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Party.San Open Air 2015   06.-08.08.2015   Schlotheim-Obermehler
von ta

Leuteleute, was sind wir alt geworden. Mit jedem Jahr, das ins Land zieht, wird das Party.San mehr zu einem Kompensat des normalen Lebens. Das Party.San ist die jährliche Portion Wahnsinn, mit der die zunehmende Reguliertheit des Alltags ihren heilsamen Ausgleich erfährt, die Inversion einer Kur. Gleichzeitig wird einem mit jedem Jahr aufs Neue klar, dieser psychohygienischen Maßnahme wieder etwas weniger gewachsen zu sein. Was haben wir dieses lange Wochenende nicht alles geklagt! Die Rückenschmerzen! Die wenigen Bänke! Die schrecklich lauten Zeltnachbarn!
Und die Hitze. Von 36 bis 40 Grad war im Vorfeld die Rede und als wir Donnerstagmittag anreisen, ist es so unerträglich heiß, dass erstmal einige Stunden gar nichts geht außer Rumliegen, Kopfbenetzen und Altmännerklagen. Schnell stellt sich heraus, dass die kostenlosen Wasserhähne und Freiluftduschen auf dem Campinggelände die wichtigste Erfindung seit dem Faustkeil der Acheuléen darstellen.

Unser Zeltplatz ist direkt hinter einer Reihe Dixies positioniert, was diverse offenkundige Vor- und Nachteile hat. Interessant ist die direkte Nachbarschaft. Wir sind umgeben von Permanenzcampern, einer besonderen Art innerhalb der Altmännerriege, bei deren Exemplaren die Energiereserven mit der Anfahrt bereits komplett ausgereizt sind. Wann immer man von einem Konzert wiederkehrt, ist der Permanenzcamper an seinem Platz im Campingbus. Seine maßgebliche Tätigkeit ist das Gähnen und Rumlümmeln. Gespräche mit ihm über Konzerte sind tendenziell unergiebig.
"Und, wie fandet ihr Behemoth gestern?"
"Wie heißn die? Wir ham jestern nüscht anjeguckt."
"Und heute Soulburn, die haben -"
"Wir warn noch gar nich ufm Konzertjelände. Aber Nuclear Assault guckn wir. Wann spieln die?"
"Gestern."
Der Permanenzcamper ist indes ein wunderbarer Gesprächspartner zu allen sonstigen Themen. Er hat zu jedem Gesprächsgegenstand eine passende Erinnerung parat ("Und dit war so ne Wuchtbrumme, da hättste zwei draus basteln könn'"), er steht dir mit Rat und Tat zur Seite ("Lass dit Radio an deiner Karre ruhig loofn, ick hab'n Starthilfekabel bei") und er verkörpert noch echte Werte ("Also wenn ihr Wessis wärt, hätt ich euch dit jetze nich jegebn").

Wie alle anderen vertretenen Arten trägt der Permanenzcamper durch seine Authentizität seinen Teil dazu bei, dass das Party.San von der Grundstimmung her unter den mittelgroßen bis großen Festivals Deutschlands unangefochten das überzeugendste und familiärste ist. Das ist Publikums-, aber auch Veranstalterleistung. Natürlich, die Tage, als unsere Janet anno 2000 noch munkelte, dies sei das erste Party.San, bei dem die Veranstalter keine Miesen gemacht hätten, sind lange vorbei. Und natürlich ist anno 2015 alles straff durchorganisiert und professionell. Die Stagecrew hat stets in Sekunden das passende Kabel parat, die Security schaut finster in die ersten Reihen und wer seinen Becher ohne Wertmarke abgibt, erhält kein Pfandgeld zurück. Dennoch hat es das Party.San geschafft, nicht in die oberflächliche Spektakelwelt und gesichtslose Vermassung anderer Festivals abzurutschen. Alles wirkt liebevoll und natürlich gewachsen, jederzeit steht die Musik im Vordergrund. Allein die Auswahl der CD/Vinyl-Stände, bei denen die Branchengrößen Nuclear Blast und Seasons of Mist sich mit Liebhaberlabels wie Van und FDA Rekotz die Klinke geben, spricht Bände.

Die Hauptbühne

Kurz, ich ziehe den obligatorischen Stahlkappenhelm an das Veranstalterduo Jarne/Mieze samt Crew. Es ist völlig klar, dass wir auch als noch ältere Männer 2016 wieder da sein werden. Also bis dann.
Moment. Da war ja noch was. Also nochmal ganz von vorne.

Donnerstag, 6. August

Abgesehen von kleinen Ausnahmen wie dem lieben Gottvati, nichtlinearen geometrischen Objekten und leckeren Krenwürstchen hat alles einen Anfang und so auch das Party.San 2015. Er liegt auf dem 6. August 2015 um 16:00 Uhr und spielt Death Metal. Die Schweden von Degial klingen dunkel, roh und etwas verschroben. Rein optisch eine Schwarzwurzelkapelle, atmet ihr Sound den Geist von Possessed und der ersten Ergüsse von Morbid Angel. Dem okkulten Drumherum zuwider machen Degial mächtig Laune und haben sichtbar Spaß am Blick in den für die erste Band des Festivals erstaunlich großen Pulk vor der Bühne. Ein starker Start.

