www.Crossover-agm.de ARGOS: Ángeles, Hombres Y Demonios
von rls

ARGOS: Ángeles, Hombres Y Demonios   (Eigenproduktion)

Es gibt durchaus etliche Bands, die der Idee nachspüren, wie ein hypothetisches Nightwish-Album zwischen "Angels Fall First" und "Oceanborn" geklungen haben könnte. Argos zählen auch zu dieser Kohorte, allerdings reduzieren sie ihr Schaffen nicht auf diese eine Komponente, sondern erschaffen ein recht vielseitiges Melodic-Metal-Gemisch, das auch noch deutliche Inspirationen aus der holländischen Sparte (also Epica & Co.) bezieht und die Kenntnis der Seraphim-Alben aus Taiwan nicht verhehlen kann, den Löwenanteil allerdings aus einem anderen europäischen Land: Italien. Etliche der Songs hätten in ähnlicher Form zumindest als Grundidee auch aus dem Lande Rhapsodys, Labyrinths und ganz besonders Skylarks stammen können, wobei die typische Italoband (wenn es die überhaupt gibt) allerdings in der Regel nicht dem Gedanken unterlag, eine gemischtgeschlechtliche Doppelspitze ans Frontmikro zu stellen. Das machen Argos auf ihrem Debütalbum "Ángeles, Hombres Y Demosios", wobei Roberto Solano zumeist recht herb ins Mikrofon brüllt (singt er auch die Bariton-Backings in "Madre Oscura", oder ist das der Gastsänger Fabián Elizondo R?), allerdings eher selten zum Einsatz kommt und in einigen Songs ganz schweigt. Den Hauptteil des Gesanges bestreitet Yanni Vargas, und die verläßt die Sopranlagen ab und zu auch mal, um sich etwas rockigerer Artikulation zu befleißigen, was bisweilen leichte Ähnlichkeiten zu Heart hervorruft. Wie das nächste Album von Argos gesangsseitig klingen wird, darf gespannt erwartet werden - sowohl Roberto als auch Yanni sind mittlerweile nicht mehr mit von der Partie, und speziell die Sängerin zu ersetzen dürfte nicht ganz einfach sein, denn da ist wirklich eine Könnerin von Bord gegangen. Zwar können Argos auch ohne sie Klasseleistungen hervorbringen, wie das dreiteilige, in A-B-A-Form strukturierte, über sechsminütige und hochgradig begeisternde Instrumental "Los Guerreros De Ashtar" unter Beweis stellt, aber andererseits gibt es da beispielsweise auch "Ciclo De La Vida", worin Yanni viereinhalb Minuten lang Vokalisen über einen Klavierteppich von Roberto Sala legt - möglicherweise sogar ein Improvisationsmitschnitt, wozu das Booklet aber keine exakten Angaben macht. Egal wie: Auch dieses Stück ist stimmungsmäßig eine Meisterleistung geworden. Der besagte Keyboarder fungiert übrigens auch als Hauptsongwriter - sechs der zehn Tracks gehen auf sein Konto, u.a. das besagte Instrumental mit seiner markanten Keyboardfanfare, die man auch auf ein frühes Toxic-Smile-Album hätte stecken können, aber auch die Beiträge der Gitarristen Alberto Mora (2) und Ronald Castillo (1) sowie von Bassist Juan Pablo Morales (der Closer "La Muerte De Nider" und dazu auch fast alle Texte) fügen sich problemlos ins Gesamtbild ein und bieten einfalls- wie abwechslungsreichen, spielfreudigen und emotionsgeladenen Melodic Metal. An einige der Ideen muß man sich erst gewöhnen, etwa den absteigenden Klaviersololauf in "Madre Oscura", der den kompletten Fluß aus der betreffenden Songpassage nimmt, was aber spätestens beim dritten Durchlauf nicht mehr als Störfaktor, sondern als witzige Idee wahrgenommen wird - interessanterweise stammt sie nicht mal vom Keyboarder, sondern das ist einer der Songs von Gitarrist Alberto Mora. Ob die sieben Bandmitglieder schon vor Argos Banderfahrungen sammeln konnten, ist derzeit nicht zu verifizieren, aber für ein Debüt geht dieses Album schon als erstaunlich reife Leistung durch, wobei die letzte Dekade gerade im sinfonisch angehauchten melodischen Metalbereich eine derartig rasante Entwicklung mit sich gebracht hat, daß man als junge Band einerseits aus einem enormen Erfahrungsschatz schöpfen kann, den beispielsweise Nightwish damals noch nicht haben konnten, daß man aber andererseits auch ein enorm hohes Niveau an den Tag legen muß, um nicht im Wust durchschnittlicher Genrevertreter unterzugehen. Letztgenannte Klippe haben Argos mit ihrem Debütalbum schon mal erfolgreich umschifft, nur der ganz leicht verwaschene Sound läßt noch den einen oder anderen Wunsch offen. Aber für eine Eigenproduktion aus Kostarika, vermutlich mit eher überschaubarem Budget eingespielt, ist das Klanggewand trotzdem sehr amtlich geworden, und die Durchsetzung Argos' auf dem internationalen Metalmarkt wird daher durch andere Faktoren erschwert: Erstens singt die Band in Spanisch, was es ihr erschweren wird, in nichtspanischsprachigen Ländern, die sich selbst mit der Akzeptanz Tierra Santas schwer tun, Fuß zu fassen. Zweitens ist Kostarika nun nicht gerade der Nabel der Metalwelt und daher die Aufgabe für eine Band von dort, international überhaupt erstmal wahrgenommen zu werden, mindestens doppelt schwer. Drittens schließlich bleibt abzuwarten, in welcher Besetzung Argos in Zukunft agieren werden (auch Hauptsongwriter Sala und Zweitsongwriter Mora sind laut der Encyclopedia Metallum nicht mehr mit dabei) und ob speziell die neue Sangesfraktion mit der alten mithalten kann. Aber zumindest der dritte Faktor darf erstmal nicht als Ausrede dienen, sich "Ángeles, Hombres Y Demonios" als Genrefreund nicht zuzulegen, zumal auch die Aufmachung mit einem stimmungsvoll gestalteten 16seitigen Booklet (man erinnere sich: eine Eigenproduktion aus Kostarika ...) internationalen Ansprüchen locker genügt. Zweifler schauen im Netz, ob es irgendwo "Doce Alas Negras" als Anspieltip zu hören gibt - mit siebeneinhalb Minuten der längste Song des Albums, fast alle Stilelemente vereinend, mit denen Argos generell arbeiten, in einem der Keyboardläufe Bachs oder Nicht-Bachs Toccata BWV 565 antäuschend und in den Instrumentalteilen mit aberwitziger Baßrhythmik aufwartend. Wem das noch nicht reicht, der suche auch noch nach dem von Castillo geschriebenen Song "La Caída De Las Fuerzas", dessen dreieinhalb Minuten den Hörer in allerbester Archontes-Manier an die Wand spielen. Spätestens dann wird eine Mail an Rainer Krukenberg von www.metaleros.de, ob er denn noch ein Exemplar dieses Meisterwerkes mittelamerikanischer Metalkunst auf Lager hat, zur Pflicht.
Kontakt: www.argosmetal.net

Tracklist:
Umbral
Fin Del Tiempo
Perpetua
Los Guerreros De Ashtar
Madre Oscura
El Velo De La Maldad
Ciclo De La Vida
Doce Alas Negras
La Caída De Las Fuerzas
La Muerte De Nidea
 




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