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Lord'sParty-Rocknacht mit Woodencross, Trust, Last Resort   28.06.2003   Wohlbach, Scheune
von rls

War es mir in den letzten drei Jahren aufgrund verschiedener Umstände (Urlaub, dienstliche Verpflichtungen, Nichtstattfinden) nicht vergönnt gewesen, diese Veranstaltung zu besuchen, so konnte ich mich diesmal wieder im beschaulichen Vogtlanddorf Wohlbach einfinden und die neben dem Lord'sParty-Christmas Gig zweite musikalische Institution der christlichen Jugendarbeit im Oberen Vogtland unter die Lupe zu nehmen. Aufgrund vorgelagerter eigener musikalischer Aktivitäten genügte allerdings selbst die lordspartytypische Anfangszeitverzögerung nicht mehr ganz, um mich rechtzeitig zum Gigbeginn eintreffen zu lassen.
Last Resort waren also bei meiner Ankunft schon im vollen Gange. Die junge Band hatte etwas das Problem fast jeder jungen Band, nämlich dasjenige einer gewissen Inhomogenität des Sets. Zwischen dem alternativ angehauchten Gitarrenrock der Eigenkompositionen und den Covers "Rock Around The Clock" oder gar der Zugabe "Marmor, Stein und Eisen bricht" lagen musikstilistisch jedenfalls einige Welten, was das Publikum allerdings wenig zu stören schien. Auch in puncto Melodiesicherheit im Gesang muß an manchen Stellen noch etwas gefeilt werden, wohingegen das stimmliche Potential in einigen mehrstimmigen Arrangements sehr deutlich zutage trat. Spiel- und zusammenspieltechnisch erwies sich die Band ebenfalls als sehr fähig, woran nicht mal diverse Musiker- und Instrumentenwechselaktionen während des Sets was ändern konnten. Wenn es Last Resort schaffen, sich stilistisch auf eine Linie zu einigen, können sie auf dem schon erfolgreich gebahnten Weg von der simplen Schülercombo zur ausgereiften (und trotzdem eigenständigen) "erwachsenen" Band etliche Kilometerchen gutmachen. Zu intensivem Tanzvergnügen ließ sich das Publikum nicht hinreißen, aber man zollte Last Resort doch begeisterten Applaus.
Einmal Metaller, immer Metaller! Lebender Beweis für diese These ist Marc Piras, der nach seiner Beteiligung beim Treasure Seeker-Projekt (dessen "A Tribute To The Past"-CD während des Reviewschreibens einen passenden Hintergrund abgab) mit seiner eigenen Band Trust zunächst einige Gänge zurückschaltete und auf reinen Akustikrock setzte. Aber mittlerweile gibt es neben dieser Inkarnation von Trust noch eine zweite, bestehend aus den gleichen vier Musikern, aber stilistisch im recht traditionellen Metal arbeitend. Diese zweite Inkarnation stand zur Freude der metallischen Publikumsfraktion an diesem Abend in Wohlbach auf der Bühne und suchte sich eine gemütliche Nische zwischen Bloodgood und Seventh Avenue. Die Spielfreude, mit der das Quartett zu Werke ging, verdeutlichte, daß das alleinige Fortführen von Trust als Akustikrockband pure Talentverschwendung gewesen wäre. Einigen Songs merkte man zwar an, daß sie ursprünglich nicht als feister Metal, sondern eben als Akustikrock konzipiert und nur nachträglich mit E-Riffs angereichert worden waren, und an manchen dieser Stellen wäre ein derbes Power Metal-Riff sicher angebrachter gewesen als ein eher dahinschrammelndes halbalternatives Etwas. Aber über solche Passagen trösteten einen wieder andere beglückendere hinweg, und besonders die neuen, mit Hinblick auf die Stromverstärkung angelegten Tracks erwiesen sich als echte Power Metal-Kracher vor dem Herrn, endlose begeisternde Gitarrensoli von Marc und besonders seinem Kompagnon Hans inclusive. Aber auch Basser Johannes und Drummer Mark lieferten vollwertige Leistungen ab (daß letztgenannter schon nach dem ersten Song das Snarefell zerschlagen hatte, sprach Bände). An Marcs ausdrucksstarkem Gesang gab es außer der Tatsache, daß er etwas zu sehr in den Hintergrund gemischt worden war, ebenfalls nichts auszusetzen. Ein paar Covers hatten Trust natürlich auch im Gepäck, von denen Strypers "Makes Me Wanna Sing" als Closer des regulären Sets die ersten Reihen des Publikums förmlich zur Raserei trieb. Eine Zugabe war natürlich auch hier Pflicht.