Der Morbus Crohn ist eine fiese und beschissene Erkrankung des Gastrointestinaltraktes, bei der in der Regel Ileum und Colon in Form einer diskontinuierlichen, transmuralen und segmentalen Entzündung der Schleimhaut befallen sind. Klingt vertrackt und passt daher auch zu Morbus Chron. Die Schweden bringen ihren introvertierten Techno Death Metal, der grob zwischen Death, Atheist und Voivod pendelt, tight auf die Bühne und hinterlassen gleich mehrere Ausrufezeichen. Die Songs kommen komplett ohne Akkorde aus, d.h. die Riffs bestehen nur aus einzelnen Tönen! In jedem zweiten Stück versteckt sich ein Akustikpart (Death Metal! Akustikparts!)! Der Bass ist lauter als beide Gitarren zusammen! Sehr interessant, das Ganze, und sehr eigenständig. Aber mal unter uns: Das mit dem verrutschten h im Namen, ist das Absicht?

Bei Midnight müsste ich polemisch werden, was ich mir gern für spätere Bands aufhebe. Nuclear Assault erlebe ich nur mit dem Hinterkopf von den bestens sortierten CD-Ständen aus, was anatomisch bedingt eine optische Einschätzung schwierig macht. Musikalisch tief in den 80ern verwurzelt, wechseln die New Yorker zwischen Thrash, Punk und Grind hin und her. Gefällt, aber nicht mir.

Anschließend Secrets Of The Moon, ein schwieriges Kapitel. Ich werde niemals, niemals, niemals verstehen, warum diese Band in der Black-Metal-Szene so ein hohes Standing hat. Auf der Haben-Seite steht der angenehm klischeefreie Auftritt mit sehr viel Ausstrahlung und Denkwürdigkeiten, von denen insbesondere der immer gleiche Abschluss eines Songs mit dem Ritual "Gitarre stimmen - Schluck Wasser nehmen - ein zartes 'Danke' ins Mikro hauchen" im Gedächtnis haften bleibt. SG mit seinem jünglingshaften Gesicht und der leicht androgynen Körpersprache ist ein toller, sehr eigenständiger Frontmann, und technisch ist die Band durchaus beschlagen. Aber die Songs, insbesondere jüngeren Datums (welchselbige das Set dominieren), sind große Fragezeichen für mich. So speakt Luzifer? Nee, zu viel Pop-Feeling, zu wenig Bosheit. Ich kapier echt nicht, was die wollen. Auch Sinn und Zweck des Gastauftritts von Ex-Maroon-Fronter Andre Moraweck gehört in die Rätselkiste. Originell ist die Anordnung der Stücke - nach einem schnellen Doppelschlag zu Beginn wird das Tempo drastisch reduziert, um abschließend in pure Doom-Gefilde abzudriften. Aber fragt nicht nach Liedtiteln.

Mit The Ruins Of Beverast folgt noch so eine Band, bei der ich allgemeine Begeisterung nicht teilen kann, die ich aber immerhin ganz OK finde. Als Liveband ein spürbarer Abfall im Vergleich mit SOTM, hat der Sound, der Black-Metal-Riffing mit runtergestimmten Gitarren kreuzt, durchaus seine Momente und verbreitet eine monotone und morbide Stimmung.

Die ersten hymnischen Töne von "Where Greater Man Have Fallen" fesseln aber sofort für Größeres. Primordial degradieren ausnahmslos alles, was vorher kam, zu Vorgeplänkel. Mit Durchhaltevermögen und Originalität sind die Iren inzwischen dort angekommen, wo sie verdientermaßen hingehören. Ich versteige mich sogar zu der These, dass die durchgängige Begeisterung, die während des Primordial-Sets im Publikum herrscht, auf diesem Festival von keiner weiteren Band reproduziert werden kann. Es ist rammelvoll, der Jubel ist gigantisch und die allgemeine Textsicherheit enorm. Und das völlig nachvollziehbar, denn an diesem Gig stimmt einfach alles und "alles" heißt bei Primordial nicht nur, aber insbesondere: Alan Averill. Der schwarzweißgetünchte Frontmann reißt mit tütenweise Pathos, großen Gesten und permanentem Publikumskontakt bis in die hintersten Reihen mit. Ich habe Primordial schon ein halbes Dutzend Mal live gesehen und nie hat Alan derart gut gesungen, kraftvoll, hoch, ausdrucksstark, und das nicht nur beim Material der letzten zwei Alben ("No Grave Deep Enough", "As Rome Burns", "Wield Lightning To Split The Sun"), sondern auch bei den Classics "Gods To The Godless" und der selbst den härtesten Todesmetaller zu Tränen rührenden und etwas zu schnell gespielten Halbballade "The Coffin Ships". Das lässt einen sogar die Tatsache verschmerzen, dass die Gitarre von Michael O'Floinn zwei Songs lang überhaupt nicht zu hören ist. Nach einer Stunde und "Empire Falls" fällt der Vorhang und entlässt eine hochzufriedene Band, die völlig verdient den Posten des Co-Headliners besetzt hat.

