www.Crossover-agm.de DISILLUSION: Three Neuron Kings
von rls

DISILLUSION: Three Neuron Kings   (Eigenproduktion)

Desillusioniert könnten nach dem Hören dieser vier Tracks einige Personengruppen aus der Wäsche gucken: Einfacher gestrickte Metalanhänger beispielsweise, die von der Fülle an kompositorischen Einfällen Disillusions und der Komplexität förmlich überrollt werden könnten; ebenso potentielle Kandidaten für den seit längerer Zeit verwaisten Bassistenposten, denen vorab ein sehr hohes Übepensum abverlangt werden müßte, um das Material hochklassig interpretieren zu können; vielleicht auch Plattenfirmen, die sich verzweifelt fragen, wie man denn solchen Stoff promoten sollte. Mit einem bißchen Pech könnten Disillusion also zwischen allen Stühlen landen - die Realität zeigt, daß es aber genau andersherum gekommen ist: "Three Neuron Kings" hat in der deutschen Metalszene (und beileibe nicht nur im Underground) Staub aufgewirbelt wie kaum eine andere Eigenproduktion in der letzten Zeit, und einige Rezensenten überboten sich nur so mit Lobhuldigungen. Und das voll und ganz zu Recht! Disillusion spielen sehr komplexen, aber nie ins Dissonante oder gar Chaotische abrutschenden Metal harter Prägung, der alle begeistern dürfte, denen die letzten Soilwork-Alben etwas zu kontrolliert daherkommen, die aber andererseits Meshuggah wiederum zu abgedreht finden und die dafür Extol mögen. Elemente des Death Metal sind dabei, sowohl solche der progressiven Ausrichtung der letzten Death-Alben als auch einige Melodien aus dem Göteborg-Stall, aber Disillusion scheuen auch vor ruhigen, atmosphärischen Passagen nicht zurück, die dennoch der durchgängigen Komplexität nicht abschwören und die von einigen meiner Kollegen mit Opeth verglichen wurden, was ich weder bestätigen noch dementieren möchte, da ich mich mit deren Schaffen bisher nicht sonderlich intensiv auseinandergesetzt habe. Mit "The Long Way Down To Eden" haben Disillusion gar eine Art Hit geschrieben - jedenfalls vergißt man den Refrain nicht so schnell wieder -, und selbst die Einleitung des Titeltracks, noch bevor der erste Gesangston einsetzt, ist mit Melodien gespickt, die sich im Gehirn behaglich einnisten. Apropos Gesang: Es war angesichts der musikalischen Kombination ja fast zu erwarten, daß auch dieser wenig eindimensional ausfallen würde - genau dieses Faktum tritt ein, denn Andy Schmidt beherrscht zwischen mitteltiefem Death Metal-Gebrüll und mittelhohem, fast leisem Klargesang alle relevanten Facetten (und ist auch für die gleichfalls alles andere als anspruchslosen Lyrics zuständig). Die jahrelange Erfahrung der Bandmitglieder macht sich trotz oder gerade wegen der erst kurzen Existenz dieses Disillusion Line-ups mehr als bezahlt (Sänger/Gitarrist/Notgedrungen-Auch-Bassist Andy Schmidt ist das letzte verbliebene Gründungsmitglied der bereits Mitte der 90er gegründeten Band, Gitarrist Rajk Barthel spielte bei den still dahingeschiedenen Dying In Silence, und wo war Drummer Jens Maluschka gleich vorher noch?), und daß die drei Neuron Kings dieses Material auch live perfekt umsetzen können (selbst ohne Bassisten), davon durfte sich Tobias auf zwei Record Release Partys - der zu und der der Doomer Imma Concept - bereits überzeugen. Daß solche Bands ausgerechnet im beschaulichen Zwickau entstehen (mittlerweile wurden die Bandaktivitäten nach Leipzig verlagert), gehört zu den positiven Treppenwitzen der Metalgeschichte, und mit einem fähigen Label im Rücken und ein paar ordentlichen Touren werden diese Jungs eines Tages ganz, ganz groß. Wer dann mitreden und behaupten will, er habe die Karriere von Disillusion wenn schon nicht vom absoluten Anfang, so wenigstens vom Tonträgerdebüt an verfolgt, der ordere diesen auch optisch ansprechend gestalteten 21minütigen Viertracker (mehrfaches und exaktes Hinschauen ist allerdings geboten, ebensolches Hinhören sowieso) schleunigst via www.disillusion.de.
 




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