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HAMMERFALL: No Sacrifice, No Victory
von rls

HAMMERFALL: No Sacrifice, No Victory   (Nuclear Blast)

Nach einer etwas schwächeren Platte ("Threshold") und zwei Zwischendurch-Releases (einer Best Of und einer Coverplatte) war gespannt zu erwarten, was das siebente offizielle HammerFall-Studioalbum bringen würde. Eine Blutauffrischung hat ja auch bei anderen Bands mitunter schon Wunder bewirkt - hier besteht sie darin, daß zuerst Bassist Magnus Rosén seinen Platz räumte und mit Fredrik Larsson ein Mann zurückkehrte, der schon auf dem legendären Debüt "Glory To The Brave" mitwirkte (was ja durchaus ein gutes Zeichen darstellen könnte), und dann auch noch Gitarrist Stefan Elmgren die Band verließ und mit Pontus Norgren gleichermaßen frisches wie erfahrenes Blut die Stelle des zweiten Gitarristen einnahm. Nun liegt "No Sacrifice, No Victory" also vor und besticht in der Digipackversion erstmal durch sein hübsches 3-D-Cover; da der Kapuzenritter seinen Hammer diesmal mit links fallen läßt, könnte man annehmen, hierin ein Zeichen für eine ähnliche Leichtigkeit des kompositorischen Schaffens zu sehen. Die Antwort auf diese Vermutung ist ein klares Jein, denn einerseits hat die Blutauffrischung der Band definitiv gut getan, aber lediglich den Abwärtstrend von "Threshold" wieder in die Gegenrichtung umgelenkt, ohne bisher ein neues Meisterwerk al gusto "Glory To The Brave" zu evozieren, wenngleich diese Vermutung wohl nur von den größten Optimisten angestellt werden konnte (gewisse Platten schreibt man halt in seiner Karriere nur einmal, und Grave Digger etwa sind auch nie wieder an "Tunes Of War" herangekommen, ebensowenig wie Blind Guardian an "Imaginations From The Other Side"). Den Opener "Any Means Necessary" trifft dabei ein ähnliches Schicksal wie den an analoger Position plazierten Titeltrack von "Threshold" - man braucht trotz nicht sonderlich komplizierten Aufbaus einige Durchläufe, bis man ihn richtig verstanden und durchdrungen hat (ein starkes, flächig wirkendes Hauptriff hilft bei der Durchdringung), wobei die Hektik im Refrain auch nach vielen Durchläufen eher kontraproduktiv wirkt (zu viele Silben in zu wenig Zeitspanne). Danach müssen HammerFall allerdings wieder in die Mühen der Ebene: "Life Is Now" und "Punish And Enslave" sind nicht schlechte, aber auch nicht richtig begeisternde Midtempostampfer, erstgenannter ein wenig schneller und lockerer, und auch die typischen Ohoho-Chöre fehlen hier selbstverständlich nicht. "Legion" ist dann der erste Track, der vom ersten Durchlauf an mitreißt, und das liegt keinesfalls nur an seinem Speedtempo, sondern auch an der unbekümmerten Lockerheit, die man bei der Band schon fast verloren glaubte. Wenn da halt ein urlanges Solo mit abwechselnden Spots von Oscar Dronjak und Pontus Norgren hinsoll, dann steht das eben auch da, ohne Rücksicht auf Verluste. Nur der Brülleffekt im Intro wirkt etwas aufgesetzt, so als ob man den textlich eher düsteren Inhalt des musikalisch eher fröhlichen Speedsters irgendwie rechtfertigen wollte (textlich tiefschürfendere Analysen darf man auch auf diesem Album gern unterlassen). Die Quotenballade "Between Two Worlds" beginnt mit einem klassischen Orgelpart, an den sich in anderer Hinsicht klassische Akustikgitarrenklänge anschließen und man immerhin bis zum Refrain, der erstaunlich spät auftaucht, im Unklaren gelassen wird, welchen Zweck der Orgelpart in diesem Song zu erfüllen hat - nach diesem zentralen Refrain weiß man es, denn dort entspannt sich unter Orgelzusatz ein kurzer, großer, nicht komplizierter, aber wirkungsvoller Bombastpart. Hat freilich irgendjemand gehofft, der Titeltrack von "Glory To The Brave" würde übertroffen? Er oder sie wird enttäuscht werden - aber der Song ist gut, der Emotionsfaktor stimmt. "Hallowed Be My Name" fällt wieder in die stampfende Midtemposerie