Nach fast einer Dekade Existenz werfen Woodencross nunmehr das Handtuch und lösen sich auf. Sie spielten also ihren drittletzten Gig in Wohlbach (der endgültige Hammer fällt auf dem 2003er Freakstock), der aufgrund der Tatsache, daß ihre neue CD justament an diesem Tag aus dem Preßwerk kam, gleich noch zur CD-Release-Party umfunktioniert wurde. Während die Metalfraktion im Publikum nach hinten abwanderte, versammelte sich der U 20-Teil vor der Bühne und startete trotz der Tatsache, daß insgesamt diesmal nur etwa 250 Leute da waren und nicht 800 wie bei Snubnose vor zwei Jahren, recht wilde Mosh-, Hüpf- und Pogobewegungen. Woodencross' Wechsel zwischen Hardcore, Punk, Getröte, Ska und tausend anderen Stilen war und ist mir in der Gesamtbetrachtung allerdings zu konfus, um mich wirklich zu begeistern. Allerdings muß man der Band zumindest Mut bescheinigen, ein etwa zehnminütiges Monster wie "Jeder Tag", in dem so ziemlich jede der genannten Stilistiken vorkam, damit ein für Uneingeweihte so gut wie nicht mehr nachvollziehbares Konglomerat schaffend, überhaupt live zu spielen, zumal das Publikum in diesem Falle komplett aus Uneingeweihten bestanden haben dürfte. Die Band war übrigens zum Quintett angewachsen, nur hatte der Neuzugang Martin das Pech, soundtechnisch mehr oder weniger völlig unterzugehen, was doppelt schade war, denn das wenige, was man von seinem Saxophon, seiner Klarinette und seinen sonstigen Blasinstrumenten hörte, machte deutlich, daß er ein sehr fähiger Musiker ist. Von der Setlist her spielten sich Woodencross, wie sich das für einen Abschiedsgig gehört, quer durch ihre History, wobei das bekannte Material von "XXX" logischerweise einen Hauptteil bildete. Böse Zungen könnten behaupten, die im Vergleich zur CD (!) etwas lahme Umsetzung von "Temple" hätte ein Signal für die notwendige Bandauflösung abgeben sollen, aber mit einer furiosen Version von "Gandhi" (nein, ich erspare mir an dieser Stelle jegliche inhaltlichen Auseinandersetzungen mit den Songs - wen's interessiert, der lese das "XXX"-Review auf www.guc-area.de in Ausgabe 17) straften Woodencross solche Überlegungen Lügen. Der Zugabenteil beinhaltete natürlich das unvermeidliche "Fliegen", das vom Publikum größtenteils im Alleingang intoniert wurde, wie schon Snubnose anno 2001 erhielten auch Woodencross ein Blech leckeren Lord'sParty-Kuchen (der altruistisch mit dem Publikum geteilt wurde), und Daniel "Spencer" Meisingers Abschlußgebet markierte das Ende der lordspartybezogenen History dieser Band. Ich werde sicher auch posthum nicht zum Woodencross-Fan, aber die Truppe hinterläßt definitiv eine Lücke in der Szene.



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