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PARTY.SAN OPEN AIR    10.-12.08.2000    Bad Berka
von Janet

Oben genanntes Datum kann ich eigentlich gar nicht so stehenlassen, da ich die am Donnerstagabend stattgefunden habende Metalparty am Lagerfeuer gar nicht mitgenommen habe. Sei’s drum...
Das nunmehr 6. Party.San auf der Wiese zwischen Bad Berka und Tiefengruben begann für die meisten mit einem gehörigen Schock. Man gelangte nichtsahnend zur Kasse und musste dort erfahren, dass ASPHYX, der Freitags-Headliner, erstens nicht spielen würde und zweitens sich am 9.8. aufgelöst habe. Am nächsten Tag war dann ein Statement zu lesen, welches von den großen psychischen Problemen des Gitarristen Eric berichtet, die es unmöglich machten aufzutreten, und dass dies wohl aller Wahrscheinlichkeit nach das Ende der Band bedeuten würde. Heul! So leicht war das nicht zu verdauen, aber zur Trauerfeier artete das Festival dann doch nicht aus. Im Gegenteil! Ich erinnere mich an das Party.San vor drei Jahren, auf dem ich gewesen bin, weil Kumpels von mir dort spielten. Die Veranstaltung ist im Vergleich zu damals kräftig angewachsen, wenn auch immer noch klein, fein, familiär mit seinen irgendwas zwischen ein- und zweitausend Besuchern. Man zeltet dort inzwischen wie auf einem großen Open Air auch zwei oder drei Nächte lang, muss genauso aufs Dixi und kriegt Wasser zum Waschen und Kochen aus dem Tank. Organisationstechnisch gab’s absolut nix zu meckern. Dass MARDUK, der Samstags-Headliner, aus welchen nicht einzusehenden Gründen auch immer, nicht anreisten, dafür konnten die Veranstalter schließlich nichts. Und dass THE CROWN lieber das kurzfristige Angebot, mit Cannibal Corpse auf Tour zu gehen, annahmen, als beim Party.San zu spielen, kann man ihnen auch nicht so recht verübeln. Nun fielen zwar drei der größten Acts weg, aber es war dennoch äußerst lohnend. Schauen wir mal genauer zurück:

Am FREITAG standen zuerst, gegen 18 Uhr, XIV DARK CENTURIES auf der Bühne. Ihr eher durchschnittlicher Black Metal wusste (trotz des hübschen Rüschenhemdes des einen Gitarristen) keine Akzente zu setzen, kam bissel albern rüber. Empfindlich gestört wurde das Ganze noch durch zwei Kameramänner, die die ganze Zeit hautnah dabei waren. Ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, man wollte hier einen direkten Vergleich starten, wer die längsten Nasenhaare on stage besitzt... Was auf den Kameras aufgenommen wurde, war zum Teil auf der hinter dem Schlagzeug hängenden Leinwand zu betrachten - eigentlich, denn dafür war es um diese sonnige Tageszeit noch viel zu hell. HERBSTSTURM habe ich verpasst, aber aus der Ferne hörte sich das ziemlich gut an. Bei POSTMORTEM war’s schon dunkel genug, um das bunte (naja...) Treiben auf der Leinwand mitzuverfolgen, auf der dann vor allem schöne Bilder aus dem Publikum gezeigt wurden. Gute Sache! POSTMORTEM sollen Death’N’Roll machen, aber ich konnte wenig Parallelen zu Crack Up, Entombed & Co. entdecken, sondern würde das Ganze viel komplizierter mit „Neo-Thrash mit Hardcore-Gesang und deathigen Parts“ bezeichnen. Weiß jemand einen besseren Begriff? Die Jungs boten eine äußerst ambitionierte, bewegungsreiche Show, vor allem der Gitarrist erschien bisweilen hyperaktiv. Schöne fette Grooves... Und dann FINNTROLL, auf die ich irre gespannt war. Aber: oh je, der Sound... ultradünne Gitarren versuchten gegen einen sackfetten Bass anzustinken - unmöglich klang das. Schade! Denn nachdem mich die Chose am Anfang arg an Children Of Bodom erinnerte, gewann sie im Laufe des Gigs immer mehr an Originalität und Oha!-Effekten: Unvorstellbar geschickt verband man Death-Metal-Riffs mit mir nur von Eläkeläiset bekannten typisch finnischen Humppa-Rhytmen. Total genial! Könnt ihr euch nicht vorstellen? Überzeugt euch selbst davon! FINNTROLL sind hier zwar zum ersten Mal in deutschen Landen gewesen, aber vielleicht kommen sie ja jetzt öfter! Wenig originell fand ich allerdings die Optik: die Jungs hatten sich rote Farbe in Streifen ins Gesicht gemalt, aber dazu später noch ein Kommentar...