und trägt vom ganzen Album möglicherweise die stärksten Accept-Parallelen mit sich herum, nicht zuletzt aufgrund des Riffsounds; ob freilich die Gewehrdurchladesamples als gliedernde Elemente notwendig waren, darf man gern hinterfragen. Das Quoteninstrumental "Something For The Ages" stellt den einzigen songwriterischen Beitrag Pontus Norgrens dar - und siehe da, der Mann hat auch in der Sparte sehr viel auf dem Kasten, und Dronjak täte sehr gut daran, ihn auf den Folgealben viel stärker songwriterisch einzubinden. Jedenfalls ist ein wieder mal nicht innovatives, aber begeisterndes, wie ein frischer Wind durchs alte Gebälk blasendes Stück mit frenetischen Soli (auch Jens Johansson darf als Gasttastenmann eins beisteuern), starken, aber nicht ausgelutschten Melodien, begeisternder Geschwindigkeit und wieder mal dieser verlorengeglaubten Leichtfüßigkeit entstanden. Danach steht der Titeltrack als Wieder-mal-Accept-Nacheiferer etwas auf verlorenem Posten, besonders das nach hinten heraus irgendwie im Nichts endende Arrangement berührt eher negativ. Dafür gibt's ein Hauptsolo mit einer eigenartigen Entwicklung des Tonfalls - das kann man schlecht beschreiben, das muß man hören. Die kurzen Backingeinwürfe zu Beginn klingen fast, als ob dort Andi Deris von Helloween aktiv wäre, aber der steht nicht in der langen Liste der Backingsänger, also wird es vielleicht Biff Byford sein. "Bring The Hammer Down" ist die letzte noch mit Stefan Elmgren entstandene Komposition (er ist hier auch noch an der Leadgitarre zu hören) und leitet ein überraschend starkes Finish des Albums ein. Hier entdecken HammerFall mal wieder den Reiz des an der richtigen Stelle eingesetzten Tempo- und Stimmungswechsels, und obwohl die Grenzen noch eng gesteckt bleiben, so kommt beispielsweise die plötzliche Tempoverschärfung im Hauptsolo genau dort, wo man sich im Geiste sagt, daß jetzt eigentlich mal etwas Unerwartetes passieren müsse. Diese Tugend kultiviert "One Of A Kind" in epischer Breite bzw. Länge noch etwas stärker, stellt für HammerFall-Verhältnisse fast schon einen Progsong dar und baut in die Speedparts auch wieder genau die vermißte Lockerheit ein. Den wahrscheinlichen Schuldigen dafür identifiziert man bei einem Blick in die Songwritercreditliste - hier hat Jesper Strömblad, der bekanntlich für weite Teile des Klassikerdebüts mitverantwortlich war, mit Hand angelegt und treibt Dronjak und seine Mannen (allen voran übrigens Sänger Joacim Cans, der im Refrain weiter in die Höhe getrieben wird als sonst üblich) zu einer Höchstleistung an. Auch der ruhige Mittelteil mit seiner Kombination aus sanfter Untermalung und flirrenden Leadgitarren (man fühlt sich ganz entfernt an "Forever Beach" von Gates Of Ishtar erinnert) sitzt wie eine Eins und komplettiert einen der besten HammerFall-Songs seit langem. Das wäre eigentlich der perfekte Abschluß für "No Sacrifice, No Victory", aber man bekommt noch das The Knack-Cover "My Sharona" als elften Track angehängt, in dessen traditionsmetallische, aber strukturell unveränderte HammerFall-Version man sich nach einigen Versuchen durchaus hineinhören kann, wenngleich die Destruction-Fassung die wohl beste Metallisierung dieses Oldies bleibt. HammerFall scheinen mit "No Sacrifice, No Victory" jedenfalls wieder auf dem richtigen Weg zu sein, und vielleicht fällt uns mit einem der nächsten Alben tatsächlich mal wieder ein richtiger Hammer ins Haus. Derweil lohnt sich der Erwerb dieses Albums allein schon wegen "Something For The Ages" und "One Of A Kind", den beiden unangefochtenen Lichtgestalten unter den neuen Songs.
Kontakt: www.hammerfall.net

Tracklist:
Any Means Necessary
Life Is Now
Punish And Enslave
Legion
Between Two Worlds
Hallowed Be My Name
Something For The Ages
No Sacrifice, No Victory
Bring The Hammer Down
One Of A Kind
My Sharona
 




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