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Wacken Open Air 2005   04.-06.08.2005   Wacken
von MiB und Ralf Dukatz

Was mussten sie sich dieses Jahr nicht alles anhören, die Organisatoren des Wacken Open Airs: Kaum verpflichtet man mal ein paar kommerziell erfolgreiche Acts wie Nightwish (die auch früher schon in Wacken spielten), Within Temptation oder Apocalyptica, da ist man gleich kommerziell. Was soll's: Wacken war schon immer Kult und wird es auch bleiben. Und deswegen war ich schon kurz nach Jahresanfang sicher, nicht zuletzt dank des wirklich hochklassigen Billings, dass ich wieder dabeisein musste.
Da Kollege CSB diesmal verhindert war, erklärte sich spontan ein guter Freund von mir, Ralf Dukatz (kursiv geschriebener Text), bereit, einzuspringen.
Unsere Reise begann am Mittwochabend und gegen Morgendämmerung begrüßten uns auch endlich die aufgehängten "Welcome Metalheadz"-Flaggen. Auf dem Campingplatz bekamen wir das zu sehen, was wir aufgrund der Wettervorhersagen erwartet hatten - ein Meer aus Schlamm. Selbst unser Allrad-Antrieb half uns nicht wirklich weiter. Aber es gab überall freundliche Metaller, die einen wieder raus geschoben haben. Auch wenn die meisten von denen selbst das Problem hatten stabil zu stehen, was wohl auf übermäßigen Alkoholgenuss zurückzuführen war.
Wir nahmen es mit Humor (der sollte uns schon noch vergehen ...), also flugs Zelt aufgebaut, und das Gelände ausgekundschaftet. Zu unserer Überraschung hatten wir, trotz der recht späten Ankunft, nichtmal 10 Minuten zum Festival-Gelände.

Donnerstag
Die erste Band, die wir uns, eher unfreiwillig, ansahen, waren OOMMPHH!!!! Keine Frage, die Band hat ihre Fans. Aber das, was die Typen Show nennen, heißt im allgemeinen einfallsloses Rumgekaspere. Der Gesang ist ungefähr so abwechslungsreich wie Ebbe und Flut, und die pseudobösen Texte, gepaart mit weißem Stage-Outfit (uuh, wie provokant!) tun ihr übriges. Den Fans in den vordersten Reihe scheint das Gehüpfe von Sänger Dero aber offenbar gefallen zu haben. Lieder wie "Brennende Liebe" (leider ohne L'Ame Immortelle live dabeizuhaben) oder "Gott ist tot" (Nietzsche übrigens auch!) scheinen aber Gott sei Dank nur eine begrenzte Hörerschaft anzuziehen.
Und dann war es endlich soweit: NIGHTWISH waren dran. Egal, wie oft man diese Band sieht, es ist immer wieder ein Genuss. Sicher, die Setlist war fast haargenau gleich mit der, die man schon auf dem Earthshaker spielte, aber was soll's. Es ist einfach eine Freunde zu sehen, wie diese Band Generationen verbindet. Da sind die 14-jährigen Kiddies, die auf den Schultern von Mama und Papa abrocken, genau wie die gestandenen Altrocker, die munter zu Songs wie "Nemo" und "Wishmaster" ihre Matte schütteln. Aber auch musikalisch bekommt man hier eine Vollbedienung. Tuomas Holopainens Keyboardspiel ist einfach göttlich, und die Soli von Emppu Vuorinen sind eine wahre Freude für jeden Leadgitarren-Fan. Wie schon in Geiselwind gab's als Coverversion (während Tarja sich umzog) "High Hopes" von Pink Floyd. Vielleicht wäre ein bisschen mehr Abwechslung, wenigstens bei der Cover-Nummer, die ja fester Bestandteil einer jeden Nightwish-Show zu sein scheint, nicht schlecht. Besonders gut kamen diesmal auch die harten Nummern wie "Slaying The Dreamer" und "Planet Hell" an, angefeuert von Marco Hietala, dessen Stimme mittlerweile unverzichtbar ist.
Müde, aber glücklich gingen wir, oder besser gesagt: rutschten wir nach einigen Bierchen ins Zelt zurück, denn schließlich sollte es am nächsten Tag erst so richtig losgehen.

