www.Crossover-agm.de HAMMERFALL: Crimson Thunder
von rls

HAMMERFALL: Crimson Thunder    (Nuclear Blast)

Vierter Streich der Schweden, und die Kritik ist der einhelligen Meinung, es sei das beste ihrer Alben seit dem legendären Debüt "Glory To The Brave". Ich übernehme generell nichts Ungeprüftes von der Meinung der Massen, aber in diesem Falle schließe ich mich der Kollegenschar fast vorbehaltlos an. Sicher, die ungebremste Frische, die unbekümmerte Spielfreude und das im Gegensatz zum eher rifforientiert denkenden Oscar Dronjak verspielt-melodielastige Songwriting von Jesper Strömblad (der auf "Crimson Thunder" völlig vor der Studiotür gebleiben ist - witzigerweise hat seine Hauptcombo In Flames seit 1996 ebenfalls eine Wandlung hin zu mehr simplifiziertem Riffing durchgemacht) ist auch auf "Crimson Thunder" nicht zu finden, aber das Ideenpotential bestätigt den schon anhand "Renegade" im Vergleich zum extrem ausrechenbaren und reduzierten "Legacy Of Kings" erkennbaren Aufwärtstrend in eindrucksvoller Weise. Man nehme als Exempel nur mal "On The Edge Of Honour", das in positivster Ausprägung die Linie von "Hammerfall" fortführt, fröhlich nach vorne speedet, starke Melodien gebunkert hat und auch ein paar heldenhafte "Ooohhhs" nicht vergißt. Ein Lehrstück des unrauhen melodischen Power/Speed Metals! Bis dahin hat man das eher einfach gestrickte "Hearts On Fire" und den vielschichtigeren Opener "Riders Of The Storm" (natürlich keine umbenannte Doors-Adaption), der besonders durch seinen unerwarteten Ausklang (anstelle des an solchen Stellen alles andere als untypischen Gitarrenfeuerwrks unter Trommelwirbel hier nur zwei leise harmonische Gitarrenakkorde mit einem sehnsuchtsvollen Unterton) besticht, bereits hinter sich und kann sich dem blutroten Donner widmen, der im Titeltrack mit lautem Getöse herniedergeht - der Refrain ist zweifellos das massivste Stück Musik, das HammerFall bis jetzt geschrieben haben, der Rest des Songs besitzt einen gewissen Accept-Touch. Das geräuschige Instrumental "Lore Of The Arcane" leitet in "Trailblazers" über, welches die (anhand der Lyrics bereits seit längerem feststellbare) Gefahr vor Augen führt, daß sich die fünf Schweden mit ihrem überschaubaren Spektrum an Stilmitteln bisweilen selbst kopieren - gleich die Melodie der ersten beiden Zeilen der ersten Strophe gab's nämlich auf einer früheren Scheibe schon mal. Der Song als Ganzes ist allerdings recht stark, verschleppt das Tempo zwischenzeitlich auch mal und hat schöne Leadgitarren vorzuweisen. Die Vorstellung, daß HammerFall jemals eine bessere Ballade als "Glory To The Brave" schreiben werden, dürfte wohl ein bloßes Traumbild bleiben, obwohl auch "Dreams Come True" alles andere als schwach ist, ein warmes Cello transportiert, ein schön gezupftes Solo aufweist und mit einer Yngwie-Großtat wie "Dreaming" durchaus mithalten kann, wenn man mal das etwas abrupte Ende außen vor läßt. Auch der nächste Song beginnt zurückhaltend, wandelt sich aber bald in einen extrem vielschichtigen Traditionsmetaltrack, der das Gespür HammerFalls für unverbrauchte Coverversionen ein weiteres Mal unter Beweis stellt: "Angel Of Mercy" stammt im Original von Chastain und ist - ohne damit HammerFalls eigene Kompositionsqualitäten schmälern zu wollen - einer der stärksten Tracks auf der gesamten Platte. Das eher unspektakuläre "The Unforgiving Blade" führt zum sehr emotionalen Instrumental "In Memoriam", und mit dem begeisternd nach vorne galoppierenden, aber nicht in Raserei verfallenden "Hero's Return" ist ein erstklassiger Abschluß des regulären Teils der CD gefunden, der zudem mit der Textzeile "I still believe in a brighter future" allen No-Future-Punks oder Berufsdepris die Rote Karte zeigt. Über eine Zugabe dürfen sich alle diejenigen freuen, die den Digipack erstehen - der Hinweis auf Yngwie und die "Odyssey"-Platte seiner Rising Force ist bereits gefallen, und hier gibt's nun "Rising Force" als erstaunlich nah am Original gehaltene Coverversion. Gut, Joe Lynn Turners Stimme ist unspektakulär genug, um sie ohne größere Schwierigkeiten ersetzen zu können, Original-Yngwie-Trommler Anders Johansson sitzt heute eh bei HammerFall hinterm Drumkit, und für die Keyboards lotste er gleich noch seinen Bruder Jens ins Studio, der auf dem Original auch schon mitgewirkt hat. Nur an den Gitarrensoloparts kann man erkennen, daß hier nicht Meister Malmsteen selbst am Werkeln ist - Stefan Elmgren (ich vermute mal, daß er die Soloparts spielt und nicht Oscar Dronjak) kopiert den neoklassisch-fließenden Stil Yngwies nicht, sondern spricht die einzelnen Noten stärker an. Damit ist etwas mehr als eine Dreiviertelstunde guten bis exzellenten Powermetals vergangen, die man seiner Sammlung bedenkenlos zuschanzen kann, wenn man nicht gerade Wolf-Rüdiger Mühlmann heißt. Daß dieser in der Thanksliste auftaucht, beweist zum guten Schluß, daß Truemetaller auch Humor haben.



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