www.Crossover-agm.de THE HOBBIT SHIRE: Fantasy Rock
von rls

THE HOBBIT SHIRE: Fantasy Rock   (Eigenproduktion)

Das Schaffen von J.R.R. Tolkien ist längst auch in Rußland bekannt, und so verwundert es nicht, daß sich auch dort Bands finden, die in der einen oder anderen Weise mittelgeerdet sind. The Hobbit Shire machen das gleich mit ihrem Bandnamen deutlich, und sie erheben dazu auch noch ihren Albumtitel zum Programm, indem sie in ihm kurzerhand ihren Stil preisgeben. Man hätte allenfalls noch den Terminus "Folk" dazwischenschieben können, denn wie es sich für eine anständige Folkrockband gehört, beschäftigen The Hobbit Shire unter ihrem sechsköpfigen Personal auch einen Violinisten, und der sorgt trotz keinesfallsiger Omnipräsenz (oder aber völliger Unterproduzierung - man nimmt ihn jedenfalls erst im Intro des dritten Songs "Marsch Goblinow" zum ersten Mal richtig wahr) dafür, daß Teile des Songmaterials ein klein wenig an Skyclad erinnern, allerdings nicht an deren frühe metallische Inkarnation, sondern die Phase nach "Irrational Anthems", in welcher der Folk allenfalls noch durch einige rockige Elemente flankiert wurde. Der Drumrhythmus, mit dem "Tschornij Wsadnik" eingeleitet wird und der das Stück auch komplett durchzieht, hat wiederum sein Vorbild auf dem einzigen Album von Elbereth (schon wieder Tolkien!) gefunden, einige Hammondorgelsoli weisen deutlich in die Siebziger zurück, aber der verzerrte Gesangspart gleich im Opener "Gendalf Serij" macht deutlich, daß The Hobbit Shire keinesfalls nur in der weiten Vergangenheit durch die Gegend schweben. Auch einige der weiteren verbratenen Stilmittel widersprechen dem Bild der Ewiggestrigen, so etwa die bisweilen eingeworfenen Geräuschkulissen (ohne aber etwa Industrialqualitäten zu entwickeln) oder die Tradition und Moderne gut verbindenden Riffs, von denen etwa das angedüsterte in "Dwe Baschni" auch von diversen finnischen Düsternachbarn gern übernommen worden wäre; auch die coolen Hornfanfaren im Hintergrund hat man in völlig anderem Kontext etwa im Schaffen von Turisas schon mal gehört. Leider fehlt der Produktion ein wenig der Druck, und so kann etwa "Marsch Goblinow" seine unter Livebedingungen garantiert kaum übertreffbaren Mitreißqualitäten auf Konserve nicht so richtig entfalten; auch das weitere Aufreißen des Lautstärkereglers hilft nicht, da auch dadurch die Violine nicht weiter in den Vordergrund gestellt wird. Aber es ist eben nur eine Eigenproduktion, deren Budget sicherlich im überschaubaren Bereich gelegen haben wird, weshalb es auch nur zur Konservierung von neun Songs mit relativ mageren 33 Minuten Spielzeit gereicht hat (wobei zu bedenken ist, daß das Blind Guardian-Debütalbum auch nicht länger war). Und wenn dann die Violine doch mal nach vorn gemischt wurde, wie etwa in "Elfiiskaja Reka", dann macht auch die Studioversion gleich anderthalb mal soviel Laune. "Doroga" an sechster Setposition sticht ein wenig vom restlichen Material ab, erstens weil es nicht von Bandchef Maxim Samoilow komponiert wurde, sondern von Keyboarder Lew Sarizki, zweitens weil sich dadurch der Schwerpunkt ein wenig in Richtung Folk verschiebt, zumal in Richtung schottischen Folk, wofür wiederum die dudelsackartigen Sounds verantwortlich sind, und drittens, weil der Text original von Tolkien übernommen wurde, während für die anderen Songs Maxim tolkieneske Lyrics geschrieben hat. "Doroga" sieht zugleich den einzigen Part, in dem Sängerin Elena Schirokowa ins klassische Stimmfach wechselt, während sie ansonsten mit einer "normalen" Stimme in Mittellagen singt, bisweilen Jenny von New Life nicht ganz unähnlich (eine Band, die auch gelegentlich als musikalischer Vergleich taugt, was beispielsweise manche harmonische Gestaltungen angeht), bisweilen auch Sabine von Edenbridge ins Gedächtnis zaubernd (da gibt es zudem auch noch optische Ähnlichkeiten) oder eine powervollere Variante Sharons von Within Temptation erwünschen lassend. Gesungen wird, wie die Titel bereits erahnen lassen, in Russisch, was Tolkienisten mit Kenntnissen in dieser Sprache die reizvolle Aufgabe des Nachvollziehens und Zuordnens auferlegt, alle anderen aber allein mit der Musik zurückläßt. Im letzten Song singt dann auch noch Maxim selber und macht deutlich, daß er gut daran getan hat, den Job als Leadsänger anderweitig zu besetzen - er singt nicht schlecht, aber irgendwie gelangweilt wirkend und irgendwie an manche thailändischen Sangesbarden erinnernd, was in diesem Kontext mangels der dazu passenden süßlicheren Musik aber nicht als Kompliment zu verstehen ist. Summa summarum keine schlechte Platte, aber noch genügend Steigerungsmöglichkeiten offenlassend, auch bei der optischen Gestaltung.
Kontakt: www.hobbitshire.ru

Tracklist:
Gendalf Serij
Tschornij Wsadnik
Marsch Goblinow
Dwe Baschni
Elfiiskaja Reka
Doroga
Otdai Ognju
Kolybelnaja Sredisemja
Pesnja Gnoma Balina



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