www.Crossover-agm.de Seven Steps To The Green Door, O Brother Where Art Thou?   08.08.2006   Glauchau, Clubkino
von rls

Dem allerersten Gig einer Band beizuwohnen ist einem ja eher selten vergönnt, der Rezensent hatte dieses Privileg innerhalb von anderthalb Monaten indes gleich zweimal, zunächst in Jena bei Nemo und nun in Glauchau bei Seven Steps To The Green Door. Letztgenannte hatten mit den Leuten vom Clubkino in der Unterstadt (Häuserzeilen wie Straßenpflaster haben dort irgendwie noch was Spätmittelalterliches an sich ...) kooperiert und an einem Dienstagabend an die Vorführung einer netten US-Komödie namens "O Brother Where Art Thou?" (mit George Clooney und passenderweise auch nicht ganz ohne musikalische Thematik) noch ihren Debütgig angehängt, nachdem es in der Vorwoche schon zu einer Art öffentlicher Probe auf der Freilichtbühne eines Ostseebades (!) gekommen war. Seven Steps To The Green Door sind, wie der eine oder andere vielleicht schon weiß, eine der zahlreichen Bands, in denen Marek Arnold (der metallischen Fraktion von Toxic Smile, der Jazzfanschar von Passage, den Gospelfreunden von Coloured Rain und anderen Menschen noch von ganz anderen Bands her bekannt) in die Tasten haut bzw. metalliclackierte Holzblasinstrumente zum Klingen bringt. Von den in der Klammerbemerkung genannten Bands sind Seven Steps To The Green Door sicher die experimentellste, allerdings deshalb nicht automatisch auch die unzugänglichste. Der Stil der Band läßt sich am besten beschreiben, wenn man Mareks Konzertankündigungsmail mal versucht, in Musik zu übersetzen. Ich zitiere:
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"Liebe, hochgeschätzte und verehrte Leutlein, die Euch dieser moderne Botschaftenträger erreicht,

ich möchte es mir nicht nehmen lassen, Euch 3 Termine durchzugeben, an denen meine neue, äußerst sympathische, multikulturell begabte und mit diversen Tonfolgeerprobten Instrumenten ausgestattete Mehrzwecksmusikerzeugungsmaschinerie 'seven steps to the green door' ihr Debütalbum 'the puzzle' der hoffentlich geneigten Zuhörerschaft mithilfe gemeinsamer Spielfreude vorstellen möchte.
Soweit ich in Erfahrung bringen konnte, wird an allen 3 Terminen für stilles Wasser und 2 Salzstangen pro Person als Mindestverpflegung gesorgt sein. ;-)

Anbei also die Termine, an denen ich hoffentlich den oder die Eine oder Einen oder auch Andere oder Anderen persönlich und vollzählig begrüßen darf:

08.08.2006: Pre-Release-Party 'the puzzle' & Film 'O Brother...' im Clubkino Glauchau, Marienstr. 46 (20:00 Uhr) - (Eintritt inkl. Film nur 3,-Eu)
11.08.2006: Pre-Release-Party 'the puzzle', Vereinshaus (Altes Teelicht) Thalheim
23.08.2006: Record-Release-Party 'the puzzle' - Bergkeller Reichenbach / V. (Eintritt frei)

Es wäre mir Ehre, Vergnügen und Freude zugleich, wenn ihr diesen elektronischen Werbeträger an Freunde, Eltern, Omas, Opas, Tanten, Großcousinen, Pizzabäcker, Musikalienhändler, Schornsteinfeger oder auch Steuerberater weiterleiten könntet.

Erste Infos zur Band, Musik, CD und auch 2 erste MP3s findet Ihr unter www.sevenstepstothegreendoor.de oder www.7s-home.de.

