www.Crossover-agm.de AYREON: Universal Migrator Part I - The Dream Sequencer
von rls

AYREON: Universal Migrator Part I - The Dream Sequencer    (Transmission Records)

Nachdem Ayreons letztes Monumentalwerk "Into The Electric Castle" ausgesprochen erfolgreich war, hat sich Mastermind Arjen Lucassen abermals an ein komplexes Gebilde gewagt, das wiederum so umfangreich wurde, daß es nur auf zwei CDs untergebracht werden konnte. Im Gegensatz zum Vorgänger kommt "Universal Migrator" aber nicht als Doppel-CD daher, sondern beide CDs werden unabhängig voneinander veröffentlicht. Böse Zungen behaupten, damit könne man ohne wesentlich gesteigerten Aufwand höhere Erträge einfahren (zwei einzelne CDs kosten im Laden zusammen nun mal 60 DM, während eine Doppel-CD für vielleicht 40 oder 45 DM den Besitzer wechselt), allerdings gibt es auch eine logische inhaltliche Begründung des Splittings, und schlußendlich ist auch die Musik auf beiden Teilen unterschiedlich angelegt.
Teil I beschreibt die Rückwärtszeitreise des letzten Marskolonisten, der im 22. Jahrhundert noch überlebt hat, nachdem die Erde anno 2084 den Bach runtergegangen ist und damit die Versorgung der Kolonisten nicht mehr funktioniert (irgendwann sind halt auch die größten Vorräte mal alle). Glücklicherweise gibt es eine Maschine, den titelgebenden Dream Sequencer, mit dessen Hilfe sich der Marsianer nicht nur in seine eigene Vergangenheit bzw. Kindheit ("My House On Mars", beeindruckendes Vocal-Duett zwischen Tiamats Johan Edlund und After Forever-Sängerin Floor Jansen!), sondern bis zur Entstehung des ersten aufrecht gehenden (Affen-)Menschen zurück- und in die Gedankenwelt der einzelnen Protagonisten hineinversetzen kann. Diese ersten 70 Minuten werden noch relativ traditionell spacerockig umgesetzt, auch wenn Lucassen und seine Schar von Gastmusikern natürlich andere Songwritingschemata und Instrumentierungen benutzen als meinetwegen Hawkwind vor 30 Jahren und genügend mehr oder weniger abgedrehte Ideen haben, aus denen AC/DC 15 Alben gestrickt hätten.
Als Reisezwischenstationen hat Lucassen u.a. 1969 vorgesehen ("One Small Step" - Neil Armstrong-Influenzen sind keineswegs zufällig) und baut hier diverse Originalsprachtöne von der ersten Mondlandung ein. Rembrandt und Captain Frans B. Cocq leiten über zum musikalischen Höhepunkt der ersten CD, "Dragon On The Sea", einem bombastischen Epos über Sir Francis Drake, den berühmten Piraten und Entdecker im Dienste Ihrer Majestät Königin Elizabeth von England, eingesungen von Lana Lane, die einem ein uns andere Mal, unterstützt durch Erik Norlanders Synthiekaskaden, wohlige Schauer auf die Haut zaubert. Beim nächsten Song, "Temple Of The Cat", sind wir dann schon bei den Mayas im 8. Jahrhundert (Nimiztlazohtla - whoever and wherever you are!) und schauen ungläubig ins Booklet, nur um festzustellen, daß das nicht Anneke van Gatheringsbergen ist, die da singt, sondern eine gewisse Jacqueline Govaert, die mit ihren gerade mal 16 Lenzen als größte mikrologische Hoffnung Hollands gehandelt wird. Leider läßt die songwriterische Qualität dann etwas nach, speziell "And The Druids Turn To Stone" (über Stonehenge) schleppt sich ziemlich einschläfernd dahin, und das von Spock's Beard-Kopf Neal Morse eingesungene "The First Man On Earth", mit dem unser Kolonist vorläufig am Ende seiner Reise angelangt ist und wo auf eine paradiesische, vom zerstörerischen Einfluß des Homo (a)sapiens noch weitestgehend unberührte Umwelt trifft, die seiner Mars-Umgebung so ganz und gar unähnlich ist, könnte stilistisch durchaus auch auf einer Spock's Beard-CD stehen, wäre dort aber auch nur Durchschnitt. "The Dream Sequencer Reprise" bringt den Reisenden wieder in die Realität des 22. Jahrhunderts zurück, und wie solch grandiose eskapistische Erlebnisse es so an sich haben, will unser Kolonist nicht nur noch einmal zurück, sondern sogar noch ein Stück weiter ... Aber das gehört schon zur zweiten CD.



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