Behemoth
Auf dem Headlinerposten steht eine Truppe, die nach viel Fleißarbeit und durch eine rigide Führung in den letzten Jahren ebenfalls noch einmal spürbar gewachsen ist. Behemoth anno 2015 zu bewerten, heißt, sich mit der neuen Identität der Band auseinanderzusetzen, heißt sich mit Adam "Nergal" Darski auseinanderzusetzen, heißt zunächst seufzend eine Menge Drumherum um die Musik zur Kenntnis zu nehmen. Die neusten Clous sind u.a. eine Nergal-Autobiographie, ein Nergal-Bier mit 6,66 Volumenprozent Alkohol und ein Nergal-Jurorenposten bei der polnischen Ausgabe von DSDS. Aber wem um Himmels willen, pardon: zur Hölle, gönnt man den Erfolg, wenn nicht diesem durchsetzungsstarken Visionär, der eine der besten Death-Metal-Bands aller Zeiten von Punkt Null zu Weltruhm geführt hat? Was uns zum Wesentlichen zurückführt: Behemoth anno 2015 haben auch musikalisch-optisch eine Wandlung vollzogen, von der dieser Auftritt mustergültig zeugt. Die Band war noch vor wenigen Jahren live ein bestialischer Orkan, mit 260bpm Windgeschwindigkeit, einer alles mitreißenden Intensität und einer brutalen, energetischen Live-Show. Diese Zeiten sind Geschichte. Auf dem Party.San 2015 spielen Behemoth genau einen - in Zahlen: 1 - schnellen Song, nämlich "Decade Of Therion" vom seinerzeit wegweisenden "Satanica"-Album, gleichzeitig das älteste Stück im Set. Der Rest geht drauf für gleich fünf Tracks von "The Satanist", nämlich "Blow Your Trumpets Gabriel" als Opener, "Messe Noire", "Ora Pro Nobis Lucifer" und den Titeltrack mittendrin, sowie "O Father O Satan O Sun!" als Zugabe. Hinzu kommen die Midtimer "Conquer All", "Ov Fire And The Void", "At The Left Hand Ov God" und das wie üblich als Closer vor der Zugabe platzierte "Chant For Eschaton 2000". Für mich subjektiv gehört nicht ein einziger aller genannten Songs, von "Decade Of Therion" abgesehen, zu den wirklichen Großtaten der Band, die samt und sonders im Ultraschallbereich liegen. Setlisttechnisch ist der Gig daher eine riesige Enttäuschung. Auch was die Energie betrifft, haben Behemoth spürbar eingebüßt, dafür hat die Theatralik zugenommen, wovon Podeste, verschnörkelte Mikro-Ständer und allerlei weiterer Krimskrams zeugen. Jede Bewegung ist genauestens einstudiert und selbst als Nergal zwischendurch über ein Kabel stolpert und auf den Hintern kracht, hält man es unwillkürlich für eine Showeinlage. Nichts von diesem Theater des Bösen brauche ich persönlich, aber man muss neidlos zugestehen, dass das neue, sich aus Musik und Auftreten zusammenfügende Gesamtbild in sich absolut stimmig ist. Dennoch: Was die Publikumsreaktionen betrifft, hat der wahre Headliner eine Stunde vorher gespielt.

Highlight des Tages: Primordial, die ich auf Konserve bereits als zu verkitscht abgeschrieben hatte, reißen live noch immer maßlos mit.
Lowlight: Behemoth vertreiben mit einem einstündigen, nervtötenden Rockstar-Soundcheck diverse Zuschauer noch vor Beginn des Gigs.
Denkwürdig: Unser gemütlicher Nachbar pisst konsequent neben seine Karre auf die Wiese, "weil es schneller geht" als der Gang zu den keine 15 Meter entfernt gelegenen Dixies.

Freitag, 7. August

Die Nacht war ein Graus, weil zu später Stunde noch ein paar Jungspunde angereist sind, die bis um vier den kompletten Backkatalog von Maiden und Priest lautstark skandieren und dabei hin und wieder auf die Wiese kotzen. Ich erwähnte, dass wir alt geworden sind? Nicht lange nach Sonnenaufgang ist es so heiß im Zelt, dass es einen unwillkürlich nach draußen treibt. Gerädert durchwandern wir die Einöde, die sich "Schlotheim" nennt. In uns lechzt es nach guter Unterhaltung, doch den Freitag eröffnen Cliteater. Sie gehören zu einer Gruppe von Bands, die man irgendwann mal gesehen haben will, aber nach einem Mal reicht es dann auch. Ich habe sie bereits vor einiger Zeit auf dem Party.San gesehen. Vanhelgd aus Schweden spielen eher unspektakulären Death Metal und Gehennah finden Motörhead, Hellhammer und alte Venom toll.

