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von ta

PRIMORDIAL: Redemption At The Puritans Hand   (Metal Blade)

Ein Album wie "Redemption ..." zeigt, wie sehr es Nuancen sind, die manchmal über gut und schlecht entscheiden und wie relativ die Bewertung eines Albums auf den Backkatalog der das Album veröffentlichenden Band ist. Primordial sind eine tolle Band mit einem eigenen Stil, einer eigenen Stimmung und einer eigenen Aussage. Ihr letztes Album vor diesem, "To The Nameless Dead", ist in alledem - Stil, Stimmung und Aussage - nicht weit weg von dem Album, das mir jetzt vorliegt. Und dennoch war ich damals begeistert und bin heute ernüchtert.
Im Prinzip bin ich ernüchtert nicht obwohl, sondern gerade weil sich so wenig geändert hat im Hause Primordial. Mit sechs Alben haben die Iren ihren Stil ausdifferenziert und an einen Punkt gebracht, der sich als Sackgasse erwies: Geradeaus geht es nicht weiter, umkehren und eine andere Richtung nehmen wäre eine Möglichkeit, auf der Stelle treten eine andere. Primordial treten mit Album Nummer sieben auf der Stelle. Und bei all dem Pathos, der Schwermut und dem entsetzlichen Ernst, den die Band verkörpert, ist Stagnation gefährlich, weil sie dazu neigt, aus Pathos Kitsch, aus Schwermut Langeweile und aus Ernst Peinlichkeit zu machen.
Nun sind Primordial nicht kitschig, langweilig und peinlich, aber sie kommen doch immer näher dran. Die ternären Rhythmen sind altbekannt, die Intros mit der keltischen Melodie auf dem gleichbleibenden Grundton sind bekannt, die verzweifelten Gesangsmelodien von Alan Nemtheanga sind es. Das alles ist in sich stimmig wie eh und je, aber auch irgendwie totgespielt und darum inzwischen ein Klischee, das die Band selbst geschaffen hat und nun mustergültig aus dem Katalog bedient.
Schwächen unabhängig vom Wiederholungseffekt erkenne ich in der Gitarrenarbeit - versteckten sich auf den bisherigen Primordial-Alben immer zumindest einige wahrhaft fürstliche Gitarrenstürme, sind die Riffs diesmal geradliniger und weniger ausladend; ich kann es schwer treffend beschreiben, denn die Epik ist nach wie vor da, aber die Melancholie und der Schmerz sind weniger geworden. "Storm Before Calm" und "The Gathering Wilderness" waren diesbezüglich um Längen mitreißender und berührender.
Auch die Gesangslinien wirken mitunter willkürlich und nicht in die Songs integriert. Klar, irgendwie gehört bei dieser Band der Barde, der über dem Instrumentenbrei sein eigenes Süppchen kocht, dazu, aber hier wurde der Bogen überspannt, wirkt es selbstzweckhaft und beinahe aufgesetzt pathetisch, etwa im ansonsten sehr guten "Bloodied Yet Unbowed" oder im abschließenden und mit neun Minuten zu langatmigen "Death Of The Gods". Die richtige Mischung aus eigenständigem Bardentum und Integration ins Songganze gelingt Alan A. Nemtheanga dagegen z.B. in der Ballade "The Mouth Of Judas".
Soviel musste prinzipiell kritisiert werden. Positives gibt es natürlich auch zu sagen. Denn taucht man in die einzelnen Tracks ein, gibt es auf Detailebene durchaus Entdeckenswürdiges. Simon O'Laoghaire liefert die verspielteste Drum-Performance ab, die je ein Primordial-Album aufwies. Im Bereich des Clean-Gesangs, der 95% des Albums ausmacht (Ausnahme ist das partiell Alibi-mäßig gekreischte "God's Old Snake") hat Nemtheanga noch mehr Vielfalt und Sicherheit entwickelt, schreckt auch vor True-Metal-Vibes (inkl. "Ohohoho"-Chören) und vereinzelten zweistimmigen Passagen nicht zurück. Die Produktion ist roh und natürlich, aber trennscharf. Die Texte sind nicht mehr so von Schlachtenepik durchdrungen wie zuletzt, persönlicher, düsterer und weniger phrasenlastig. Und wer von Primordial nur ein oder zwei Alben kennt, wird möglicherweise auch an diesem nichts weiter auszusetzen finden. Ist ja auch in Ordnung.
Für mich dagegen zeigt "Redemption ..." im Draufblick, dass Primordial eine kreative Neuorientierung benötigen, um nicht mit dem nächsten Album wirklich kitschig, langweilig und peinlich zu werden.
Kontakt: www.primordialweb.com, www.metalblade.de

Tracklist:
1. No Grave Deep Enough
2. Lain With The Wolf
3. Bloodied Yet Unbowed
4. God's Old Snake
5. The Mouth Of Judas
6. The Black Hundred
7. The Puritans Hand
8. Death Of The Gods



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