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Black Country Communion   02.07.2011   Leipzig, Parkbühne
von rls

Statt eines lauschigen Sommerabends Dauerregen mit knapp über 10 Grad Celsius - das dürften sich die Veranstalter der ersten Deutschlandtour von Black Country Communion anders erhofft haben. Aber trotz dieser widrigen äußeren Bedingungen und des doch etwas gewagten Eintrittspreises von 50 Euro ist die Parkbühne gut gefüllt, und das gegen die Witterung gut gerüstete Publikum, in dem erfreulich wenig Schirme die Sicht versperren, läßt sich knappe zwei Stunden die Feierlaune auch nicht vermiesen.
Die vier Herren auf der Bühne geben dazu allerdings auch keinen Anlaß. Black Country Communion erfüllen praktisch die Anforderungen für den Terminus "Supergroup", aber sie präsentieren sich keineswegs als Ansammlung satter gesetzter Herren, denen in ihren Hauptbands nichts mehr einfiel. "Gesetzt" sowieso nicht, denn das Trio um den knapp 60jährigen Glenn Hughes ist teils deutlich jünger: Am Schlagzeug sitzt nicht Europes Ian Haugland, wie man auf den ersten Blick mutmaßen könnte, sondern Jason Bonham, der spieltechnisch natürlich immer an seinem Vater gemessen werden wird, obwohl er das eigentlich nicht verdient hat - er spielt an diesem Abend sehr songdienlich, aber natürlich nicht ohne einige kleine Kabinettstückchen einzuflechten (ein Drumsolo sieht die Setlist allerdings nicht vor). An den Keyboards steht Derek Sherinian, den man im wesentlichen von seiner Mitgliedschaft bei Dream Theater in Erinnerung hat, wenngleich er natürlich auch zahllose andere Dinge im Stammbuch stehen hat - er gräbt an diesem Abend tief in der Soundklamottenkiste der Siebziger und würde sich damit perfekt ins Gesamtbild einreihen, wenn ihn die Soundfraktion nicht mit der Roten Laterne der Durchhörbarkeitsskala bedacht hätte, was zwar nicht zur völligen Unhörbarkeit führt, aber hier und da hätte man sich sein Spiel im Gesamtklangbild doch schärfer hervortretend gewünscht. Die Gitarre bedient Joe Bonamassa, das mit Abstand jüngste Bandmitglied - aber daß der mit der Musik weit vergangener Jahrzehnte vertraut ist, weiß man aus seinem Soloschaffen, von dem in den Korpus Black Country Communion übrigens erstaunlich wenig Blues einfließt. Tja, und dann wäre da noch Glenn Hughes, einer der Musiker, die im fortgeschrittenen Alter nochmal in einen Jungbrunnen gefallen sein müssen - er übernimmt in diesem Quartett neben dem Baß auch das Gros der Lead Vocals, und die hohen spitzen Schreie, die er auch in dieser neuen Formation gerne mal einbringt, sitzen noch immer wie eine Eins und klingen vom Ursprung her alles andere als gequält. Daß der Hörer sich anfangs trotzdem gequält vorkommt, liegt an der Soundfraktion, die diese Schreie so laut transportieren läßt, daß sie einem in den Ohren gellen, was bisweilen gar an der Grenze zur Übersteuerung kratzt. Es braucht etliche Songs, bis diesbezüglich die richtige Balance gefunden ist, aber danach steht einem bis auf die bisweilen zu sehr untergebutterten Keyboards tadellosen Hörgenuß nichts mehr im Wege.