Aeternus
Das erste Highlight des Freitag sind die Norweger von Aeternus, die man hierzulande nur selten zu sehen bekommt. Deren intensive Begegnung von tiefergelegten Black-Metal-Riffs, Doublebass-Salven und fürstlichen Growls auf den Alben bis inklusive "Ascension Of Terror" hat einen hohen Wiedererkennungswert und gehört musikalisch zu den Filetstücken des Party.San 2015, zündet live aber nicht, weil die verwobenen Gitarrenteppiche in Brechern wie "Burning The Shroud" akustisch kaum zu entflechten sind. Dafür ergänzt der mit Kajal zugepinselte Ares sein geiles Gegrunze um Throat-Singing-Einlagen und kommt als Typ erstaunlich locker und entspannt rüber.

Soulburn und Deserted Fear kann man getrost zusammenfassen. Die einen spielen typischen Holland-Death, die anderen typischen Frühneunziger-Schwedenstahl, die einen sind Veteranen mit den gewohnten Protagonisten im Line Up, die anderen Jungspunde. Beide sind gutgelaunte und spielgeile Live-Bands, beide ziehen Publikum, in Punkto Kraft und Headbangeranteil haben die Jungspunde aber die Nase vorn und ernten daher verdientermaßen den späteren Slot.

Ichorid eröffnen heute das Zelt und räumen mordmäßig ab. Ihr auf technisch hohem Niveau stattfindender, rasanter Death Metal mit Deathcore-Note ist leidlich originell, wird aber nicht nur fehlerfrei runtergezockt, sondern auch showmäßig perfekt dargeboten. Das Energielevel ist enorm und die Band sammelt von Song zu Song mehr Sympathiepunkte. Sänger Christian Strobel jedenfalls ist das Grinsen ins Gesicht gemeißelt und Bassist Simon Orth schaut die ganze Zeit, als könne er es selbst noch nicht so recht glauben, auf dem Party.San spielen zu dürfen. Belohnt wird der starke Gig mit einem ordentlichen Circle Pit und Zugabe-Rufen, die zeitplanbedingt nicht erfüllt werden können.

Im Zelt herrschen zumindest gefühlt unerträgliche 856 Grad Celsius, so dass es eine regelrechte Wohltat ist, ins Freie zu treten und zur Hauptbühne zu latschen, auf der Postmortem spielen. Die Berliner sind ... nun ja, manche behaupten eine Legende, viele sagen Kult, ich finde sie schlicht langweilig und verschwinde nach der Hälfte des Gigs, um auch Speedbreaker auszulassen und erst zu Melechesh zurückzukehren. Die haben echten Wiedererkennungswert und spielen immer wieder einen Rhythmus, der eigentlich im Surf-Rock verbreitet ist und etwa so geht: Tschak-die-Tschack-Tschak, Tschak-die-Tschak-Tschak, Tschak-die-Tschak-Tschak. Sehr cool in Kombination mit garstigem Geschrei und Tremolo-Riffing. Beides kommt von Ashmedi, der nicht nur in die Breite respektive Tiefe gegangen ist, sondern dessen Stimme - sonst einer der Schwachpunkte bei Melechesh - auch tiefer und brutaler als zuletzt klingt. An Songs von "Grand Gathas Of Baal Sin" über "Rebirth Of The Nemesis" bis "Multiple Truths" gibt es eh nix zu mäkeln und die Band wird abgefeiert wie ein Headliner. Es ist jedenfalls so voll wie gestern bei Behemoth, und das am späten Nachmittag. Hut bzw. Kippa ab!

Zu Nocturnal Witch, die anschließend im Zelt spielen, möchte ich meine Notizen für sich sprechen lassen:
- öhm ja
- Old School Black/Thrash
- Uffta
- Hallgesang
- dumpf
- raus

Agalloch
Agalloch sind eigentlich mit ihrem doomigen Sound eigentlich eher eine Club- bzw. Zelt-Band und spielen so gut wie nie auf Festivals. Dennoch dürfen sie auf der Hauptbühne ihr Set bestreiten, passen ihre Setlist an das strahlende Wetter an und präsentieren bei besten Soundbedingungen ihre rockige Seite mit u.a. "Dark Matter Gods", "The Astral Dialogue" und "Into The Painted Grey". Das Publikum ist textsicher, auch wenn angesichts der schwelgerischen, an Gothic Rock erinnernden Melodien und gemächlichen Gangart die Stimmung insgesamt bedächtig ist. Mir ist das Ganze zu behäbig und fehlt die Bosheit.

