www.Crossover-agm.de NINJA: Valley Of Wolves
von rls

NINJA: Valley Of Wolves   (Karthago Records)

Nachdem die 1992er Eigenproduktion "Liberty" Ninja keinen Schritt auf der Karrierebahn vorwärts gebracht hatte, zerstreute sich das Quintett, und Sänger Holger vom Scheidt tat sich wieder mit Gitarrist Ulrich Siefen zusammen, der nach seinem 1989er Ausscheiden bei Ninja eine Formation namens US Force ins Leben gerufen hatte, mit dieser aber auch keinen Pfifferling gewinnen konnte. Audiomaterial dieser Truppe ist dem Rezensenten nicht bekannt, aber angesichts des 1991 ausgebrochenen Zweiten Golfkrieges war auch der Bandname sicherlich etwas unglücklich. Als sich Siefen und Scheidt wieder zusammentaten, führten sie also nicht etwa US Force weiter, sondern wählten wieder den Namen Ninja, ignorierten alle Szenepäpste, die den Heavy Metal für tot erklärten, und brachten 1997 eine weitere Eigenproduktion heraus, die auf den Namen "Valley Of Wolves" hörte, ein eher mißglücktes Cover hatte (die Wölfe sehen etwas abgewrackt aus und erinnern zudem eher an Hyänen) und letztlich abermals keinen Landgewinn für Ninja bedeutete, auch wenn 1997 das Jahr war, als HammerFall dank einer günstigen Kombination aus erfrischender Musik und starkem strukturellem Labelsupport den Metal wieder ganz oben auf der musikalischen Landkarte plazierten und die Labels eine Zeitlang alle traditionellen Metalbands signten, die nicht rechtzeitig auf den Bäumen waren. Auf Ninja jedenfalls stießen die Scouts nicht, und so verschwand der Bandname abermals von der Bildfläche.
Knapp zwei Dekaden nach der Erstveröffentlichung liegt nun auch dieses Album im Rahmen der "Heavy Metal Classics"-Serie bei Karthago Records als Wiederveröffentlichung vor. Und schlecht ist es beileibe nicht, wenn es auch unter gewissen Problemen leidet. Zum einen hinterläßt es einen stilistisch nicht völlig geschlossenen Eindruck, und die derben AC/DC-Anklänge in "Dirty Job" stehen beispielsweise zum folgenden emotionalen Instrumental "Galaxy", das ein wenig an Gates Of Ishtars "Forever Beach" erinnert (allerdings früher entstand als dieses), in einem seltsamen Kontrast. Auch die Verzerreffekte auf der Stimme in "Herbert", die in den Neunzigern in diversen anderen harten Genres en vogue waren, und der fast an Die Krupps erinnernde Stil der Instrumentierung wollen zum immer noch eher traditionsmetallisch geprägten Ninja-Sound nicht so richtig passen. Die im Stil von Fancy (!) und anderen 80er-Poppern gestalteten Backingvocals des Intros und des Refrains von "Silver Dagger" nimmt man mit einer Mixtur aus Schmunzeln und Kopfschütteln zur Kenntnis. Daß die Grundhärte ein wenig reduziert wurde, ist hingegen kein existentielles Problem, und mit dem knüppeligen "The Amazing World Of Frankie K." haben Scheidt und Siefen gar den härtesten Song der bisherigen Bandgeschichte eingespielt (ihn allerdings trotzdem mit diversen Verharrungen versehen). Die Formulierung ist Absicht: Das Booklet nennt als Einspieler nur ebenjene beiden - also war zu der Zeit offenbar keine feste Besetzung vorhanden, und man hört dem etwas sterilen Touch des Drummings auch an, daß hier offenbar kein Schlagzeuger aus Fleisch und Blut aktiv war. Den Rest der Instrumente hat Siefen dann offenbar im Alleingang bedient, es sei denn, Scheidt konnte auch etwas dazu beisteuern - konkrete Informationen über die strukturelle Lage lassen sich nicht finden. Der Gesang legt die gelegentlichen Jon-Oliva-Parallelen auch diesmal nicht ab - "Heart Of A Beggar" kann als schönes Beispiel dienen, auch wenn die Backingstruktur des Refrains hier auch noch völlig anderes Kolorit einbringt und Scheidt auch diesmal wieder versucht, seine Stimme relativ vielseitig einzubringen. Die seltenen Accept-Parallelen im instrumentalen Bereich muß man sich diesmal mit einer Ausnahme zurechtdenken: Zwar existieren durchaus kompositorische Ideen, die Accept gleichfalls in den Sinn gekommen hätten sein können, aber das Klanggewand Ninjas ist auf "Valley Of Wolves" keineswegs nur in "Herbert" eines, das man sich auf keiner Accept-Platte vorstellen kann. Besagte Ausnahme hört auf den Namen "Majesty" und ist natürlich kein Blind-Guardian-Cover, aber beim Riffing öffnet Siefen hier die "Princess Of The Dawn"-Schublade. Der leicht erhöhte Einsatz von Akustikgitarren auch in sonst härteren Nummern fällt gleich beim eröffnenden Titeltrack auf, und es gibt auch mehr Keyboards als früher, trotzdem muß man mit Vorwürfen, Ninja seien "kommerziell" geworden, vorsichtig sein - erstens ist eine gewisse Grundhärte ja immer noch da, zweitens hätte die Band, wäre es ihr wirklich um trendige Zuordenbarkeit gegangen, eine ganze Platte mit Nummern wie "Herbert" einspielen müssen, und drittens hätten die zehn Songs mit voller Bandbesetzung und amtlicher Produktion ein durchaus starkes Metalalbum ergeben können. Die volle Bandbesetzung samt Liveaktivität wäre auch nützlich gewesen, um vielleicht den einen oder anderen überflüssig anmutenden Rhythmusschlenker noch als ebensolchen Status aufweisend zu erkennen und daher zu eliminieren. Dafür überzeugen andere dieser kleinen Funde am Wegrand umso mehr, etwa die klassikdurchwirkte Gitarrenlinie am Ende von "Silver Dagger", und da etliche Songs auch in der hier gegebenen Form ohne Wenn und Aber als stark zu bezeichnen sind (Highscores: die im Falle einer Vinylpressung jeweils letzten Songs der Plattenseiten, nämlich der hymnische Stampfer "Allright" und das bereits erwähnte "Galaxy"), kann auch hier durchaus eine Antestempfehlung für die 40 Minuten Musik gegeben werden.
Kontakt: www.karthagorecords.de

Tracklist:
Valley Of Wolves
King Of Waltz
Majesty
Dirty Job
Galaxy
The Amazing World Of Frankie K.
Heart Of A Beggar
Herbert
Silver Dagger
Allright
 




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