-Serie schon erworben hat, macht mit "Into The Fire" definitiv nichts falsch, aber die gut produzierte (und von Udos kleinem Bruder Peter Dirkschneider gemixte) Scheibe taugt auch so als Beispiel, wie man als Metalband würdevoll altern kann.
Kontakt: www.ninja-rock.com, www.puresteel-records.com

Tracklist:
Frozen Time
Thunder
Vagabond Heart
Masterpiece
Hot Blond Shot
Always Been Hell
Blood Of My Blood
Coward
Last Chance
Sledgehammer
Supernatural
Into The Fire
 




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