Freitag
Im Vorbeigehen (zum Ensiferum-Gig) sah ich mir SONATA ARCTICA an, die gar keine so schlechte Figur machten. Etwas mehr Stage-Acting hätte jedoch nicht geschadet, auch wenn die finnischen Shooting-Stars des Melodic Metals eine ziemlich undankbare Zeit erwischt hatten. Trotzdem, die Band setzte ihre Songs gekonnt in Szene, besonders das grandiose "Victoria's Secret" (das übrigens nicht von Unterwäsche handelt ...). Sonata Arctica haben in den letzten Jahren einen wirklichen großen Aufwind gehabt, und Gigs wie dieser lassen erahnen, warum. Aber eben "nur" erahnen.
Der Freitag begann für mich auf der Partystage mit den Schwertträgern von ENSIFERUM. Die Stimmung war richtig gut, aber nichts gegen das, was uns am nächsten Tag noch mit Finntroll erwarten sollte. Crowdsurfer, erhobene Hände oder aufgeblasene Äxte waren überall über den Köpfen der Zuschauer zu sehen. Ensiferum habe ich bereits zweimal gesehen und wurde auch dieses mal nicht enttäuscht.
Ob es wohl irgendeine Band gibt, die 6 mal in Wacken gespielt hat? Sicher, wird man sagen, Motörhead oder so. Mag sein. Aber nicht auf einem einzigen Open Air!!! DOOMFOXX haben es geschafft. Der Deal mit Armageddon Music, dem Haus-und-Hof-Label vom WOA, brachte der Band 2 Auftritte auf der Karaoke-Stage, 2 auf der Party Stagee, einen im Presse-Zelt und einen auf der True-Stage, direkt vor Onkel Tom. Und überall regierte der Rock'n Roll. Die Band wirkt, als wäre sie direkt den Achtzigern entstiegen. Spandex-Hosen, Leopardenfell-Muster-Hemden, Sonnenbrillen und so weiter. Musikalisch nicht unbedingt wertvoll, aber so eine Show sollte man, wenn man die Gelegenheit hat, nicht verpassen. Entertainment pur!
EDGUY waren dann der erste Headliner des Tages. Da man schon in 12 Stunden in Schweden spielte, wurde die gesamte Band kurzerhand per Hubschrauber direkt aufs Festival-Gelände eingeflogen. Und als der Heli dann zum dritten Mal über den Platz kreiste und das Edguy-Logo auf der Außenwand sichtbar wurde, war es dann klar, wer da drin saß. Wer die 5 verrückten Hessen schonmal gesehen hat, der weiß, dass bei einem Edguy-Gig nichts unmöglich ist. Tobias Sammet ist einer der charismatischsten Frontmänner der Szene und nutzt das bekanntermaßen hemmungslos aus. Immer wieder Spielchen mit dem Publikum, das wirklich jeden Scheiß mitmachte, und seien es gigantische Werbechöre für die neue EP "Superheroes". Aber auch die Setist war unschlagbar. Egal ob es nun neuere Songs wie "Navigator" oder "Mysteria" sind oder auch auch ältere Nummern wie "Vain Glory Opera", alles wurde abgefeiert und mitgesungen. Es gibt eben keine schlechten Edguy-Songs. Wieder einmal wurde klargestellt, dass Edguy, bei aller Klasse der Alben, zu den besten Livebands Deutschlands gehören. Und so langsam dürfte auch klar sein, warum Edguy mittlerweile Stammgäste in Wacken sind.
WITHIN TEMPTATION waren eine von 4 Bands, die extreme Kritik ausgelöst haben. Sicher, mit Metal hat das nicht viel zu tun, was die Holländer da machen. Aber macht nix, es scheint trotzdem viele Leute zu faszinieren, auch in der Metal-Szene, und daher holten die Wacken-Organisatoren auch ihre Rechtfertigung, die Band zu verpflichten. Vor der Bühne war es dann auch recht voll, sodass auch eine gewisse Resonanz da war. Die Show selbst wurde natürlich, wie auch sonst, dominiert von Sharon den Adel, welche stimmlich am Anfang ein paar Probleme hatte, dann aber in Fahrt kam und gemeinsam mit ihrem Kollegen und Ehemann an der Gitarre sogar noch ein paar ältere Songs des wirklich guten Debüt-Albums intonierte, wie zum Bespiel "Enter". Jenes Album sei auch allen Zweiflern ans Herz gelegt, die der Band rein kommerzielle Hintergründe unterstellen. Trotz des Pop-Charakters eine gute Show, auch wenn die Band eher zum Rock am Ring passt.