Vielen Dank und liebe Grüße, Marek

www.bside-music.de

PS: solltet Ihr Euch belästigt fühlen von Inhalt oder Wortlaut oder auch Häufigkeit dieser ersten Mail, dann könnt Ihr Euch von künftigen Schreiben dieser Art folgendermaßen distanzieren: antwortet einfach auf diese Mail mit: 'Liebe sevenstepsler, wir sind ein kleines Stück auf einem gemeinsamen Weg gemeinsam gegangen. Nun aber fühle ich mich nicht mehr in der Lage, dem ungeheuren seelischen Druck standzuhalten. Also lasst mich gefälligst in Ruhe, ihr doofen Mistbratzen.'"
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Alles klar? Nein? Gut, dann doch noch etwas detaillierter: Seven Steps (die Verkürzung des Bandnamens sei mir gestattet, um das Review nicht noch länger zu machen, als es so schon ist) spielen Progressive Rock im ursprünglichen Sinne des Wortes, sind also fortschrittlich, indem sie Welten zusammenfügen, die bisher noch niemand als zusammenfügbar erachtet hat. Im vorliegenden Fall haben wir also gleich drei Sänger vor uns, von denen der eine intensiv metallisch brüllt, der andere aber rappt, während das weibliche Sangesdrittel eine eher normallagige Stimme in die Waagschale wirft und einen wichtigen Continuobestandteil darstellt, die Tauglichkeit als Solostimme zumindest an diesem Abend aber noch nicht unter Beweis stellen kann (wozu im Material allerdings auch nur selten Gelegenheit besteht). Clean singen können die beiden Herren aber auch, und so entstehen zwischendurch auch immer wieder, mitunter sogar die vorgenannten Stilistiken überwiegend, einfühlsame Melodien und mehrstimmige Arrangements. Dieser Vielfalt paßt sich die vierköpfige Instrumentalistenriege durchaus an und verwurstet zwischen Klassik, Jazz und Rock alles, was nicht bei drei auf den schützenden Bäumen des heimatlichen Erzgebirges ist. Und das geschieht nun nicht etwa so, daß auf einen Jazzsong ein Rockstück folgt, sondern schön per Verschmelzung innerhalb der einzelnen Tracks, wie gleich der Opener "Everytime" (auf Platte wie im Set an dieser Position) unter Beweis stellt. Daß Seven Steps auch richtig geradlinige Songs schreiben können, wenn sie denn wollen, beweisen sie mit dem Hauptteil von "At The End Of December", der in den Achtzigern einen Melodic Rock-Hit abgegeben hätte - aber sie setzen eben noch einen wilden, fast freejazzigen Part davor. Die Setlist entspricht erwartungsgemäß fast dem "The Puzzle" betitelten Debütalbum (selten war ein Albumtitel programmgemäßer, und auch das frickelige instrumentale Titelstück reiht sich da argumentativ ein), lediglich der CD-Closer "Farewell" fehlt und wird durch das nicht auf der Platte befindliche (ähem ...) "Closer" ersetzt. Inmitten der reichlich zur Schau gestellten Spielfreude fällt lediglich ein arrangementseitiges Problem auf: "Sigrid" enthält ein abruptes Break, in dem Gitarrist Eddy aus einem Frickelsolo in einen Reggaepart wechseln muß - eine live praktisch unspielbare Passage, an deren livetauglicher holperfreier arrangementöser Umsetzung die Band noch arbeiten muß (obwohl man schon x Varianten durchprobiert hat, wie Marek hinterher erzählt). Alles andere paßt zusammen (wenngleich die Kenntnis des Materials von der Konserve her den Genußfaktor natürlich deutlich erhöht bzw. die Anzahl der "Warum"-Fragen bezüglich einzelner Parts, Breaks oder Übergänge reduziert) und macht richtig Spaß, selbst wenn Marek mal unbewußt an der gleichen barocken Stelle klaut wie Tourniquets Ted Kirkpatrick in "Besprinkled In Scarlet Horror". Das Publikum hat sich nach dem Film kopfzahlseitig etwas verringert, aber auch etliche nicht zur Die Hard-Progrock-Fraktion oder zum direkten Bandumfeld zählende Menschen bleiben noch da und spenden reichlich Applaus, so daß die Band letztlich um eine Zugabe nicht herumkommt und das erst wenige Tage zuvor halbwegs fertiggestellte "New Rising" (Arbeitsuntertitel: "det neue") auspackt - und das Ding überrascht dann doch, nämlich mit der stärksten Metaltendenz des gesamten Sets, womit es ein wenig in Richtung der ja ebenfalls recht experimentierfreudigen Toxic Smile schielt. Somit bleibt die Weiterentwicklung von Seven Steps To The Green Door (jawoll, einmal noch in dieser Ausführlichkeit, die kommerziellem Erfolg größeren Ausmaßes allerdings wohl im Wege steht - welches Massenkid von heute kann sich schon so einen Bandwurmnamen merken?) gespannt im Auge zu behalten, und man sollte sich mal auf den im oben zitierten Abschnitt genannten Links umtun, um festzustellen, was für schöne bunte Musikblumen da im klingenden Erzgebirgswald wachsen.



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