CENTRAL PARK: Unexpected von ta (Transformer Records)
Central Park kommen nicht aus New York sondern aus München, sie veröffentlichen mit "Unexpected" ihr Debüt 2006 und darauf zu finden sind Songs, die zwischen 1983 und 2006, vornehmlich aber zwischen 1983 und 1989 entstanden sind - und sich auch entsprechend anhören. Marillion mit Gabriel-Verehrer Fish am Mikro hatten das Interesse an melodiösem Bombastprog der Marke alte Genesis (nur weniger rhythmisch vertrackt) ja seinerzeit wieder aufflackern lassen, aus fast derselben Ecke kamen sowohl geographisch als auch musikalisch IQ, Asia pompten seit 1982 auch ordentlich, wenngleich die eher dem AOR zuzuordnen sind - und Central Park reihen sich in die Liste dieser Bands mehr oder weniger nahtlos ein, nur dass sie damals keine Veröffentlichung auf die Reihe bekamen. Das soll nun 2006 wieder gut gemacht werden und so heißt es dann auch im dem CD/DVD-Doppelpack beigelegten Promo-Blättle wörtlich: "(...) 2006 ist das passende Jahr für eine der gelungensten Band-Reunions der deutschen Prog-Szene." Richtig, aber ich erlaube es mir, anzumerken, dass dieser Satz überflüssig ist, weil er den zweifellos vorhandenen Reunion-Wahn des anhebenden einundzwanzigsten Jahrhunderts nicht nur zuerst auf die Prog-Szene beschränkt (da ist ja die Anzahl der wiedervereinigten Bands wirklich riesig ...), sondern dann auch noch auf die deutsche (... und da nun wirklich ein Witz). Da heißt dann eine der gelungensten Reunions zustande bringen nicht viel mehr als: überhaupt eine zustande bringen. Aber genug der musikfernen Polemik. Indes leitet sie doch über zu dem, was man auch zur Musik von Central Park sagen kann: Gemessen an der deutschen Prog Rock-Szene hat die Band sicherlich ihre Daseinsberechtigung, nicht nur 1983, sondern auch heute noch und auf einer Tour mit z.B. Martigan und Alias Eye würde ich mir die Band auch sofort anschauen. Gemessen an den genannten internationalen Größen und dabei sowohl an dem, was diese in den 80ern als auch an dem, was sie heutzutage tun (gut, bei Asia kenne ich mich in Hinblick auf aktuelles Geschehen nicht so gut aus, bei Marillion und IQ schon), wird es schon schwieriger. Zumindest finde ich es bezeichnend, dass gerade die Parts, die nach den genannten Bands tönen, mir jeweils am besten gefallen. Als da wären: Der sphärisch-elektrifizierende Beginn von "Sleep On Mr. President" (der ziemlich coole Text war seinerzeit noch Bush Senior gewidmet, weist aber auch genug Parallelen zu seinem gegenwärtig amtierenden Junior auf) mit seinem zarten Beieinander von unverzerrter Gitarre und Keyboard, der an alte Marillion erinnert. (Dasselbe Phänomen wiederholt sich noch einmal in "Summer Love".) Ferner das eher auf Eingängigkeit getrimmte "Desert Angels", welches einen poppigen Appeal aufweist, den Marillion in derselben Form auch gelegentlich hatten. IQ blitzen z.B. im vertonten Greenpeace-Flyer "Recycling" musikalisch mehr als einmal durch, aber witzigerweise auch - wegen der vertrackten harmonischen Struktur der Gitarre - die göttlichen Prog Metaller Psychotic Waltz in ihrer Frühphase, wenngleich ich nicht glaube, dass einer der Musiker von Central Park Psychotic Waltz, geschweige denn deren Frühphase kennt (und mal abgesehen davon, dass, da der Song aus den Anfangstagen der Band stammt, eher Psychotic Waltz bei Central Park nachgeschaut haben müssten, was noch unwahrscheinlicher ist als andersherum). Mit dem Epos "Don't Look Back" gibt es, wie es sich für eine Prog-Band gehört, auch einen echten Longtrack. Die auf 5 Tracks verteilte Komposition dauert fast dreiundzwanzig Minuten und ist nicht unbedingt musikalisch der Kern des Albums, weil im Unterschied zum restlichen Album partiell sehr auf Kakophonie angelegt, aber doch ein interessantes Stück Musik. Bombast mündet in rhythmische Eruptionen, die improvisiert und ohne klare Melodie daherkommen, der weibliche Gastgesang von Dagmar Hellberg, der sich zum Leadgesang von Heiko Möckel gesellt, macht den Orpheus-Eurydike-Konflikt beim Gang aus der Unterwelt sehr schön hörbar, zumal das weiche Timbre von Möckel für die Rolle des engelsgleich zirpenden Orpheus ohnehin schon prädestinierter ist als, sagen wir: die Stimme von Till Lindemann. Durch die vielen uneingängigen Passagen, die starke Dynamik und die hohe Instrumentallastigkeit bewirkt das Ergebnis einen beinahe surreal zu nennenden Eindruck im Hörer, dem es nachzusinnen lohnt. Unnötig, zu erwähnen, dass das damals bei Genesis ähnlich funktionierte.
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