Besonders erwähnenswert am diesen Tag war natürlich auch der Special Surprise Act STRATOVARIUS, der seine kurze Vier-Song-Show mit massig Pyroeffekten begleitete.
METALIUM durften diesmal nur auf der W.E.T.-Stage spielen, auch wenn die Nordlichter schon öfters in Wacken waren und immer die True Stage hatten. Irgendwie waren die Jungs aber auch froh drum, denn so machte der Regen die Show nicht zum Schlammbad (draußen war das natürlich trotzdem da). Lars Ratz und seine Mannen lieferten eine energiegeladene Show ab, die gerne noch länger hätte dauern dürfen. Trotzdem, die Band verwandelte das Zelt in einen Hexenkessel. Und besonders ganz vorne wurde es bei Mitsing-Hymnen wie "Steel Avenger" richtig heiß.
Eigentlich wollte ich mir POTENTIA ANIMI ja sparen, weil mir die Texte der Gruppe dann doch etwas zu antireligiös waren. Aber da ich ja sowieso auf Teräsbetoni warten mußte, sah ich mir die zweite Hälfte des Konzerts an, und ich muß sagen, dass es schon irgendwie Spaß gemacht hat. Bei den Refrains wie "Gaudete, Christus est natum" kann man sogar als Christ mitsingen. Und als die Band dann abschließend noch "Glaube, Liebe, Hoffnung" in die Menge rief, musste ich einfach laut lachen. "Religion ist heilbar"-T-Shirts sind zwar nicht mein Fall, aber witzig war's. Potentia Animi sind im weiteren Sinne wohl so eine Art J.B.O. des Mittelalter-Rocks. Sehr geil war auch die mittelalterliche Laute (oder wie das Ding heißt), in der in Wirklichkeit die Mechanik einer E-Gitarre steckte.
Nach der Stratovarius-Show musste ich mich leider entscheiden, ob ich mir die drei Cellisten von APOCALYPTICA ansehen wollte oder ich mir einen guten Platz bei Corvus Corax für die Carmina Burana sicherte. Ich entschied mich für Corvus Corax. An dieser Stelle möchte ich mich jetzt noch mal offiziell bei den besoffenen Typen aus der ersten Reihe vor der Truestage bedanken, die sich vor lauter Trunkenheit für Apocalyptica vor der falschen Bühne angestellt hatten und mir somit einen Platz genau in der Mitte der ersten Reihe sicherten - Danke Jungs!!!
Die Mittelalterband CORVUS CORAX hielt dieses Jahr in Wacken die selbstfinanzierte Welturaufführung ihrer Interpretation der Carmina Burana (Cantus Buranus). Aufgrund der Statik der Bühne konnte die Band leider nicht mit ihrem vollständigen Orchester auftreten, sondern musste dieses auf 60 Leute reduzieren. Die Aufführung, die zeitweise mit den seltsamsten Instrumenten aus der Mittelalterzeit gespielt wurde, war für viele eine gute Abwechslung. Den andauernden Zugabewünschen konnte die Band leider nicht nachkommen - ihre Carmina war komplett gespielt -, stattdessen kam die Band noch einmal auf die Bühne und bedankte sich beim Publikum.

Und dann war es soweit: TERÄSBETONI waren endlich da. Sogar der Soundcheck hatte schon einen ziemlich hohen Enertainment-Faktor, und als die Band dann endlich loslegte, brachen alle Dämme. Die ersten 4 Reihen waren voll mit Schweden, Finnen und Norwegern, bei einem internationalen Festival und einer finnischen Band auch kein Wunder. Jedenfalls dann, wenn diese Band auf Platz zwei der finnischen Single-Charts ist. Absolut jeder Song wurde lauthals mitgesungen, seien es nun "Vahva Kui Metallin", "Metallisydan", "Orjatar" oder die geniale Ohrwurm-Hitsingle "Taivas Lyö Tulta". Der erste Deutschland-Auftritt der verrückten Finnen war jedenfalls ein voller Erfolg, und Kult sind sie hierzulande, wenigstens im Underground, sowieso schon. Es wird wirklich Zeit, dass die Truppe mal eine Tour hier spielt.
