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WACKEN OPEN AIR    02.-04.08.2001    Wacken
von Janet und Christian

(Wie immer kommen Christians Beiträge kursiv und die von Janet in Normalschrift.)
Das Wacken Open Air, das größte Heavy Metal-Festival der Welt, war in diesem Jahr jenseits von gut und böse. Wollte man vor wenigen Jahren die Besucherzahl noch auf 20.000 Leute beschränken, munkelte man diesmal von 35.000 Besuchern. Bereits am Donnerstagabend mußten die Reserve-Zelt- und Parkplätze in Anspruch genommen werden. Es war irre. Um nicht zu sagen: ZU viel. Im Ausgleich dafür gab’s viel zu wenig Klos. Auf einem Zeltplatz mit schätzungsweise 5.000 Menschen standen 10 Dixis. Auf dem Festivalgelände, wo sich zu Spitzenzeiten sicher an die 25.000 Leute tummelten, waren zwar etliche Pissrinnen-Wagen aufgestellt, aber für die Mädels nur ganze 5 Dixis. Wenn man jedesmal 1DM ausgeben wollte, konnte man zwar auch Wasserklos benutzen, mußte dafür aber trotzdem eine halbe Stunde anstehen. Leute, wißt Ihr eigentlich, wie ungesund das ist? Angesichts der Preiserhöhung von 20DM von einem Jahr aufs andere frage ich mich, wieso es in Wacken noch immer nicht hinhaut, eine zufriedenstellende Klo-Situation zu schaffen. Und wieso der Backstagebereich mit teuren Palmen verziert sein muß. Und wieso es Plastikbackstagekarten gibt, die in der Herstellung sicher auch ein nettes Sümmchen verschlingen, wenn die doch nur als Souvenir fungieren, weil man für den Einlaß ein Armbändchen aufweisen können muß. Für den Otto Normalverbraucher ist Wacken ein teures Pflaster geworden.
Die Atmosphäre war trotzdem gut. So viele friedliche Gleichgesinnte auf einem Haufen findet man eben nirgendwo sonst. Allerdings nervte es durchaus, wenn man zeitweise von einer Bühne zur anderen durchs Gedränge hindurch eine halbe Stunde brauchte.
Die Bühnenverteilung war in diesem Jahr ein bißchen verändert. Die vielfach kritisierte Unterteilung der 2 Hauptbühnen in „Black“- und „True Metal“-Stage war der Bezeichnung „Double Mega Stage“ gewichen und nur in I und II aufgeteilt. Die Hauptbühnen wurden abwechselnd bespielt. Die Party Stage stand an ihrem alten Platz und hatte ihr eigenes unabhängiges Programm, genau wie die Wet Stage, die um ein Vielfaches verkleinert und außerhalb des eigentlichen Bühnengeländes in ein Zelt verlagert worden war. Zu fiesen Überschneidungen kam es trotzdem wieder. Läßt sich einfach nicht vermeiden.
Die Zusammensetzung des Publikums, so hatte ich den Eindruck, hat sich in den letzten Jahren immer stärker vom reinen True Metal-Bereich in den Death / Black Metal-Sektor verschoben - beide Teile hielten sich in diesem Jahr in etwa die Waage. Dementsprechend sah es mit dem Billing aus.

