www.Crossover-agm.de HAMMERFALL: Chapter V: Unbent, Unbowed, Unbroken
von rls

HAMMERFALL: Chapter V: Unbent, Unbowed, Unbroken   (Nuclear Blast)

Der festgefrorene Warrior auf dem Cover des neuen HammerFall-Albums deutet schon an, daß mit stilistischen Experimenten eher nicht zu rechnen sein dürfte. Und das Durchhören der knapp 50 Minuten bestätigt diese These über weiteste Strecken: Zehnmal reiten die schwedischen Krieger wieder in die Schlacht um den traditionellen Metal, und nachdem sie das mit ihrem unerreichten Debütalbum "Glory To The Brave" in einer Weise getan hatten, daß ihnen alle nur noch staunend hinterherschauen konnten, haben sie sich seit dem Drittling "Renegade" wieder schrittweise aus dem Formtief des Zweitlings "Legacy Of Kings" herausgearbeitet. Das neue Album, dies sei vorweggenommen, schafft es nicht ganz am Vorgänger "Crimson Thunder" vorbei, reiht sich aber würdig in einer Linie mit diesem ein. Das fällt gleich beim Opener "Secrets" auf, dem man einige Elemente des "Crimson ..."-Openers "Riders Of The Storm" beigegeben hat (beispielsweise gleich die halligen Leadgitarreneinwürfe gleich im Intro), diese aber nicht in großen Midtempometal, sondern in einen fröhlichen Speedster umgesetzt hat - einer der besten HammerFall-Songs seit dem Debüt, dazu mit einem der klassischen Soloduelle im Mittelteil veredelt, wie man es als Freund des traditionellen Metal liebt. Wäre es auf diesem Level weitergegangen, dann hätte "Chapter V" den Anschluß an das legendäre Debüt beinahe geschafft, aber schon das auch als Single ausgekoppelte "Blood Bound" an zweiter Position verdeutlicht, daß daraus nichts wird - zweifellos ein guter Metalsong und durchaus massenkompatibel (deshalb ja auch als Single gewählt), aber in der Gesamtbetrachtung deutlich zu unauffällig. Analoges gilt für den viertplazierten "Hammer Of Justice" (auf dem Cover kann der definitiv noch nicht niedersausen, sondern muß erstmal aufgetaut werden - das besorgt offenbar das erneut sehr starke Solo des Songs), während die dazwischen von der Leine gelassene "Fury Of The Wild" zwar munter durch den verschneiten Wald galoppiert, aber ein eigenartiges Problem im Songwriting offenbart, das auch in "Secrets" bereits rekognoszabel war, dort jedoch nicht als störendes Element empfunden wurde: die Generalpausen (manchmal nur solche der Gitarren, manchmal richtige Generalpausen aller Instrumente). Die markieren zwar teilweise Stellen, wo man live die Fans mal außerplanmäßig zum Jubeln animieren kann, stören hier und da aber schlicht und einfach den Songfluß - wenn man Magnus Rosens Baß etwas vordergründiger gestellt hätte, dann wären zumindest die Pausen in den Gitarrenriffs etwas besser überspielbar gewesen. Proggies sind HammerFall nach wie vor nicht, wollen und sollen sie ja auch gar nicht werden - aber manchmal versuchen sie es offenbar scheinbar, nur bisher ohne größeren Erfolg. Dann lieber eine starke Halbballade wie "Never, Ever" - und hier das Kuriosum: Die Bridges vor und nach dem Solo enthalten ebenfalls eigentümliche Stops in den Gitarren - in der vor dem Solo paßt's, in der nach dem Solo nicht (rational erklären kann man das nicht, es ist eine reine Gefühlsentscheidung - wenn man erwartet, daß es nun weitergehen müsse, es aber noch nicht weitergeht, ist eine Generalpause entweder zu lang oder ganz fehl am Platze). Krassestes Beispiel für solche unmotivierten Stops ist der ansonsten eigentlich sehr ordentliche Midtempostampfer "Born To Rule" - das ist der Band offenbar selbst auch aufgefallen, denn sie hat dieses Stilmittel nur im ersten Teil eingebastelt und sich eine richtige zweite Strophe gleich ganz gespart. "The Templar Flame" greift nicht nur das Midtempo von "Born To Rule" in leicht veränderter Form wieder auf, sondern auch ein schon fast hammerfalltypisches inhaltliches Sujet, wenngleich die Templer hier eher symbolhaft erscheinen, man also keine historische Schlachtengeschichte wie in "Steel Meets Steel" erzählt. Tja, und dann kommt der größte Ausfall des Albums, nämlich das Akustikinstrumental "Imperial". Der Begriff "Ausfall" bezieht sich darauf, daß Anspruch und Wirklichkeit hier extrem weit auseinanderklaffen. Gitarrist Oscar Dronjak beschrieb das Stück als Hommage an das Meisterwerk "Dee", das Randy Rhoads 1980 auf Ozzys "Blizzard Of Ozz"-Album verewigt hatte - wenn er das mitbekommen haben sollte, dürfte sich Randy wohl mehrmals im Grabe rumgedreht haben. "Imperial" kommt von seinen Tonfolgen und Harmonien her nämlich derart einfältig, simpel und vorhersehbar rüber, daß man das Stück im Prinzip nicht mehr ernstnehmen kann. Schlecht ist es eigentlich nicht, durchaus auch stimmungsvoll - aber vom Niveau her eigentlich eines solchen Albums unwürdig. Das wäre so, als ob Ludwig Güttler mit seinen Virtuosi Saxoniae eine Tonleitern- und Harmonieübung aus Günter Wilperts Trompetenschule auf einer CD mit großen Trompetenkonzerten des 17. bis 20. Jahrhunderts einspielen würde. Schnell weiter zu "Take The Black" - HammerFall as usual, also guter melodischer Powerspeed, der die Verhältnisse wieder graderückt und das abschließende große Epos "Knights Of The 21st Century" vorbereitet. In diesen zehn Minuten ziehen HammerFall alle zur Verfügung stehenden Register (außer den begeisternden durchgerifften Melodien der Debütscheibe), konnten Venom-Cronos als Brüller gewinnen (der eindrucksvoll mit Joacim Cans' bekannt cleaner, über die Jahre hinweg leicht tiefergelegter und nur am Anfang der zweiten Strophe im Epos kurz intonatorisch schwächelnder Stimme kontrastiert und als Hidden Track gleich nochmal solo eingemixt wurde), wechseln zwischen Strophe und Refrain geschickt die Tonart, gehen in der zweiten Strophe in einen begeisternden galoppierenden Rhythmus über und rahmen somit die zumeist gutklassigen acht "Innentracks" mit zwei Volltreffern ein (ohne "Secrets" und "Knights ..." hätte sich "Chapter V" nur knapp mit "Renegade" messen können). HammerFall-Fans dürfen sich das Album also bedenkenlos in die Sammlung stellen, wohingegen Einsteigern immer noch das ultimative Meisterwerk "Glory To The Brave" ans Herz gelegt sei.
Kontakt: www.hammerfall.net, www.nuclearblast.de

Tracklist:
Secrets
Blood Bound
Fury Of The Wild
Hammer Of Justice
Never, Ever
Born To Rule
The Templar Flame
Imperial
Take The Black
Knights Of The 21st Century
 



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