Die Carmina Burana war nun vorbei und ich wollte so schnell als möglich rüber zur Partystage um TURISAS nicht zu verpassen. Da ich es über den einfachen Weg zurück durch die Menschenmassen nie pünktlich geschafft hätte, bin ich als Crowdsurfer über die Absperrung und konnte links ohne Probleme an der Menschenmasse vorbei. Gerade pünktlich zum Beginn fand ich noch einen guten Platz, den mir Michael frei gehalten hatte. Gegenüber dem Earthshaker war der Auftritt "aufm Wacken" wesentlich länger und die Band spielte diesmal auch ihren achtminütigen Song "Midnight Sunrise", den es live aufgrund dessen Länge leider nur selten zu sehen gibt. Was man bei Turisas nicht vom Album her kennt, ist das Violinensolo, das es bisher nur live zu sehen gab und ein Medley aus verschiedenen altbekannten Liedern darstellt. Live konnte die Truppe auf jeden Fall überzeugen und ich freue mich schon auf das nächste Album der Finnen, welches vor kurzem auf deren Homepage angekündigt wurde. Der zweite Tag endete für uns dann mit ein paar Bierchen und Pommes im Presse-Zelt, wo wir uns dann für den nächsten Tag unsere persönliche Runningorder zusammenstellten.

Samstag
Was hatte ich mich gefreut, als bekanntgegeben wurde, dass DRAGONFORCE dabeisein werden. Und um ganz ehrlich zu sein: Ich bin viel zu sehr Fan dieser Band, um auch nur ein kleines bisschen objektiv sein zu können. Aber vielen, die mit mir die Show gesehen haben, ging es ähnlich, ich bin also keinesfalls der einzige gewesen. War aber auch geil, die Show. Sänger ZP war, genau wie der Rest der Band, in Bestform und nutzte die ausufernden Gitarrensoli immer wieder zu Spielchen mit dem Publikum, das übrigens sämtliche Texte aus voller Kehle mitbrühlte. Herman Li und Sam Totman lieferten sich minutenlange Gitarrenduelle und sprangen wie verrückt auf der Bühne herum, von der Bühne runter, spielten im Rennen weiter und sprangen wieder auf die Bühne rauf. Sehr beliebt bei den beiden waren auch die Bierdosen, die sich in extra am Mikro angebrachten Halterungen befanden. "Black Fire", "Fields Of Despair", "Starfire", "My Spirit Will Go On", alles, was die Briten spielten, wurde gierig aufgesogen, und offenbar scheinen auch Dragonforce ihren Spaß gehabt zu haben, jedenfalls stachelten sich die Bandmitglieder selbst noch weiter an, und am Schluss griffen sich die Gitarristen sogar gegenseitig die Akkorde. Diese Band ist nicht nur für die Bühne, sondern auf der Bühne geboren. Mein ganz persönlicher Festival-Höhepunkt, der meine Stimmbänder erstmal ruinierte. Gott sei Dank hat der liebe Gott das Bier erfunden, das schnelle Abhilfe schuf.
Einer meiner Höhepunkte dieses Tages waren aber ohne Zweifel FINNTROLL, die das Fassungsvermögen der Partystage zum Überlaufen brachten! Finntroll sind live einfach eine Macht, obwohl ich davon ausgehe, dass bis auf die skandinavischen Gäste wohl kaum einer die schwedischen Texte mitsingen konnte. Aber dieser Black-Humppa-Rhythmus der Band geht einfach ins Blut. Soweit das Auge reichte Headbanger und Crowdsurfer. Bei ihrem bekanntesten Song "Trollhammaren" war keiner mehr zu halten (der einzige Song, bei dem man als Nichtskandinavier auch ein Wort mitsingen konnte). In diesem Sinne: Trollhammaren ...