EMBRACED wurden mir angekündigt als Schweden-Death, aber meiner Auffassung nach war das ganz normaler Black Metal, der allerdings optisch klischeefrei (sprich: ohne Kriegsbemalung) dargeboten wurde und sich durch präzis-kraftvolles Drumming auszeichnete. Im letzten Song spielte man ein bisschen mit Breaks herum, aber ansonsten kam alles schnörkellos, melodiös-groovig und leider mit ähnlich beschissenem Sound wie bei FINNTROLL rüber. Warum da zwei Keyboards gleichzeitig am Start waren, konnte mir leider niemand erklären - nur wegen des optischen Gleichgewichts (eins stand links, eins rechts) kann’s ja wohl nicht gewesen sein. Gibt’s vielleicht ‘nen Unterschied zwischen Keyboard und Synthesizer? Hinweise bitte direkt an mich!
Zu den APOKALYPTISCHEN REITERN weigere ich mich, etwas zu sagen. Ich hab Angst vor Morddrohungen. Ich kann den Kultstatus, der diese Formation umwabert, weder verstehen noch ertragen. Ich find die nicht gut. Nur die Klischee-Hymne „Metal Will Never Die“ zwingt mich zum Mitsingen, aber vielleicht schaffe ich es eines Tages, auch da drüber zu stehen... Ach, eins noch: Während FINNTROLL nur rote Streifen im Gesicht hatten, war das Face von Sänger/Gitarrist Eumel ganz und gar künstlich gerötet. Gab’s rote Farbe bei Aldi im Sonderangebot? Oder ist das „in“ seit Peter Tägtgrens Auftritt in Wacken? Oder wollen die sich alle über meinen Fave lustig machen? Dann gibt’s aber auf’s Maul...
Zum Abschluss alte Bekannte dieser Festival-Saison: MANOS!!! Coole Ansage: „Ich weiß auch nich wies kommt, aber wir spielen hier für ASPHYX. Ich hoffe wir gehen euch nich allzusehr aufn Sack!“ Ach, i wo! Ich hab mich gefreut. Und die meisten anderen mit mir. Lieder über die Putzfrau, das Huhn und die Bockwurst wurden in bester Manier gebracht, der Bassist latschte in Kittelschürze rum, war auch mal als Huhn verkleidet, der Sänger kam mal mit riesigem Strohhut zum Einsatz... ach, lustsch isses, immer wieder. Muss man mal gesehen haben! Egal, dass die grindige Mucke nicht jedermanns Sache ist.

Wegen eines persönlichen Termins musste ich in der Nacht leider heimfahren (war ja fast um die Ecke) und konnte erst am SONNABENDnachmittag wieder da sein. Dadurch entgingen mir der Ritterschaukampf („inklusive Diebstahl einer Jungfrau“) und die erste Band, DISASTER K.F.W., wobei das Kürzel für „Klassischer Friedhof Weimar“ steht und die ich einst im Jenaer Rosenkeller gesehen hatte. Hätte ich gern nochmal gesehen, da die mir nicht mehr so sehr in Erinnerung sind. BURDEN OF GRIEF aus Kassel konnten mich mit Death Metal der neueren Schule, also eher von schwedischem Stil, für sich gewinnen und mir mit ihrer netten Coverversion sogar Iron Maiden schmackhaft machen. SUIDAKRA und GRIEF OF EMERALD sind mir heute auch entgangen. Über VIU DRAKH könnte ich ohne Ende Lobeshymnen verfassen. Die Hallenser Thrash-Hardcore-Deather (???) sind sowas von sympathisch und gut, ihre Auftritte nehmen meine Aufmerksamkeit derart in Anspruch, dass mich währenddessen niemand anzusprechen braucht. Geniale Breaks, trotzdem geniale Party! Das schaffen nicht viele. Und den Großanteil daran hat sicher Gute-Laune-Brüllwürfel Thomas „Fisch“ Fischer, der grinst und Frohsinn versprüht, was das Zeug hält. VIU DRAKH sind keine Unbekannten mehr und konnten sich eine treue, fanatische Fanbasis erspielen. Absolutes Highlight für die Anhänger ist es jedesmal, wenn „Ace Of Spades“ (Motörhead) runtergezockt wird. Für einen Song begrüßte man René von Purgatory auf der Bühne. Dabei fällt mir nur ein: Support the Underground! Denn da sind solche Perlen versteckt... Der VIU DRAKH-Bassist ist übrigens gar kein Punker, auch wenn er verdammt so aussieht, erklärte mir Thomas später, bierseliger: „Der sieht mit langen Haaren nur scheiße aus, und mit Glatze - na da weißte ja, in welche Ecke du da gesteckt wirst. Und deshalb hat der sich so’n Streifen auffem Kopp wachsen lassen!“ Und kriegt damit die meisten Frauen ab. Im Gegensatz zu Thomas. Sagt er. Nun ja... Was den Sympaticos nicht gefiel, waren die nicht wenigen Rechtsradikalen, die beim Party.San anwesend gewesen und hin und wieder (verbal) Stimmung gemacht haben sollen. Ich selbst hatte mit jenen Existenzen keine Berührungspunkte, aber Thomas war nicht der Einzige, der von solchen Idioten zu berichten wusste. Enttäuschend.