Fäulnis
Anschließend wieder ab ins Zelt, wo Fäulnis eine Erwartungshaltung nach der anderen brechen. Ich hatte die Band im DSBM verortet, doch der Sound von Fäulnis enthält neben melancholischen Breitwandriffs auch ganz viel Groove, Rock und Punk. Als die blutjungen Kerle an den Instrumenten die Bühne betreten, erwarte ich Geschrammel, doch die Band ist tight wie Hölle und spielerisch saustark. Und dann dieser Sänger: Benjamin "Seuche" Feddern erscheint und man denkt unwillkürlich, er wäre direkt vom nächsten Hamburger Fischkutter geklaut worden, mit seinem rotem Schnurrbart, den verschwitzten halblangen Haaren, ranzigem Unterhemd und Hosenträgern. Seine Performance ist aggressiv und psychotisch, selbst bei den Ansagen rennt er nervös im Kreis und die hysterische Stimme ist zweifellos originell. Das alles wäre aber nichts, wenn nicht auch die Songs stimmen würden, und das tun sie. Klug komponiert ist er, der Black Punk von Fäulnis, ausdrucksstark und mit Tempo- und Rhythmuswechseln immer an der richtigen Stelle versehen. Nach dem abschließenden "Weil wegen Verachtung" stelle ich verblüfft fest, gerade völlig aus der Kalten einen der Höhepunkte dieses Festivals erlebt zu haben, der übrigens mit einem richtig asozialen Pit voller aggressiver Hamburger Glatzköpfe belohnt wird. Die besten Bands des Party.San verstecken sich eben immer noch im Zelt.

Auf der Bühne stehen dafür die Altgedienten. Für Asphyx ist das Party.San ein Heimspiel. Die Holland-Legende reformierte sich 2007 auf dem Party.San, spielte seitdem gefühlt im Zweijahrestakt immer abwechselnd mit den genauso klingenden Hail Of Bullets auf dem Party.San und Martin van Drunen keucht gleich zu Beginn ein "Schön, wieder hier zu sein" ins Mikro. "Vermin" ist ein brutaler Einstieg und "Last One On Earth" ein brutaler Ausstieg. Dazwischen liegt mit "Scorbutics", "Death The Brutal Way", "Into The Timewastes", "Deathhammer", "Wasteland Of Terror" und "Asphyx (Forgotten War)" eine brutale Mitte und mit "The Rack" ein Death-Doom-Evergreen, der auch heute massivst Köpfe von Rümpfen schraubt. Spiel, Satz, Sieg, wie erwartet. Schön, dass ihr wieder hier wart. Aber: Langsam wird's auch langweilig. 2017 gucke ich mir Asphyx nicht nochmal an.

Während Hellish Crossfire im Zelt lärmen, drängle ich mich zu Bloodbath nach vorne. Bei Bloodbath anno 2015 prallen zwei Welten aufeinander. Da ist auf der einen Seite die brachiale und perfekt eingespielte Death-Metal-Band, vier richtig gute Handwerker, die klug gebauten Schwedentod performen. Und da ist auf der anderen Seite Nick Holmes, der abgesehen von der thematisch der Band angeglichenen Blut- und Bart-Optik so wirkt, als würde er bei Paradise Lost auf der Bühne stehen, wortkarg, mit einer Hand ständig am In-Ear-Monitoring nestelnd, Showman-mäßig mit dem Mikroständer umherlaufend, lässig Hand- und Kopf-wippend, mit dem Rücken zum Publikum dasselbe zum Jubeln anhaltend. Wie gesagt: Ohren zuhalten, Blut und Bart wegdenken, und man fühlt sich wie auf einem Konzert seiner Hauptband. Die Texte von Kraftpaketen wie "So You Die", "Anne", "Like Fire" und natürlich "Eaten" liest Holmes ständig vom Teleprompter ab, was das Rockstar-Feeling noch verstärkt. Neben der Bodenständigkeit (Tägtgren) und dem Humor (Akerfeldt) seiner Vorgänger fehlt ihm auch deren stimmliche Brutalität, wobei das morbide Gegrummel durchaus seinen Reiz hat. Insgesamt hinterlassen Bloodbath bei aller musikalischen Erhabenheit einen nicht ganz stimmigen und zwiespältigen Eindruck.

Ensiferum sind nicht zwiespältig, sondern gehen schlicht gar nicht. Zum Abschluss läutet es zur Lehrstunde in Sachen Körperteile, Gemetzel und zum Töten immer auf den Kopf zielen. Cannibal Corpse spielen ja an jeder Steckdose, deshalb fällt es schwer, zu einem Gig noch etwas Neues zu sagen. Die Show ist schon gut, aber man hat sie eben auch schon x-mal gesehen: Corpsegrinder bangt wie ein Irrer und liefert dieselben Ansagen wie schon seit drölfzig Jahren, der Rest der Band zockt in blutrotes Bühnenlicht getaucht technisch hervorragend, aber auch sichtbar routiniert das Set runter. Cannibal Corpse gehören zu den Death-Metal-Bands, bei denen die langsamen Teile noch brachialer aus den Boxen dröhnen als die schnellen, sie spielen heute passenderweise ein recht mid- und downtempolastiges Set und am Ende sind Zombie-, pardon, Songtitel ebenso Wurst wie Banane, egal ob bei Newbies wie dem Eröffnungs-Doppelkadaver "Scourge Of Iron"/"Demented Aggression" oder Oldies wie dem Abschluss-Doppelkadaver "Hammer Smashed Face"/"Devoured By Vermin".

