www.Crossover-agm.de FREAKINGS: Gladiator
von rls

FREAKINGS: Gladiator   (Eigenproduktion)

"Thrash Metal" heißt der siebente Song dieser CD, und der Titel des fünften, "Till Death", läßt sich gemäß den Lyrics gleichfalls um das vorangestellte Wort "Thrash" ergänzen. Die Vermutung, Freakings würden HipHop, Schlager oder Ambient spielen, darf also getrost ins Reich der Fabel verwiesen werden, zumal die drei Herren auf den Bandfotos auch Shirts bzw. Kutten tragen, die den logischen Schluß erlauben, das Verbalbekenntnis zum Thrash Metal bliebe nicht nur ein solches, auch wenn Obituary als Shirtmotiv dann wiederum eine Death-Metal-Neigung möglich erscheinen lassen, die allerdings in den 37 Minuten keine musikalische Entsprechung findet. (Nur nebenbei sei angemerkt, daß das nadelwaldartige Bandlogo auf einem weiteren Shirt, ähem, etwas schwer lesbar ist.) Kollege Dirk hatte bereits das Vergnügen, das Trio auf dem Elements-Of-Rock-Festival live zu erleben, und zwar anno 2011, wo sie den ersten Abend eröffneten, damals noch ohne vollen Tonträger im Gepäck. Der erschien dann Ende 2011 unter dem Titel "No Way Out", und nun legen Freakings knapp drei Jahre später mit dem Zweitling "Gladiator" nach. Thrashig angehauchten Metal haben die Jungs laut Dirk schon damals gespielt, aber diese Umschreibung ist für "Gladiator" definitiv zu schwammig, denn was hier aus den Boxen kommt, ist reinrassiger Thrash, nicht mehr und nicht weniger. Das Infoblatt zieht Slayer, Violator und Vengeance Rising als Vergleichsobjekte heran, wobei zweitgenannte dem Rezensenten akustisch unbekannt sind und von den beiden anderen die frühen Vengeance Rising mehr Spuren im Freakings-Sound hinterlassen haben, auch wenn jede klassische Thrashband natürlich irgendwo auch einen gewissen Slayer-Touch mit sich herumträgt. Indes schauen die drei Schweizer musikalisch nicht nur nach Amerika, sondern auch in den "großen Kanton", also nach Deutschland: Kreator schimmern hier und da durch, und wenn die Baselbieter (so steht's im Infoblatt - offensichtlich ist das also eine gängige Beschreibung für einen Einwohner der Umgebung von Basel) mal das Tempo rausnehmen und statt der eindeutig dominanten Speedschiene mal zu grooven beginnen, dann kommt nicht etwa irgendwelcher Neothrash aus der Biopanturahead-Schule heraus, sondern man hört latent eine gewisse Tankard-Schlagseite durch, auf deren Momente bezogen, wenn sie ebenfalls das Tempo herausnahmen und nicht in eigentümliche Ideen wie den Einbau von klassischen Rock'n'Roll-Harmonien verfielen. Als perfektes Beispiel hierfür geht die Einleitung von "Rod Of God's Wrath" durch. Wie die neuzeitlichen Tankard besitzen auch Freakings nur einen Gitarristen, und das hört man ihrem Songmaterial auch an, viel stärker als bei Tankard, die Andy Gutjahrs Solokünsten einen viel breiteren Raum einräumen, während Sänger/Gitarrist Jonathan Brutschin nur äußerst selten mal vom Riff- in den Solomodus umschaltet, am augenfälligsten im eingangs bereits erwähnten "Thrash Metal". So macht das Material trotz mancherlei Tempowechsel einen ziemlich kompakten Eindruck, zumal auch Jonathans Stimme wenig Variationsbreite einbringt und im klassischen Thrash-Shouting verbleibt. Der Purist mag diese Herangehensweise durchaus schätzen, zumal die Spielfreude nicht verwässert wird und das Material auch mit einer unverkennbaren Frische aus den Boxen springt, wozu die knackige Produktion (Mix und Mastering erledigte Christoph Brandes in den Iguana Studios) ihr Scherflein beiträgt. Trotzdem kann der Rezensent, der im Thrash eher die filigranere Herangehensweise einer Band wie Heathen schätzt, nicht verhehlen, daß sich nach einiger Zeit eine gewisse Ermüdung bei ihm einstellt und er in diesem Falle froh ist, daß die CD nur 37 Minuten dauert und nicht 60. Wie gesagt: Wer seinen Thrash roh und urwüchsig, dabei aber nicht gewollt dreckig, sondern auf den Punkt gespielt liebt, der wird das definitiv anders sehen, und für genau diesen Personenkreis, der ja nicht gerade klein ist, wird diese mit einem gewöhnungsbedürftigen Cover versehene CD (über das Motiv soll nicht gestritten werden, aber der Malstil wird nicht jedem gefallen, und das Bandlogo steht gegenüber dem Albumtitel so weit im Hintergrund, daß die CD, wenn sie denn irgendwo im Laden steht, vom unkundigen Verkäufer wohl unter "G" wie "Gladiator" einsortiert werden dürfte) wohl auch gemacht worden sein. Einen Pflichtkauf stellt die CD außerdem für den Personenkreis dar, der metallische Vertonungen des Vaterunsers sammelt, denn unter dem Titel "Kingdom" fallen Freakings mit einer solchen gleich als Opener ins Haus und machen damit nicht nur musikstilistisch, sondern auch geistlich ihre Position klar, wobei die anderen Songs zwischen weiteren religiösen Gedanken und der Sparte "Hurra, wir spielen Thrash Metal" pendeln. Mit zwei Ausnahmen ist übrigens nicht Sänger Jonathan der Texter, sondern ungewöhnlicherweise Drummer Simon Straumann, der zusammen mit Bassist Toby Straumann (Verwandtschaftsverhältnisse sind zu vermuten) auch die Backingshouts beisteuert, die so thrashtypisch sind wie die ganzen 37 Minuten. Wie gesagt: Thrash-Puristen nach vorn, das ist was für euch - und auch live dürften die Herren erhebliche Abräumerqualitäten entfalten.
Kontakt: www.freakings.ch

Tracklist:
Kingdom
The Day Will Come
Gladiator
Hate In Our Veins
Till Death
The Life
Thrash Metal
Atomic Idiocy
Rod Of God's Wrath
Why
False God






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