HAMMERFALL waren sichtlich nervös, auf dem selben Open Air zu spielen wie ihre Idole von Accept. Immer wieder huldigte Joacim Cans seinen persönlichen Metal-Göttern, die so viele HammerFall-Songs beeinflußt haben. Ansonsten war aber von Aufregung keine Spur. Im Gegenteil: Die Schweden sind eine erfahrene Live-Band, die todsicher für Begeisterung sorgt. Tausende Fäuste wurden in die Luft gereckt, als Hymnen wie "Blood Bound", "Hearts On Fire", "The Unforgiving Blade" und natürlich "Hammerfall" die Erde erschütterten, und in punkto Textsicherheit macht den HammerFall-Fans so schnell keiner was vor. Auch wenn die Band sehr umstritten ist: Live sind sie wirklich großartig, die Schweden!
Kaum war HammerFall vorbei, eilte ich auch schon wieder zur Partystage rüber. Diesmal hab' ich es aber nicht pünktlich zum Special Surprise Act geschafft. Wer war der Surprise Act? Martin Kesici, alias EMKAY! Ja, Ihr habt richtig gelesen! Ich muss mich gerade wieder an die Pressekonferenz erinnern, in der Thomas Jensen Martin vorstellte: "Ich freue mich euch jetzt unseren Surprise Act für die Party-Stage vorzustellen. Es ist Martin Kesici" ... totales Schweigen der Presseleute ... "Ok, damit haben wir jetzt gerechnet." Was viele vielleicht nicht wussten: Martin spielte bereits vor StarSearch in einer Metalband und Wacken wollte ihm noch mal eine Chance geben. Aber das einzige, was Martin zu sehen bekam, waren die Becher, die auf die Bühne flogen, und die Mittelfinger, die im Takt mitschwenkten.
Martin gab sich zwar größte Mühe und präsentierte ein paar offensichtlich neue Songs, die so in die Thrash/Core/Aggro-Metal-Richtung tendieren, aber da ist noch einiges wieder gutzumachen, und musikalisch vom Hocker gehauen hat die Show auch niemanden, zumal der Sound wirklich grottenschlecht war.
Ein weiteres Highlight waren EQUILIBRIUM. Mit einem der besten Demos der letzten Jahre haben die Süddeutschen es geschafft, sich von der Underground-Hoffnung Nummer Eins zu DER deutschen Viking-Metal-Formation zu mausern. Trotzdem hat man immer noch den Eindruck, hier stehen ein paar Jungs und ein Mädel, denen das alles irgendwie fremd vorkommt. Sänger Helge konnte sein Glück noch gar nicht recht begreifen ("Das wollte ich schon immer mal sagen: WACKEN!!!!"). Songtechnisch hat man bei einem Album halt noch nicht so die Riesenauswahl, aber dafür gibt's Klasse statt Masse. Wie für Wikinger üblich, schwangen sie "Wingthors Hammer" und ließen reichlich "Met" fließen (DER Bandhit schlechthin, der auch richtig abgefeiert wurde). Sehr cool fand ich, daß man sogar Gabi Koss (Ex-Haggard) mitgebracht hatte, die bereits "Turis Fratyr" mit ihrer Stimme veredelte und nun auch live bei "Widars Hallen" und "Die Prophezeiung" eine echte Bereicherung war. Klasse Gig, tolle Band, von der man noch viel hören wird und will.
Viele waren nur wegen einer einzigen Band gekommen: ACCEPT. Und das hat man sogar im Presse-Zelt gemerkt. Da setzt man sich nichtsahnend in die hinterste Ecke, um gemütlich ein kühles Blondes zu vernichten, und wer sitzt plötzlich neben einem: Udo Dirkschneider, der Hohepriester des Heavy Metals, leider ins Interview vertieft. Mein Mitleid gilt der Betreuerin, die die ganze Zeit irgendwelche halb oder total besoffenen Journalisten (oder besser gesagt: Leute, die sich 'nen Pressepass erschlichen haben ...) von unserm Udo wegziehen musste, die diesem sichtlich und sittlich zu nahe kamen. Muss sowas denn auch sein ...
Die Show selber wurde dann aber eine gepflegte Metal-Party, die vielen wohl auf ewig im Gedächtnis bleiben wird, denn dies war die definitv letzte Accept-Show auf deutschem Boden. Gut, dass man dabei war, kann ich nur sagen. "Neon Nights", "Breaker", "Restless And Wild": Jeder auf dem Gelände kennt diese Band und ihre Lieder. Gigantische Chöre, minutenlange Fangesänge, Gänsehaut-Atmosphäre pur. Accept-Songs gehen sofort ins Blut, und zumindest die Refrains kann jeder mitsingen. "I'm A Rebel" und das unsterbliche "Balls To The Wall" waren die letzten Songs, und ein tolles Feuerwerk beendete eine Show mit Legendencharakter. Was machen wir bloß ohne Udo, Wolf & Co.?