Highlight: Seuche.
Lowlight: Die Nacht der alten Männer.
Denkwürdig: Unser gemütlicher Nachbar verschwendet beim Balzen keine Zeit für Smalltalk und begrüßt gleich mit "Geile Titten", woraufhin er ein trockenes "Ja, weiß ich schon" erntet.

Samstag, 8. August

Es ist zweitausendundfünfzehn Jahre, acht Monate und acht Tage nach Christi Geburt, genau um 11:11 Uhr. Mit weisen, müden Augen, die viel zu viel schon gesehen haben, blickt Petrus auf das Martyrium danieden, schüttelt den Kopf und trifft eine alles verändernde Entscheidung. Er dreht sich entschlossen zur Seite und den Wasserhahn auf. Es ist nur eine kurze Husche, die den kleinen Ort Schlotheim ereilt, aber für die Besucher des Party.San ist sie ein Symbol der Hoffnung, der Blick in eine neue Welt, vergleichbar mit dem Moment, als der altehrwürdige Noah auf seiner inmitten des endlos erscheinenden Meeres schaukelnden Arche am Horizont seine Taube mit einem Zweig im Schnabel erblickt.

Holocausto Canibal
Dann spielen Holocausto Canibal. Für die sonnengebräunten Portugiesen ist das Wehklagen der bleichen Deutschen Firlefanz und sie zocken lieber etwas Grind mit Liedtiteln wie "Gore & Gajas" (Gore & Chicks) oder "Porno Hardgore". Für eine Chauvi-Show ist Frontmann Ricardo Silva aber gottlob viel zu albern und liebenswürdig, so dass es ein spaßiger Start in den dritten und letzten Tag des Party.San 2015 wird. Wie es bei Gore Grind so ist, hätten 20 statt 45 Minuten am Ende gereicht, aber unterhaltsam ist das allemal.

Anders Hemdale, bei denen der grindige Spaß dann doch zu dick aufgetragen wird. Der Basser trägt rosa und hampelt völlig bekloppt über die Bretter, der Sänger versucht irgendwie bei den Ansagen möglichst ballaballa rüberzukommen, aber im Vergleich mit Holocausto Canibal direkt davor wirkt die Band unsympathisch in ihrer selbstverliebten, Ami-mäßig breitbeinigen "Schaut mal, wie crazy wir sind"-Art. Musikalisch ist die Chose ohnehin komplett zu vernachlässigen. Das gilt auch für Evil Invaders und Zemial, während deren Gigs ich den herrlichen Schatten des Wohnmobils neben uns genieße, ein selbstgewähltes Schicksal, das mich später auch zu Deathrite und Toxic Holocaust ereilt. Leute, glaubt keinem Schreiberling, der behauptet, alle Bands eines Festivals gesehen zu haben. Das schafft kein Mensch.

Um 15:39 Uhr blasen Winterfylleth ins Alphorn. Die britischen Gentlemen sehen mit kurzen Haaren, Arbeitermütze und unauffälligen Shirts aus wie Hansi von nebenan, spielen aber irgendwie wohl Black Metal in einer Wald-und-Wiesen-Auslegung, die episch, melancholisch und langweilig ist. Die Live-Umsetzung ist lala und die vielen mehrstimmigen Clean-Passagen sitzen zwar überraschend gut, der Drummer sollte aber dringend an seiner Hand-Fuß-Koordination im Midtempo-Bereich arbeiten. Nun ja, zumindest haben sie publikumsseitig die höchste Frauenquote des Festivals.

Krisiun
Was uns zu Krisiun bringt, für die - allerdings umgekehrt proportional - dasselbe gilt. Die Brasilianer sind das Kontrastprogramm und berserken alles in Grund und Boden. "Endlich mal Männermucke" grunzt ein Typ neben mir nach dem Eröffnungsduett aus "Omnious" und "The Will To Potency" zufrieden in seinen Bart. Krisiun übertreffen ihrer Ironiefreiheit wegen auch die vertretenen Grindkapellen in Sachen Brutalität locker und drücken dich selbst im fürstlichen Midtempo wie in "Combusting Inferno" oder "Vicious Wrath" gnadenlos an die Wand. Ihre Königsdisziplin bleibt aber der Hackepeter und zum Highspeed-Classic "Ravager" fließt der Schweiß gleich literweise. Krisiun werden gefeiert wie Könige, das Pit ist ab "Descending Abomination" in Dauerbetrieb und die Security hat extrem zu tun, die Masse an Crowdsurfern zu händeln, die sich einen Spaß daraus machen, sich im Akkord von der dritten Reihe nach vorne durchreichen zu lassen. Die drei Brüder schauen dem bunten Treiben zufrieden zu und sind wirklich zum Knuddeln, so tätowiert, breitschultrig, bärtig, aber dabei sympathisch wie Bolle. Der komplizierte Neuling "Scars Of The Hatred" wird mit den Worten "I´m sorry if we fuck up this one" angekündigt und Alex Camargo bedankt sich nach jedem Song aufs Neue für die überschwänglichen Reaktionen. Nach dem Abschlussmassaker "Kings Of Killing" steht fest: Krisiun haben alle inklusive sich selbst glücklich gemacht.

