www.Crossover-agm.de ASTRONOMIKON: Dark Gorgon Rising
von rls

ASTRONOMIKON: Dark Gorgon Rising   (Pure Legend Records)

Mit der zypriotischen Metalszene verhält es sich ähnlich wie mit Zypern als Fußball-Land: Das einheimische Personal ist gering, aber es finden sich immer ein paar Könner, und diese sorgen bisweilen für den einen oder anderen Achtungserfolg. Anhänger des italienischen Teams erinnern sich immer noch mit Grausen an die EM-Qualifikation für Frankreich 1984, als Enzo Bearzot und sein 1982er Weltmeisterteam um Paolo Rossi nicht nur von Rumänien, Schweden und der CSSR hinter sich gelassen wurden, sondern auch große Mühe hatten, beim Gastspiel auf Zypern wenigstens ein 1:1 zu sichern, und Ajax Amsterdam ist im Europacup bei Omonia Nikosia auch schon mal mit 0:4 baden gegangen. Im metallischen Bereich kennt man natürlich die Urväter Armageddon, und angesichts von Plattenverträgen mit deutschen Labels sind auch Winter's Verge mittlerweile vielen ein Begriff. Nun taucht mit Astronomikon eine weitere Formation auf, die die internationale Metalwelt erobern will, und die Chancen auf einen größeren Bekanntheitsgrad stehen nicht schlecht, denn mit "Dark Gorgon Rising" liegt, veröffentlicht bei den geschmackssicheren Erzgebirgern von Pure Steel Records, ein starkes Debütalbum vor. Da die Szene auf Zypern überschaubar und vielfältig verflochten ist, nimmt es nicht wunder, daß sich die Musiker auch von anderen Betätigungsfeldern her kennen: Alle vier Hauptmusiker spielen auch noch bei Arrayan Path, und auch bei Gangland, Diphteria und Prodigal Earth waren oder sind jeweils mindestens zwei der Musiker involviert. Dabei werden Astronomikon eigentlich kernseitig von einem kreativen Duo gebildet, nämlich Bassist Paris Lambrou und Sänger Nicholas Leptos, die live und auch beim Einspielen der CD von Gitarrist Socrates Leptis und Drummer Stefan Dittrich unterstützt wurden. Der deutsche Name des Schlagzeugers mag nicht verwundern - es handelt sich tatsächlich um einen Deutschen, der dem Szenekenner möglicherweise etwa von Saidian geläufig ist und der u.a. auch bei Mystic Prophecy spielte und entweder über deren Sänger Roberto Dimitri Liapakis oder über den Backnanger Studiobetreiber Evagelos Maranis auf die Drumschemel von Arrayan Path und eben Astronomikon gelangt ist.
Und was für Musik spielen Astronomikon nun? Man geht sicherlich nicht falsch, wenn man sie als Epic Metal einordnet, obwohl sich die Band von ausufernden Arrangements fernhält und ihre Songs relativ kompakt im Vier- bis- Fünfminutenbereich inszeniert. Aber die klassischen Melodic-Metal-Elemente reichern Lambrou und Leptos, die sich das Songwriting teilen (mit größeren Anteilen des Erstgenannten), mit vielfältigen dramatischen Strukturen an, die auch die zugrundeliegende Geschichte entsprechend illustrieren. Alleintexter Leptos gehört offensichtlich zum griechischstämmigen Teil der Zyprioten und hat sich für "Dark Gorgon Rising" einem klassischen Thema der griechischen Mythologie zugewendet, nämlich der Perseus-Legende, in der auch Medusa eine gewichtige Rolle spielt, also das Gorgonenhaupt mit seiner Schlangenbevölkerung, das dem Helden eine ähnliche Kampfesgroßtat abverlangt wie Herakles, als er die lernäische Hydra bekämpfen mußte. Auf dem Cover zeigt sich die Dame noch in ihrer ganzen Vitalität und offenbart, daß Zeichner Markus Vesper die Geschichte entweder nicht genau kannte oder sich etwas arg viel künstlerische Freiheit gegönnt hat: Gemäß der Geschichte entspringt das geflügelte Pferd, also der Pegasus, auf dem der Held nach dem Kampf entkommt, bevor ihn die Schwestern der Medusa überwältigen können, aus dem abgeschlagenen Haupt der Medusa, während auf dem Bild die Dame noch lebt und der Held von rechts hinten auf dem Pegasus heranreitet, um sie zu attackieren. Und wenn wir gerade bei Inkonsistenzen sind: George Kallis hat gasthalber das Keyboardintro "Ad Astra Per Aspera" beigesteuert, aber dessen Einbindung ins Gesamtwerk läßt stark zu wünschen übrig - es wirkt wie ein Fremdkörper mit wenig organischem Übergang in den Opener "Anatolia" (kein Pentagram-Cover, sondern eine Eigenkomposition, die geschickt in den Themenkreis einführt). Das textliche Konzept setzen Astronomikon zumeist mit den gängigen metallischen Instrumenten um, aber "A Sad Day At Argos" wird zentral von Gast Demetrios Argyropoulos mit seiner Oud geprägt, die die Brücke zum kleinasiatischen Musikkulturkreis schlägt und in diesem Song konsequent die Rolle der Leadgitarre vertritt, was zumindest in der Studiofassung richtig gut funktioniert und diesen Song zum originellsten der insgesamt 13 (das Intro eingerechnet) macht. Der dreizehnte gehört übrigens nicht mehr zum Konzept: "Rocka Rolla Sword" ist ein Überbleibsel vom 2010er Drei-Track-Demo, das den gleichen Titel wie das Album trug und von dem "Dark Gorgon Rising" und "Dramatis Personae" wohl in Neueinspielungen auch auf dem Album gelandet sind, während das von Gastgitarrist Constantinos Constantinou mit einem Solo veredelte "Rocka Rolla Sword" möglicherweise in seiner Urfassung verblieben ist. Stilistisch unterscheidet es sich vom Rest des Albums allenfalls in seiner geringfügig basischeren Herangehensweise, wobei Astronomikon aber auch im Hauptteil des Albums stets auf nachvollziehbare Songstrukturen Wert legen. Neben "A Sad Day At Argos" und natürlicherweise "Anatolia" bieten sich auch das mitreißende und mit einem starken Refrain ausgestattete "The Spell I'm Under" oder der finale Kulminationspunkt "Perseas Eurymedon", eine große Hymne, die die Schweden Seven auch mit Kußhand übernommen hätten, als Anspieltip an, während der Titeltrack gar nicht so vordergründig kämpferisch gestaltet ist, sondern man dort etwas genauer hinhören muß, um beispielsweise in den Taktverschiebungen eine Andeutung des hin und her wogenden Kampfes zu entdecken. So liegt hier eine interessante knappe Stunde historisch informierten Metals vor, der via www.karthagorecords.de der Sammlung zugeschanzt werden kann.
Kontakt: www.astronomikon.com, www.purelegend-records.com

Tracklist:
Ad Astra Per Aspera
Anatolia
Son Of Seriphos
Witch Hunter
The Spell I'm Under
Dramatis Personae
Dark Gorgon Rising
Bloodborn
The Stone Abomination
For You I Will Die Young
A Sad Day At Argos
Perseas Eurymedon
Rocka Rolla Sword
 




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