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DRAKKAR: Razorblade God
von rls

DRAKKAR: Razorblade God   (Dragonheart Records)

Bei einem Blindfold-Test hätte ich mich arg schwergetan, Songs von "Razorblade God" Drakkar zuzuordnen, denn zu den Vorgängern "Quest For Glory" und "Gemini" weist das neue Material doch signifikante Unterschiede auf, wenn es auch immer noch generell dem mittlerweile angesichts von Archontes, Dark Moor oder Imperio nur noch musikalisch und nicht mehr geographisch abgrenzbaren Stil des Italometal zuzuordnen ist. Auffälligste Änderung ist sicher der Wechsel am Gesangsposten, wobei man bei exakter Argumentation allerdings festhalten muß, daß die undeutliche Entwicklung weg von der Dominanz sehr hohen Gesangs hin zu größerer Variabilität, die Luca Capellari von "Quest For Glory" zu "Gemini" zeigte, durchaus auf Album 3 zu einem ähnlichen Ergebnis hätte führen können, wie es der Gesang von Neuzugang Davide Dell'Orto (der bei den Progmetallern Exile sang, vielleicht auch noch singt – wie er das dort tut bzw. tat, entzieht sich meiner Kenntnis, da ich diese Band nur vom Namen her kenne) nun darstellt. Davide erinnert eher an eine kräftige Power Metal-Röhre, kann aber auch genretypisch hoch singen und bedarfsweise auch thrashlastig bellen. Der eine oder andere Song erfordert tatsächlich solche Lautäußerungen, denn Bandkopf Dario Beretta hat sein Riffing noch weiter von der Running Wild-Lastigkeit (die speziell auf "Quest For Glory" deutlich ausgeprägt war – wie die beiden vorausgegangenen Demos "Sailing Alive" und "We Sail At Dawn" klangen, ist mir wiederum apocryph geblieben) entfernt, zieht sich bisweilen etwas zurück, um Neu-Bassist Daniele Persoglio (ebenfalls von einer Progband gekommen, diesmal aber einer mir völlig unbekannten namens Holy Gates) Raum zur Entfaltung seines Talentes zu lassen, nur um an anderer Stelle mit gesteigertem Thrash-Gehalt loszudonnern. Die größeren Freiräume erfreuen auch Neu-Keyboarder Corrado Solarino, der sich mit einer weiteren neuen Facette im Drakkar-Sound bedankt: Hammondorgeln kamen im bisherigen Material recht selten zum Einsatz, verleihen den neuen Songs aber einen gewissen Altrock-Touch, der keineswegs konträr zum thrashigeren Riffing steht, sondern wie dieses seinen Teil zu einem erstmals originell zu nennenden Gesamtsound beiträgt. Auch in der Wahl der abschließenden Coverversion erkunden Drakkar selten betretenes Gebiet, indem sie sich "Kingdom Of Madness" von Magnum vorgenommen haben, das mir gut gefällt, das ich aber mangels Kenntnis des Originals nicht mit jenem vergleichen kann. (Zusatz Jahre nach Erstschrift des Reviews: Mittlerweile hat auch das Original den Weg in meine Sammlung gefunden, was folgende Einschätzung ermöglicht: Die Struktur ist im Cover weitgehend erhalten geblieben, nur eben mit einer gewissen Härtung.) Neben "Lo Shan Shen Long Pa (Great Dragon Rising From The Mountains Of Lo)" mit seinem fast Bal-Sagoth- oder Meat Loaf-kompatiblen Titel darf "To The Future" als am ehesten ans Drakkar-Frühwerk gemahnend angesehen werden (man lausche mal genau dem Arrangement des Chorus), und vielleicht wurde gerade deshalb dieser Song auserkoren, um als Videoclip umgesetzt zu werden – da man wohl kaum auf Fernsehausstrahlung hoffen darf, gibt's den Clip auf der CD mitgeliefert. Mit "Galadriel's Song" ist auch eine Ballade vertreten, bis auf das halbakustische Solo wenig innovativ, aber insgesamt einfach nur schön. Einige Songtitel ("Razorblade God", "Man And Machine", "The Matrix", "The Next Generation" ...) erwecken den Eindruck eines Konzeptalbums über die Gefahren der aktuellen und zukünftigen Hochtechnisierung, aber ohne vorliegende Lyrics kann ich diese These nicht verifizieren. Der Erwerb von "Razorblade God" lohnt aber auch schon allein aus musikalischen Gründen, wobei Fans der ersten beiden CDs erstmal probehalber reinlauschen sollten, ob sie mit der leichten stilistischen Modifikation zurechtkommen.



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