Rotting Christ schrauben die Show-Messlatte enorm nach oben und ziehen eine hochenergetische Performance ab. Die vier Schwarzgelockten propellern synchron, grunzen synchron und animieren synchron das Publikum, das gemeinsam mit der Band alle Energiereserven entlädt. Musikalisch ist bei den Athenern zwar akute Reizarmut angesagt, dennoch gerät der Gig zum verdienten Siegesmarsch.

Ophis
Bei Ophis im Zelt wird dann der Marsch erstmal auf Valiumtempo runtergedrosselt und verkommt zum Kriechen. Die Hanseaten sind mit Abstand die langsamste Band des Festivals, schlappe zwölf Minuten vergehen vom ersten bis zum letzten Ton des Openers "Somnolent Despondency" und dann verkündet Sängergitarrist Philipp Kruppa auch schon, dass "jetzt der letzte Song folgt". Selbiger entpuppt sich als das 15minütige "The Halls Of Sorrow" vom Debüt "Withered Shades" und lungert wie alles von Ophis böse an der Grenze vom Death zum Funeral Doom. So muss das. Eine herrliche Entschleunigung auf einem im Mittel relativ flotten Festival und auch für sich genommen saustark. An der zweiten Gitarre zeitlupt übrigens Martin Reibold-Mühlbach, der am Vortag noch mit den nicht minder hochwertigen Fäulnis auf der Bühne stand. Den Mann sollte man im Auge behalten.

Ghost Brigade, den musikalischen Exoten des Festivals, gelingt auf der Hauptbühne mit Bravour ein Spagat. Sie sind die poppigste vertretene Band und Songs wie "Aurora" oder "Into The Black Light" flirten unverhohlen mit Katatonia-Einflüssen. Doch immer, wenn man denkt, dass es jetzt abrutscht in zu verschmusten Kitsch, packen die Finnen eine unerwartete Auflösung oder ein böses Riff aus. Man merkt, dass Wille Naukkarinen, der Mann an der linken Gitarre, musikalisch ein recht offener Typ ist, und es tut Ghost Brigade gut. Die Live-Umsetzung des dynamischen Materials funktioniert blendend und insbesondere der saubere Gesang von Manne Ikonen ist kraftvoll und ausdrucksstark. Höhepunkt des Sets ist für mich dennoch das konsequent durchgegrunzte, kraftvolle "Breakwater" mit seinem fetten Leitriff.

Gegen Mantar im Zelt ist das natürlich Kasperletheater. Wie man als Duo eine derartige Lärmwand produziert, geht mir nicht in den Kopf.

Kataklysm machen mir nur noch Angst. Kataklysm klingen auf der Bühne exakt, also wirklich 100%ig, wie auf Platte. Selbst Details wie bestimmte Drumrolls und bestimmte Phrasierungen der Stimme sind live von ihren Konserven-Vorbildern ununterscheidbar. Die Band spielt ultra-ultra-ultra-tight. Der ultra-ultra-ultra-sterile Sound ist genau derselbe, den man von den Alben kennt. Die ultra-ultra-ultra-schnellen Hyperblasts klingen wie eine Nähmaschine. "Maschine" ist das richtige Stichwort. Kataklysm sind nur noch eine Death-Metal-Maschine: Auf den Knopf drücken und Death Metal kommt raus. Leider hat eine Maschine keinerlei Bewusstsein und Leben. Sie maschint einfach nur vor sich hin. Und so sind Kataklysm. Klar, die Saitenfraktion bangt sich die Rübe ab. Klar, Maurizio interagiert mit dem Publikum. Aber sobald man die Augen schließt, hat man nur noch eine gewaltige CNC-Apparatur vor Augen, die auf Knopfdruck und ohne jede Dynamik immer das gleiche Programm ablaufen lässt, egal ob es nun "As I Slither", "The Ambassador Of Pain", "To Reign Again" oder "Crippled And Broken" benamst wurde. Wenn man die Kataklysm-Riffs mit Techno-Beats und Elektro-Synthies unterlegen würde, käme vermutlich etwas cool Tanzbares wie Think About Mutation heraus: In Shadows and - Dutz, Dutz, Dutz, Dutz. Als Death Metal ist das Ganze dagegen kaum verdaulich, weil komplett anorganisch.