Den Abschluss des Festivals machte diesmal Onkel Tom zusammen mit den Wackener Firefighters (der Wackener Feuerwehr). Eine große Überraschung gab es aber noch. Eine Band, die schon vor 40 Jahren (!!!) ihren legendären Big-Beat dem Publikum präsentierte und nun wieder einen Plattenvertrag sucht - die Sputniks. Eine Band aus der ehemaligen DDR, die zu den Zeiten der Beatles Platten in Millionenhöhe verkaufte, aber leider zwangsweise durch Verbot zum Auflösen gezwungen wurde. Die fünf betagten Herren gaben Klassiker von Rose Tattoo ("Rock'n'Roll Outlaw") über Kiss ("I Was Made For Loving You") bis hin zu Megadeth ("Symphony Of Destruction") und Motörhead ("Ace Of Spades"), mit Unterstützung von Onkel Tom zum Besten und konnten das Publikum definitiv überzeugen. Mehr Informationen zu der Band gibt es unter www.sputniks-beat.de. Onkel Tom beendete nun das Festival mit Songs wie "In München steht ein Hofbräuhaus" oder "Es gibt kein Bier auf Hawaii". Das einzige, was man unserem Tom vorwerfen konnte, war, dass sein eigenes Programm zu kurz kam und er nur vier Songs spielte. Aber die vier Songs haben es geschafft meine Stimmkraft endgültig zu ruinieren.

Fazit:
Es verging zwar kein Tag an dem es nicht regnete und die Schlammmengen nicht überall zunahmen, aber der Veranstalter reagierte völlig richtig. Er stellte Traktoren zur Verfügung, die stecken gebliebene Autos rauszogen, und verteilte vor den Bühnen massig Stroh, so dass die Party ohne Probleme weitergehen konnte. Dass Schlamm und Matsch auch Spaß machen können, haben uns die vereinzelten Metallerinnen gezeigt, die hier und da spontan Lust auf Schlammcatchen bekamen. Der Campground war übersät mit Flaggen, Zelten, lauter Musik, den seltsamsten Vorkehrungen um sein Bier kühl zu halten, Leuten, die ihr getrunkenes Bier wieder auf die eine oder andere Art ins Gestrüpp raus ließen, und einfach kranken Typen, die Bäume fällten um Feuerholz zu bekommen!
Ja, ganz richtig: Der ganz normale Wacken-Wahnsinn. Trotz der widrigen Wetterverhältnisse war es mal wieder eine einzige große Party. Dem Motto "Blasting the North" wurde man bei gleich 9 finnischen (Turisas, Ensiferum, Finntroll, Nightwish, Teräsbetoni, Machine Men, Sentenced, Apocalyptica, Stratovarius) und diversen schwedischen (HammerFall) Bands mehr als gerecht. Überschattet wurde das ganze aber vom tragischen Unfall eines 37-jährigen Familienvaters, der stark angetrunken einen Sicherheitszaun überkletterte, und so unglücklich vor einen (Schritttempo fahrenden) Krankenwagen fiel, dass er später im Krankenhaus seinen Verletzungen erlag. Unser Beileid gilt den noch minderjährigen Kindern und der Ehefrau des Toten. Fraglich bleibt allerdings, warum nicht der Veranstalter, sondern Mille von Kreator diese Nachricht verkündete. Selbst den Journalisten wurde dies nur auf wiederholtes Nachfragen bestätigt. Im Nachhinein trotzdem ein Lob an die Orgas, die eine gigantische Spendenaktion ins Leben gerufen haben, die der Familie mittlerweile mehrere 10.000 Euro zukommen ließ und immer noch läuft. Also, ab auf www.wacken.com und überweisen!
Nächstes Jahr gibt es dann hoffentlich besseres Wetter und nicht mehr so traurige Nachrichten. Die bisher bestätigten Bands sind vielleicht schon ein Indiz, dass diese Hoffnung tatsächlich wahr werden könnte (Children Of Bodom, Subway To Sally, In Extremo, Soilwork, Die Apokalyptischen Reiter).






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