Zurück zur Musik: GRAVEWORM sind aus Italien und saßen letztes Jahr in Wacken beim Promi-Fußballspiel neben mir. Auf der Bühne hab ich sie damals nicht gesehen und durfte nun feststellen, dass ich da nichts verpasst hatte. Typischer, mir nichts sagender Black Metal. Einzige Pluspunkte: der agile Bassist und (folgende Worte hat mir mein Kumpel Denis befohlen:) „die geile Keyboarderin“.
CRACK UP sind Stammgäste beim Party.San. Ich erinnere mich, dass sie schon bei meiner letztmaligen Anwesenheit 1997 dabei gewesen sind. Wie ich sie damals fand, weiß ich nicht mehr, aber heuer... nunja, wer meine Schreibe ein bisschen verfolgt, weiß, dass ich mit Rock’N’Roll-Elementen nicht viel anfangen kann und sie glatt als störend empfinde, wenn sie „meinen“ Death Metal verunzieren. Aber das ist Geschmacksache, und ich kann CRACK UP wenigstens eine klasse Publikumsanimation und richtig gute Songstrukturen bescheinigen. Seht und hört sie euch an, lasst euch nicht von mir beeinflussen, denn schlecht sind sie ganz gewiss nicht!
Als Vorletzte enterten NECROPHOBIC die Bühne und gefielen mir ausgesprochen gut mit ihrem Death Metal mit mehr Thrash- als Black-Elementen, wenn auch der Gesang sehr „black“ rüberkam (Minuspunkt). Besonders hervorzuheben wären hier die vielen headbangerfreundlichen Midtempostampferparts.
Und dann der krönende Abschluss, die letzte verbliebene headlinertaugliche Band: AMON AMARTH. Was soll ich sagen? Ich stand in der ersten Reihe und hab mir den Kopf von den Schultern geschüttelt. Naja, fast. Aber weh hat’s getan, anderthalb Tage später, ganz dolle. Egal! Das war’s wert. Schon ihr Auftritt beim diesjährigen Fuck The Commerce konnte mich mehr als überzeugen. Diesen schwedischen Death Metal Hammer mit Black-Elementen muss man einfach mal erlebt haben! Mehr schreib ich dazu nicht. Wenn ihr die Gelegenheit habt: GEHT HIIIIIN!!!!!
Das war’s! Aus, finito.
Na gut, noch paar finale Worte. Das Wetter war im Gegensatz zu den vorangegangenen Wochen hochsommerlich heiß (dementsprechend viele Sonnenbrände waren zu bemitleiden). Schönsten Dank also an den Wettergott! Ein Open Air OHNE Regen ist echt mal was anderes...
Und ein ganz ganz großer Dank und mein ganz ganz tiefer Respekt gehen an die Veranstalter dieses Happenings. Munkelte man doch hinter vorgehaltener Hand, letztes Jahr hätten sie noch massig Miese gemacht, aber dieses Mal bereits durch die Vorverkäufe die Kosten gedeckt. Ich weiß zwar nicht, wie hoch der Wahrheitsgehalt dieser Information ist, aber mir ist durchaus bekannt, dass es im Regelfall einige Jahre dauert, bis sich ein jährliches Open Air etabliert hat, und dies nicht nur Geld, sondern auch eine Menge Geduld, Nerven und Kraft kostet und ordentlich Organisations- und Verhandlungsgeschick erfordert. Deshalb meine Hochachtung, dass ihr nicht aufgegeben habt. Weiter so! Daumen hoch! Bis nächstes Jahr!
 






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