Es folgt eine Demontage. Legendenstatus hin oder her, der Gig von Mayhem wirkt wie eine öffentliche Probe. Necrobutcher hängt faul über seinem Bass, Teloch - als Gitarrist und Bodybuilder zweifellos eine Klasse für sich - ist die personifizierte Arroganz und Langeweile, der vielgelobte Hellhammer pröttelt mit seiner Doppelfußmaschine teilweise einen schlimmen Käse zurecht und der Sound ist unter aller Kanone: Gitarre und Bass sind kaum zu hören und die Bassdrum klingt, als ob es hier um House gehen würde und nicht um garstigen Black Metal der ersten Stunde. Passend zur miesen Stimmung auf der Bühne beschimpft Necrobutcher nach "To Daimonon" wüst den fuckin' Pyrotechniker, dass er die fuckin' Feuersäulen gefälligst nicht dort zünden solle, wo der Meister gerade über dem Langholz abschnarcht - klar, im Proberaum fliegt einem ja auch nicht permanent was um die Ohren. Die einzigen Lichtblicke (Darf man das bei trve Black Metal so sagen?) sind ein Gastgitarrist mit Kapuze, der immerhin etwas den Kontakt zum Publikum sucht, sowie Attila Csihar, dessen beschwörerisches Stageacting hinterm Mikro und auf seiner Knochenkanzel dem Todesritual eines Wahnsinnigen gleicht. Dennoch rettet auch er das Fiasko nicht. Die Stimmung im Publikum ist selbst bei Megaklassikern wie "Deathcrush", "Freezing Moon", "Carnage" und "Pure Fucking Armageddon" schwarzmetallisch eisig und das abrupte Ende mit dem Jay-Hawkins-Oldtimer "I Put A Spell On You" als Outro gleicht einer Erlösung. Was für ein Totalreinfall.

My Dying Bride
Das Abschlussduo des Party.San 2015 ist interessant und gewagt, weil relativ soft - erst die melancholischen Doomster aus England, dann die Schweizer Elektro-Metaller. Teil 1 des Wagnisses straft alle Kritiker Lügen. My Dying Bride setzen fast alles auf die Songs, mit denen sie groß geworden sind und die Rechnung geht auf. "Catherine Blake" von "Songs Of Darkness, Words Of Light" ist das jüngste Stück dieses Abends und als solches immerhin auch schon 11 Jahre alt, den Rest des Sets füllen Oldies. In der Bühnenmitte steht, kniet, liegt, zittert und leidet Aaron Stainthorpe zu den unsterblichen Violinen-Doom-Klassikern "Your River", "A Kiss To Remember", "Turn Loose The Swans", "The Cry Of Mankind" sowie dem gut gewählten Midtimer "She Is The Dark". Der kürzlich nach über 15 Jahren Auszeit ins Lager der Briten zurückgekehrte Calvin Robertshawn sieht nicht nur aus wie ein Doom-Emir, sondern spielt auch eine punktgenaue Rhythmusgitarre, während sich Andrew Craighan an der Leadgitarre mehrmals hörbar verhaut und Geiger Shaun MacGowan beim Headbangen so verkrampft aussieht, wie man sich einen eingefleischten Klassik-Musiker bei dieser Tätigkeit eben vorstellt. Den atmosphärischen Gesamteindruck, der durch viel dunkles Blaulicht optisch passend ergänzt wird, schmälert das indes nur unwesentlich. Exzellent.

Von Teil 2 des Wagnisses kann man das nur eingeschränkt behaupten. Über Samael wurde im Vorhinein gerüchtet, sie würden auf dem Party.San ein Old-School-Set darbieten, was angesichts der wechselhaften Discographie der Band, die vom Black Metal immer mehr ins Elektro-Lager abwanderte, eine für dieses Festival kluge Entscheidung wäre. Und tatsächlich ertönt zu Beginn nicht nur "Black Trip" von "Ceremony Of Opposites" zu Beginn, sondern hernach gleich der ganze Rest des Mittneunziger-Klassikers in voller Länge - allerdings keineswegs in einer 1:1-Version, sondern eingepasst in die "neuen" Samael aus stampfenden Gitarren, brachialen Elektro-Beats und spacigen Synthie-Flächen. Da schluckt der eine oder andere Altfan schon gewaltig. Auch die Show hebt sich deutlich vom Rest des Festivals ab: Rockstarposen, Springen und ekstatisches Zucken passen einfach viel besser zum Stadionsound von Samael, als es eine Metal-Show täte. Und apropos Stadionsound: Wieviel da tatsächlich vom Band statt von der Band kam, bleibt offen, ist aber bei dieser Gruppe auch nicht so wichtig. Da verschmelzen Einspieler und Live-Material ohnehin zu einer amorphen Masse. Ergebnis: Ich find's geil, aber im Publikum sieht man reihenweise lange Gesichter und nach der Hälfte des Gigs strömen Gruppen von Abwanderern zurück zum Zeltplatz oder gleich in die Metaldisco, bei der ein wie immer hervorragendes Festival noch einen langen und würdigen Abschluss findet. Jetzt aber wirklich: Also bis dann.

Crowdsurfer im heiligen Schein

Highlight: 11:11 Uhr.
Lowlight: Bei Mayhem in der dritten Reihe strullt ein nicht mal sonderlich besoffener Typ mehr in seinen leeren Bierbecher, als dieser fassen kann, was ein fröhliches Geplätscher an die Unterschenkel seiner Vordermänner zur Folge hat.
Denkwürdig: Unser Nachbar mit dem Wohnmobil verbrachte nahezu das gesamte Festival nicht nur als Permanenzcamper auf dem Campingplatz, sondern auch in eben jenem Wohnmobil, da er "aus dem ganzen Zelten rausgewachsen" sei. So alt sind wir offenbar doch noch nicht.



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