www.Crossover-agm.de RUNNING WILD: Victory
von rls

RUNNING WILD: Victory   (GUN Records/BMG)

Auch auf ihrem neuen Werk "Victory" vercrossovern Running Wild in altbewährter Weise alle möglichen und unmöglichen Musikstile von Blues über Reggae, Soul, Funk, Gospel, Hip Hop, Industrial, Techno, FreeJazz und Progrock zu einem völlig wüsten Gemisch, bei dem kein Song klingt wie der andere.
Sehe ich da jemanden stutzen und ungläubig die mehr oder weniger hohe Stirn runzeln? Running Wild und FreeJazz? Nicht Rock'n'Rolf, sondern Prog'n'Rolf? Gut, Spaß beiseite. Rolf Kasparek und seine Mannen sind keinen Millimeter von ihrem teutonisch-traditionsmetallischen Sound abgewichen und kopieren sich in den zwölf Songs wieder mal bis zum Anschlag selbst, wie es sonst allenfalls noch AC/DC und Status Quo (die heißen deswegen ja auch so) in der gleichen Konsequenz hinbekommen. Vergleicht man dann bei den genannten Bands Album Nr. 2 mit Nr. 11, stellt man dann überrascht fest, daß sich quasi unbemerkt, da extrem langsam, doch Veränderungen eingeschlichen haben, die bei einem Vergleich von Album Nr. 10 mit Nr. 11 allenfalls unter einem Mikroskop sichtbar sind, und auch das ist bei Running Wild nicht anders. Das Problem bei "Victory" ist nur, daß das Qualitätslevel der neuen Songs nicht an das des Vorgängers "The Rivalry" herankommt, sondern sich eher auf dem des 95er "Masquerade"-Tempobolzens, der für meinen Geschmack auch nicht erstklassig war, einpegelt, damit aber die lockere Trilogie über die prinzipiellen Auseinandersetzungen zwischen Gut und Böse nach dem Höhepunkt "The Rivalry" wieder auf dem Ausgangslevel abschließt. An Tracks wie "The Ballad Of William Kidd" oder "Adventure Galley" kommen Rolf & Co. also nicht vorbei, haben sich mit dem eingängigen "When Time Runs Out" oder dem schnellsten Song der Scheibe, "Timeriders", aber doch gutklassiges Material aus den Uniformärmeln geschüttelt und auch den ollen Beatles-Track "Revolution" ganz vernünftig gehärtet. Indes muß festgehalten werden, daß, wenn "Tsar" Einflüsse russischer Folklore aufweist, Napalm Death auf dem nächsten Kuschelrock-Sampler auftauchen und vor allem die zweite Albumhälfte zu sehr auf Nummer Sicher zu gehen versucht. Außerdem bin ich mir sicher, daß auf "Victory" ein Drumcomputer trommelt (so maschinell-präzise und emotionslos kann kein Mensch spielen, und vor allem die Breaks klingen programmiert und nicht organisch), was Rolf aber immer noch abstreitet, obwohl es gleichzeitig die einzige logische Erklärung ist, warum nur Rolf im Booklet abgebildet ist (die Erklärung, die Maße von Gitarrist Thilo Hermann und Basser Bodo Smyszynski hätten zu spät vorgelegen, um noch nach passenden Uniformen suchen zu können, klingt doch arg fadenscheinig). Wie soll man auch einen Drumcomputer in eine ansehnliche historische Uniform kleiden? Der einzige Haken an der Sache ist, daß ich den Musikernamen Angelo Sasso (dieser Mensch soll laut Rolf angeblich getrommelt haben) schon mal irgendwo gehört habe, aber mich nicht mehr erinnern kann, in welchem Zusammenhang das war. Aber egal: Wenn Rolf hier tatsächlich geflunkert hat, dann hat er ein ganzes Stück seines Rufs als integrer und ehrlicher Musiker verspielt. Ob dieser ordentliche, aber nicht weltbewegende Silberling einen solchen Einsatz wert war, erscheint mir höchst zweifelhaft. Eine Running Wild-Sammlung ohne "Victory" ist zwar genauso unvollständig wie eine AC/DC-Kollektion ohne "Fly On The Wall", aber der Einsteiger sollte erstmal das Meisterwerk von Rolf & Co., "Pile Of Skulls" (kürzlich wiederveröffentlicht), anchecken.
Kontakt: www.gunrecords.de
 




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