www.Crossover-agm.de AREA: Twilight
von rls

AREA: Twilight   (Blower Records)

Area gehörten zu den vielen Zuspätgekommenen der deutschen Metalszene der Achtziger. Gegründet schon um die Jahreswende 1981/82, kam erst 1985/1986 eine dauerhaft arbeitsfähige Besetzung zusammen, die auch die nötige Professionalität mitbrachte, um den Bekanntheitsgrad über das heimatliche Siegerland hinaus zu steigern. Ein Vier-Track-Demo entstand, und erweitert um weitere sechs Songs bildete dieses Material den Grundstoff der Debüt-LP "Twilight", über deren Erscheinungsjahr die Encyclopedia Metallum und die Liner Notes unterschiedlicher Meinung sind. Aber egal ob 1986, 1988 oder vielleicht 1987 - Area waren trotz guter Songs zu spät dran, ihr teutonischer Traditionsmetal befand sich schon auf dem absteigenden Ast, die Spaltung der Szene in Thrasher und Poser war längst vollzogen, und nur einige Glückliche konnten sich noch in der aufreißenden Kluft halten bzw. zielgerichtet genau dort positionieren. Zu diesen Glücklichen zählten beispielsweise Axxis, und man höre mal genau das balladeske Intro von "Stone Cold" - das hätte in gleicher Form einen beliebigen Song auf "Kingdom Of The Night" einleiten können. Und noch kurioser: Nach dem Intro geht "Stone Cold" in einen stampfenden Metalsong mit deutlicher Accept-Schlagseite über, und der erinnert teilweise so stark an den gleichnamigen Track von HammerFall, daß hier entweder eine bewußte Inspiration oder ein riesengroßer Zufall vorliegen muß. "Bewußte Inspiration" hieße allerdings, daß Jesper Strömblad, Oscar Dronjak und Joacim Cans den Area-Song erstmal gekannt haben müssen, und das wäre nun wieder ein riesengroßer Zufall, daß eine der Area-Original-LPs seinerzeit den Weg nach Göteborg gefunden hat. Auszuschließen wäre prinzipiell natürlich nichts - die Wege des Metal sind bekanntermaßen unergründlich. Ansonsten sticht unter den 10 Songs der damaligen LP noch das fast siebenminütige Epos "Killer" hervor, das man auch bereits auf dem Sampler "Metal Armada Of Karthago's Dragons" hören konnte, wonach die Vermutung, ein Re-Release des Originalmaterials stehe bevor, nicht allzuschwer zu finden war. Der liegt nun vor, allerdings nicht bei Karthago, sondern als Sublizenz bei den Mexikanern von Blower Records. Was allerdings auch immer mit dem Sound passiert ist, wäre noch zu ergründen. Entweder der war schon im Original so polterig und dumpf, so daß auch das neue Mastering keine entscheidende Qualitätssteigerung mehr hervorbringen konnte, oder hier sind statt AIFF-Dateien mal wieder 128k-mp3s durchs Netz gejagt und dann auf CD gepreßt worden. Kurioserweise ist das Klangbild nicht in jedem Track gleich, was besonders im direkten Übergang von "Killer" (fürchterlich sumpfige Tiefen) zu "Twilight" (relativ sauberer Mittachtziger-Sound) deutlich wird. Möglicherweise war aber auch das schon im Original so, da das Material ja partiell dem Demo entnommen und partiell neu eingespielt worden war; das Booklet gibt leider keine Informationen preis, welcher Song welcher Quelle zuzuordnen ist, und auch die Encyclopedia Metallum schweigt sich zum Rezensionszeitpunkt darüber aus. Bleiben wir also bei der musikalischen Durchsicht: Die ersten drei Songs demonstrieren im Prinzip schon das komplette Spektrum, was man von einer gängigen Teutonenmetalscheibe der damaligen Zeit zu erwarten war: einen speedigen Opener namens "Heroes For Sale", treibendes Midtempo wie in "Like A Walk On Ice" und das bereits erwähnte "Stone Cold" mit seiner Kombination aus ruhiger Einleitung und stampfendem Hauptteil. Das Gros des restlichen Materials verbleibt dann auch in diesem typischen Spektrum, aber es gibt dann doch zwei Ausnahmen. "Killer" haben wir bereits erwähnt, und dann steht auf der B-Seite noch "The Price", zwar kein Twisted Sister-Cover, aber trotzdem etwas aus dem Rahmen fallend, indem es zum einen etwas in die geschliffenere Haarspraymetalszene schielt und zum anderen der Gesang hier sehr eigentümlich klingt. Andreas Schmidt hat eine etwas angerauhte halbhohe Stimme, die in Klarlagen auch mal tiefer und wärmer agieren kann (höre "Stone Cold"), aber ansonsten im wesentlichen in einer Stimmlage bleibt. Nur in "The Price" gibt es auf einmal ausgedehnte Passagen mit einer immer noch angerauhten, aber deutlich helleren Stimme, die fast feminin wirkt und einen gewissen Touch in Richtung Doro Pesch entwickelt. Das Booklet enthält keinerlei Informationen, ob hier tatsächlich eine Gastsängerin am Werke ist oder ob Schmidt hier einfach nur eine andere Facette seiner Stimme benutzt, die in den anderen Songs nicht zum Einsatz gekommen ist. Inhaltlich logisch wäre eine Gastsängerin allerdings schon, denn der Song enthält tatsächlich Dialogpassagen zwischen einem Mann und einem Freudenmädchen, und der Songtext im Booklet zeigt an den fraglichen Stellen Markierungen, die im Text zu "Strike Back" noch einmal wiederkehren - auch dort an Stellen, die fast nach einer Gastsängerin klingen. Bis zur Ausgrabung weiterer Informationen muß diese Frage ungeklärt bleiben, und auch die Herkunft des Bonustracks der vorliegenden CD-Veröffentlichung namens "Look In My Eyes" liegt im Dunkeln; zumindest scheint es kein Track aus der Frühzeit zu sein, denn er klingt professionell produziert und stilistisch eher wie ein Ausblick auf eine anstehende "Kommerzialisierung" - eine Halbballade. Und auch hier höre man mal genau zu und rufe sich den Namen Axxis ins Gedächtnis! Hätte auch ohne Besetzung der Keyboarderplanstelle problemlos zu Bernhard Weiss & Co. gepaßt. So sehr weicht der Song allerdings nicht von der generellen Marschrichtung Areas ab - er hätte also durchaus auch eine reguläre Halbballade auf der LP darstellen können und rundet die CD-Wiederveröffentlichung damit gut ab. Zum Erwerb muß man nicht erst nach Mexiko fahren - ein Besuch bei www.karthagorecords.de reicht auch. Nicht vom Cover abschrecken lassen, das eine eigentümliche Interpretation von minimalistischer Pop-Art zeigt ...
Kontakt: www.blower-records.com

Tracklist:
Heroes For Sale
Like A Walk On Ice
Stone Cold
Fight For The Rock
Killer
Twilight
The Price
Dust To Dust
Back Up The Law
Strike Back
Look In My Eyes



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