Black Country Communion haben justament ihr zweites Album herausgebracht, aber in der Setlist mischen sie munter dessen Material mit dem des Debüts. Der flotte Opener "Black Country" mutet zwar mit seinen Breaks an dieser Stelle etwas gewagt an, aber er macht schon eindrucksvoll klar, was in den dem langen Intro (das u.a. Wagners Walkürenritt enthält, der witzigerweise in Leipzig fast auf die Minute genau eine Woche zuvor im Opernhaus auch live zu hören gewesen war) folgenden 105 Minuten zu erwarten ist: klassischer Siebzigerrock ohne Wenn und Aber. Ein Song wie das flotte "The Outsider", das neue Album eröffnend, hätte problemlos auch auf einem alten Deep Purple-Album ganz vorn stehen können und begeistert durch sein urtypisches Gitarre-Keyboard-Duell, zu dem Bonamassa auch mal die Bühnenseite wechselt, während für die Bewegung auf der Bühne sonst hauptsächlich Hughes zuständig ist, der jede Minute, die er nicht singen muß, nutzt, um wie ein Jungspund herumzurennen und wahlweise seine Mitspieler oder das Publikum anzufeuern, für das er ob dessen Ausharrung im Regen anerkennende Worte findet. Beim genauen Lauschen entdeckt man durchaus Riffs und Passagen, die einen an andere Bands erinnern, ohne daß man das diesem enorm spielfreudigen Quartett aber irgendwie ankreiden wollen würde, wenn es (wohl unbewußt) mal den Mittelteil von Led Zeppelins "Rock And Roll" oder (wohl bewußt) das Riff von The Frees "All Right Now" einbastelt. Und wenn Sherinian und Bonamassa ein ätherisches Halbakustikintro spielen, dann erinnert das im besten Sinne an MSGs "Courvoisier Concerto". Überhaupt: So packend auch verschiedene der Rocker ausgefallen sind - die großen Epen machen an diesem Abend den allergrößten Hörspaß, allen voran "Song Of Yesterday" und "Cold", zu dessen Beginn es einen tatsächlich irgendwie zu frösteln beginnt. In "Sista Jane" (noch so ein Epos) agieren Hughes und Bonamassa dann erstmals als leadseitig wechselndes Vokalduo, nachdem bisher immer nur einer gesungen und der andere allenfalls Backings beigesteuert hatte - auch das funktioniert. Ohne Zugaben läßt das Publikum die vier Herren natürlich nicht gehen, und so erklingt zunächst das neue "Man In The Middle", bevor Bonamassa aus seinem Gitarrensortiment eine Flying V hervorkramt und der zweite Coversong des Abends erklingt. Im Hauptset hatten sich Black Country Communion mit einer Ausnahme auf eigenes Material beschränkt, Bonamassas "The Ballad Of John Henry" als besagte Ausnahme einstreuend, das sich allerdings perfekt in den Set einfügt. Zum Schluß nun kommt Hughes' Vergangenheit zu ihrem Recht: "Burn" ist eine Art Signaturesong für ihn geworden, und zur Freude aller Altrocker im Publikum gibt es ebendiesen als krönenden Abschluß eines hervorragenden Gigs, der in beeindruckender Weise deutlich macht, wie lebendig und authentisch man Siebzigerrock heute noch spielen kann, ohne sich sklavisch an das Songmaterial der damaligen Zeit zu klammern.
Ein Sonderlob geht abschließend noch an den Fahrer des Tourbusses: An der Abendkasse war nur ein Teil der Akkreditierung für den Rezensenten angekommen, und die Kassendame ließ sich auch von der Bestätigungsmail nicht überzeugen. Also den Menschen gefragt, der vor dem Eingang BCC-Flyer verteilte und sich als der Tourbusfahrer entpuppte - und der legte ein sehr problemlösungsorientiertes Verhalten an den Tag, suchte den Tourmanager, und alles ging prompt so seinen Gang wie ursprünglich geplant. Herzlichen Dank!

Setlist:
Black Country
One Last Soul
Crossfire
Save Me
The Battle For Hadrian's Wall
Beggarman
Faithless
Song For Yesterday
I Can See Your Spirit
Cold
The Ballad Of John Henry
The Outsider
The Great Divide
Sista Jane
---
Man In The Middle
Burn



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