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![]() JOE BONAMASSA: Black Rock von rls
"Black Radio Won't Play This Record" betitelten Mother's Finest vor beinahe zwei Dekaden ihre wohl rocklastigste Scheibe, um damit ironisch auf die Berührungsängste der schwarzen Subkulturstrukturen mit der als "weiß" empfundenen Rockmusik (obwohl diese maßgeblich auf von Schwarzen entwickelte Elemente zurückgeht) hinzuweisen. In der Zwischenzeit ist zwar im Multikultibereich viel passiert, findet man in Clubs und auf Tonkonserven Kombinationen von musikalischen Stilen, die noch vor kurzer Zeit für unvereinbar gehalten worden waren. Trotzdem sind gewisse Ressentiments auf allen Seiten, die keineswegs nur aus den Kreisen fundamentalistischer Kulturbewahrer kommen, immer noch vorhanden, und so ergibt es durchaus Sinn, daß ausgerechnet Joe Bonamassa wieder mal einen provokanten CD-Titel ins Gefecht wirft. Immerhin ist der Mann a) weiß und b) Bluesgitarrist, zudem c) schon seit geraumer Zeit im grenzensprengenden Bereich unterwegs. Dafür muß man sich gerade im Bluesbereich ja besondere Mühe geben, dessen Fans als besonders traditionsliebend gelten und jeglichen Erneuerungsbestrebungen eher skeptisch gegenüberzustehen pflegen. Bonamassa nun nimmt sich den Blues her, aber er versieht ihn zunächst erst einmal mit einer gehörigen Portion Dampf unterm Kessel - das ist der Rockfaktor, und der findet sich schon seit längerer Zeit auf seinen Platten. Aber damit begnügt sich der Mann nicht. Hier passen mediterrane Flöten und ein Bouzouki rein? Gut, dann rein damit! ("Quarryman's Lament") Dort ein Saxophon hin? Aber natürlich! ("Bird On A Wire") All das freilich so, daß es bereichert und nicht verfremdet - und keineswegs nur in seinen Eigenkompositionen, von denen es sowieso nur fünf auf dem Album gibt. Achtmal interpretieren Bonamassa und seine wahrscheinlich dreiköpfige Band (da ist sich das Booklet nicht so ganz einig, denn an einer Stelle nennt es einen Drummer und an einer anderen Stelle deren zwei, was in letzterem Falle auf ein Jobsharing hinauslaufen würde, denn Passagen, wo zwei Drummer parallel spielen, kann das Hörerohr nicht ausmachen) Fremdkompositionen, und das keineswegs nur von ausgewiesenen Bluesgrößen, sondern auch von Leonard Cohen (die leicht entrückt wirkende und auch mediterran aufgeladene Ballade "Bird On A Wire") oder "Spanish Boots", eine Gemeinschaftsproduktion von Jeff Beck, Rod Stewart und Ron Wood, aus der Bonamassa einen fulminanten Bombastrocker gestrickt hat, der den Originalkomponisten sicherlich keine Schande macht und den Hörer mit Power und trotz der relativ zurückhaltenden Produktion unverkennbarer Größe überzeugt. Und nicht nur der Hörer war überzeugt: Für Willie Nelsons "Night Life" konnte Bonamassa keinen Geringeren als sein Idol B.B. King als Gastgitarristen ins Studio lotsen, in diesem Fall nicht ins Black Rock-Studio im griechischen Santorini, wo 11 der 13 Songs aufgenommen wurden (und dessen Umgebung die Inspiration für mancherlei der mediterranen Einflüsse abgegeben haben dürfte, wie die Bebilderung des Booklets nachdrücklich nahelegt), sondern in eines im kalifornischen Malibu, wo freilich die Sonne ähnlich geschienen haben mag wie im griechischen Mittelmeerraum: "Black Rock" ist trotz aller Blueselemente ein äußerst lebensfrohes Werk geworden, das nur in einzelnen Songs wie dem erwähnten "Bird On A Wire" oder in "Wandering Earth" (eine Bonamassa-Eigenkomposition nach klassischen Bluesschemata) düstere Kontrapunkte setzt. "Night Life" macht da trotz seines Textes ("Night life ain't no good life - but it's my life") keine Ausnahme, und daß King sich akustisch keineswegs in den Vordergrund drängt, stellt seine gentlemanartige Präsenz unter Beweis, auf die Bonamassa in seinen einleitenden Worten im Booklet eingeht (und sich offensichtlich freut wie ein Schneekönig, daß ihn der Altmeister seit 20 Jahren ein wenig unter den Fittichen hat). Daß Bonamassa übrigens nicht nur ein exzellenter Gitarrist, Songwriter und Arrangeur ist, sondern auch ein ausdrucksstarker Sänger, dürfte mancher noch nicht so intensiv wahrgenommen haben wie auf diesem Album - natürlich fehlen ihm die 50 Jahre Lebenserfahrung samt entsprechender Rückschläge, um wahrhaft authentisch und mit entsprechend gezeichneter Stimme vom Blues singen zu können, aber wenn man nicht mit so einem Anspruch an die Sache herangeht, sondern ganz einfach den sauberen mittelhohen Gesang beachtet, dann macht der Vokalist seine Sache sehr gut. Auch die Musik ist überwiegend wenig sumpfig ausgefallen, was manchem Puristen ein "Viel zu sauber!" entlocken könnte - aber dieser Personenkreis wird ja von vornherein gar nicht erst zu dieser CD gegriffen haben, denn Bonamassas für Bluesverhältnisse experimenteller Ansatz ist ja bekannt. Hier und da verliert er sich freilich doch ein bißchen zu sehr im eigenständigen Gestaltungswillen - "Athens To Athens" etwa überzeugt mit seiner komischen Mixtur aus Singer/Songwriter, mediterranen Elementen und einem zusammenhanglos wirkenden Saxophon auch nach etlichen Hördurchläufen nicht. Schon der massive Rocker "Blue And Evil", der auch von Led Zeppelin hätte stammen können, wetzt diese kleine Scharte aber locker wieder aus und dürfte vor allem live selbst manch ergrautes Haupt in Bewegung versetzen. Mit Blind Boy Fullers lockerer Aufforderung "Baby You Gotta Change Your Mind" (welch programmatischer Titel!) und deren gepfiffener "Happy, Happy Halloween"-Melodie endet ein Album, das den Blues (Rock) aus der Sackgasse auf die Überholspur führen könnte, wenngleich noch nicht alle Gänge genügend Zugkraft entfalten. Die vorliegende Deluxe Version kommt im Festeinband daher, scheint aber keine Extratracks zu enthalten.
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