www.Crossover-agm.de ANCIENT PROPHECY: Pounded By Our Sins
von rls

ANCIENT PROPHECY: Pounded By Our Sins   (Eigenproduktion)

So manche vielversprechende Band schafft es trotz Talents und harter Arbeit nie, den ihnen aufgrund dieser Eigenschaften bzw. Aktivitäten eigentlich zustehenden Status zu erreichen. Aber man soll die Hoffnung nie aufgeben, daß vielleicht doch noch die eine oder andere neue Sprosse der "Karriereleiter" (wenn man bei reinen Freizeitbands diesen Terminus anwenden kann) erklommen werden kann. Hierzu muß natürlich die breite Öffentlichkeit erstmal was von den Bandaktivitäten erfahren, und dazu eignen sich Tonkonserven nach wie vor bestens (auch wenn im Zeitalter von Youtube & Co. mittlerweile auch ganz andere Szenarien denkbar bzw. in vielen Fällen ja auch schon Realität sind).
Ancient Prophecy sind eine dieser Bands, die es in den mittlerweile knapp zwei Dekaden ihrer Bandexistenz zwar geschafft haben, einen exquisiten Kreis qualitätsbewußter Metalanhänger von sich zu überzeugen, aber durch mancherlei Umstände immer wieder gehindert wurden, diesen Kreis systematisch zu vergrößern. Letztgenanntem Ziel könnte der neue Longplayer "Pounded By Our Sins" natürlich ausgesprochen dienlich sein, zumal es in den besagten knapp zwei Dekaden überhaupt erst das dritte Tonzeugnis ist, das in versilberter Form vorliegt. Der noch im letzten Jahrtausend entstandene Debütlongplayer "Days Of Doom" konnte bei Kollegin Janet damals nicht so richtig punkten, während der hier tippende Rezensent die Scheibe für sein damaliges Zweitheft G.U.C. rezensierte und es nach wie vor für ein feines Gothic-Metal-Scheibchen hält. Allerdings blieb die Band nicht in diesem Genre, sondern überraschte schon zum Gothic Christ 2002 in Leipzig mit einem markanten Stilwechsel hin zum angeproggten Power bzw. partiell sogar Speed Metal, den sie vorsorglich auch gleich mit der Eigendefinition "Prophecy Metal" belegte, da einige düstermetallische Einflüsse erhalten geblieben und noch durch Elemente des Melodic Death ergänzt worden waren und somit eine doch relativ eigenständige Mixtur entstanden war, die es auch heute noch zu erleben gibt, wie der aktuelle Longplayer "Pounded By Our Sins" unter Beweis stellt. Die zwischenzeitlich aufgenommene Demo-CD "The New Chapter" befindet sich nicht in der Kollektion des Rezensenten, aber zumindest deren Titelsong hat per Neueinspielung auch den Weg auf die neue Scheibe gefunden, und wer die Band beispielsweise 2011 beim Standing-On-A-Rock-Festival gesehen hat, der stellt beim Vergleich der damaligen Setlist mit der Tracklist des neuen Silberlings fest, daß sechs der damaligen acht Songs des Hauptsets auch auf der aktuellen Scheibe zu finden sind (lediglich das damals gerade neu geschriebene "The Calvinist Fury" und die Klavierballade "The Moment" haben diesen Schritt nicht geschafft). Und so gut sie damals waren, so gut sind sie auch heute noch, stellt man schon beim ersten Hördurchlauf fest, wenngleich es doch noch einiger weiterer bedarf, um sie in ihrer ganzen Schönheit und Qualität erfassen zu können. Freilich sollte man sich nicht vom Intro des Openers "Metal Is Still Alive" ins Bockshorn jagen lassen, denn mit diesem haben sich Ancient Prophecy ganz und gar keinen Gefallen getan, wirkt der Shoutpart doch eher hilflos und klingt nach Provinzfestival um drei Uhr morgens statt nach Wacken vor der Hauptbühne, wo er vom inhaltlichen Anspruch her eher anzusiedeln wäre. Auch im weiteren Verlauf ist ausgerechnet dieser Song etwas gewöhnungsbedürftig und zeigt seine wahre Größe erst im hymnischen Refrain - für die "Ich checke mal die ersten 50 Sekunden des Openers an"-Fraktion vielleicht schon zu spät. Daher hier also die dringende Empfehlung, statt dessen jeden beliebigen der anderen acht Songs anzutesten und sich dort von der exorbitanten Qualität der Musik dieser hessischen Truppe zu überzeugen. Wer stärker der härteren Schiene zugeneigt ist, könnte "Brightness In The Dark" oder "Still Dying" antesten, "Look Into My Soul" lugt sogar mal ganz kurz in atonalere harmonische Gefilde, wie sie im moderneren Metal üblich sind (auch in "Still Dying" quietschen die Gitarren mal ganz kurz etwas moderner), koppelt diese aber gekonnt mit den traditionell-melodischen Einflüssen der Band, und "The Fall Of Vanity" beweist, daß gesprochene Parts über sanftem Piano-plus-Drums-Hintergrund nicht zwingend zur Peinlichkeit werden müssen. Die harschen männlichen Vocals sowie diesen Sprechpart übernimmt der an die zweite Gitarristenposition zurückgekehrte Tobias Buß (auch das Gros der Songs stammt übrigens aus seiner Feder, lediglich den besagten Opener hat Drummer Lynn André Neißner und "Brightness In The Dark" Gitarrist Florian Kraus beigesteuert), während die dominierenden weiblichen Vocals von Neuzugang Jaqueline Kunz, einer Archäologiestudentin, übernommen werden. Und mit dieser haben Ancient Prophecy eine erstklassige Ausgrabung getätigt: Sie hat eine sehr vielseitige Stimme im normalen Bereich und könnte damit auch diejenigen Fanschichten überzeugen, die zwar die prinzipielle instrumentelle Herangehensweise mögen, aber mit einer klassisch orientierten Frauenstimme nichts anzufangen wissen. Apropos klassisch: Die Keyboards spielen eine eher untergeordnete Rolle im aktuellen Klanggewand der Band (die auch keinen festen Keyboarder mehr besitzt), aber sie setzen an bestimmten Stellen, beispielsweise im erwähnten Refrain des Openers, den Punkt aufs i, während eine klassisch inspirierte Harmonik vor allem in der Gitarrenarbeit nicht selten durchscheint. Zusammen mit dem hohen kompositorischen Anspruch und den klar religiös determinierten, aber auf persönlicher Ebene gehaltenen Lyrics ergibt sich ein hochklassiges Gesamtbild, das nur in einigen wenigen Komponenten noch Wünsche offenläßt - so wird man beispielsweise im Closer "Eternity" das Gefühl nicht los, daß die Grundidee in den 4:14 Minuten Spielzeit noch keineswegs erschöpfend behandelt worden ist und der Song statt dessen etwas abrupt endet. Aber das ist Nörgeln auf hohem Niveau - "Pounded By Our Sins" kann als Ganzes bis auf winzige Abstriche überzeugen, bietet 44 Minuten interessanten Metal in einem ebenso interessant gestalteten Digipack (das ebenso simple wie aussagekräftige Coverartwork hätten auch Mortification übernehmen können) und ist auch soundtechnisch problemlos mit professionellen Maßstäben zu messen, ergo jedem Freund anspruchsvolleren, aber jederzeit nachvollziehbaren Metals ans Herz zu legen.
PS: Der rezensierende Kollege Andrew vom Angelic-Warlord-Zine führt noch eine Vergleichsband an, bei der sich der hier tippende Rezensent fragt, warum sie ihm nicht selber eingefallen ist: Wer Venia mag, sollte sich auch "Pounded By Our Sins" mit großem Interesse nähern.
Kontakt: www.ancientprophecy.de

Tracklist:
Metal Is Still Alive
New Chapter
True Trinity
Pounded
Look Into My Soul
Brightness In The Dark
The Fall Of Vanity
Still Dying
Eternity
 




www.Crossover-agm.de
© by CrossOver