FREITAG

CARNAL FORGE: Thrash Metal aus Schweden! Erst seit 4 Jahren gibt es diese Band, die gleichermaßen bösartig wie eingängig klingen und um die Mittagsstunde eine beachtliche Menschentraube vor sich versammeln konnten. Ganz feiner Stoff!
LACUNA COIL: Hätte ich die italienischen Gothic Metaller nicht vor 2 Jahren nochmal gesehen, sondern nur ihren 1998er Wacken-Auftritt in Erinnerung gehabt, hätte es mich vor Überraschung regelrecht umgeballert. Was für eine Entwicklung! Nichts ist mehr übrig von den schüchternen, gehemmten Jungs / Mädel. Das äußerst ansehnliche Sangesduo Andrea Ferro (männl.) und Cristina Scabbia (weibl.) fegte headbangend und anfeuernd über die Riesenbühne und hatte nicht den geringsten Anflug von Scheu. Begeisternd, lustvoll brachten sie ihre mal melancholischen, aber meist gute Laune verursachenden Songs unters Volk, das sie mächtig dafür abfeierte.
HOLY MOSES: Die wiedererstarkenden Thrasher setzten ihren Erfolg vom Full Force nahtlos fort. Auch hier in Wacken wußten Sabina & Co. die Banger zu begeistern. Die Band spielt sich immer besser aufeinander ein und die Begeisterung des Publikums wurde auf der Bühne regelrecht aufgesogen und kam von dort ungebremst in Gitarrensalven und mächtigem Gebrüll zurück. Beim Dead Kennedys-Cover „Too Drunk To Fuck“ schließlich bekam Sabina auf der Bühne sogar stimmliche Unterstützung von Deutschlands Rock-Lady Nr. 1 Doro Pesch, was man zwar sehen, aber leider kaum hören konnte.
NAPALM DEATH: Es war erst 15 Uhr, und schon stand einer der Publikumshighlights auf der Bühne. Für mich war es das dritte Mal innerhalb eines Jahres, daß ich die britischen Extrem-Deather live erleben durfte, deswegen will ich weiter gar nichts dazu sagen als daß es jedesmal die volle Granate war. Unerreicht und göttergleich! Wegen dem breiten Foto- und Security-Graben ist es in Wacken unmöglich, von der Bühne zu diven, also ließen sich die Fans mitten im Moshpit hochheben und zum Fotograben durchreichen, wo sie von netten Securitylern aufgefangen und höflich zum Seitenausgang komplimentiert wurden. Während des NAPALM DEATH-Gigs nahm dieser Sport erwartungsgemäß gigantische Ausmaße an. Hölle!
CAGE: Während nebenan Napalm Death lärmten, riskierte ich mal ein Ohr bei Cage. Vor der Party-Stage hielt sich die Begeisterung des Publikums leider ziemlich in Grenzen. Die melodische Mucke wurde sehr überzeugend dargeboten. Es wirkt nur immer ein klein wenig befremdlich, so große bärenstarke Kerle auf der Bühne zu sehen, die dann mit solch hohen Stimmen tönen. Irgendwie wollte der Funke zwischen Band und Publikum nicht so recht überspringen. Allerdings war der Sound auch nicht klar genug, um die vielen in den Songs versteckten Feinheiten gebührend zur Geltung zu bringen.
PRIMAL FEAR: Diese Band entwickelt sich mehr und mehr zu einer Institution und zu einer der wichtigsten Heavy-Bands Deutschlands. Nach dem nunmehr dritten Klasse-Album „Nuclear Fire“ haben die Jungs um Ralf Scheepers und Mat Sinner (im modischen Flammenhemd) genug Hammersongs im Gepäck, um auch das letzte ungläubige Ohr zu überzeugen: Wenn die alten Flaggschiffe schlingern (wo sind Judas Priest geblieben?), wenn ihr von euren alten Helden enttäuscht seid, gebt dem „Nachwuchs“ eine Chance! Hier kommt Primal Fear! Und was sie dieses Jahr in Wacken boten, kann man nur als das herrlichste metallische Inferno bezeichnen.
NASUM: Die drei Schweden waren vor kurzem erst mit Napalm Death auf Tour und begeisterten zahlreiche Grindcore-Fans. Jenseits von Gore- und Splatter-Lyrics bolzten, aber auch groovten sie sich vor einem erstaunlich großen Publikum vor der Party Stage in Ekstase. Kultig!
PAUL DI ANNO: Die Wacken-Organisatoren würzen ihr Festival auf unvergleichliche Weise immer wieder mit dem Ausgraben alter Legenden. Der erste Iron-Maiden-Sänger bekam Gelegenheit, sich mit seiner aktuellen Hintermannschaft dem Publikum der Double-Mega-Stage zu präsentieren. Naja, wie soll ich sagen. Bei alten Maiden-Klassikern wie „Running Free“ (schmatz lechtz sabber) und dem Kult-Song „Murders In The Rue Morgue“ kann man nicht viel falsch machen. Über weite Strecken des Gigs schlich sich beim Publikum jedoch eine gewisse Apathie ein. Paul nahm‘s nicht so schwer: „Ich weiß wir spielen wie Scheiße. Aber wir haben Spaß hier oben.“ Fazit: Gut nun. Die anwesenden Massen durften (die meisten sicher erstmalig) eine lebendige Legende nochmal sehen. Aber jetzt ist es ist Zeit aufzuhören, aus Vergangenem zu schöpfen, bevor die Selbstdemontage beginnt.
NEVERMORE: Das war der größte Begeisterungssturm der Massen, den ich auf dem ganzen W:O:A gesehen habe! Mit den Songs vom letzten Hammeralbum „Dead Heart In A Dead World“ hatten Nevermore das Publikum fest im Griff. Auch wenn mir persönlich ein wenig der Frickelfaktor der Vorgängeralben fehlt – da bin ich aber wohl der Einzige. Die gestiegenen Ohrwurmqualitäten taten ein übriges. Das Publikum rastete völlig aus, und hüpfte sich in Ekstase. Die Crowdsurfer mußten sich schon fast untereinander an die Straßenverkehrsordnung halten um nicht zusammenzustoßen. Dauernd hatte man irgendwelche Schuhe oder Hinterteile aufm Kopp. Aber im kollektiven Feier-Rausch machte alles einfach nur Riesenspaß.
OVERKILL: Wie erwartet (zumindest für mich Schreiberling ganz persönlich) einer der Höhepunkte: Overkill! Wie immer!! Jawoll!!! Wieso regen sich immer alle über Metallica auf, die inzwischen komische Musik machen? Wenn ihr die alten Helden liebt, dann hört euch gefälligst SÄMTLICHE Overkill-Scheiben an! Und vor allem, geht mal hin! Eine ewig junge uralte Thrash-Granate, oft verkannt, vergessen, verpaßt, eine Wahnsinns-live-Band. Objektives gibt’s nicht viel zu sagen. Overkill waren wie immer. (Und alle: Rotten - - - To The Core zwei drei vier eins zwei drei Rotten - - - To The Core!)
MORTICIAN: Die US-Amis überraschten mit progressivem Schlager. Besonders hervorstechend waren die gut durchdachten, filigranen Keyboardparts, die der Musik einen fernöstlichen Touch verliehen. Reizend: die wunderhübsche Sängerin, die axtschwingend über die Bühne tänzelte und sich aus Versehen einen Fuß amputierte - live! Am Baß: ein wildgewordenes Eichhörnchen. Der Drummer zerplatzte nach dem Gig. Es blieb nichts als ein grüner Fleck. Man weiß bis heute nicht, was aus ihm geworden ist. Was für ein Hammer-Auftritt! (Für alle Zartbesaiteten: Dieser Absatz ist etwas durch die Blume zu lesen. – Anm. rls)
HELLOWEEN: Man hat sich sowieso gewundert, wieso Helloween nicht schon viel eher mal Gast in Wacken waren. Der Gig kam routiniert, dem Status als einer der Headliner wurde man gerecht. Und bei Herrn Weikath fehlte selbstverständlich nicht die obligatorische Kippe im Mundwinkel. Die Stimme von Andi Deris erweist sich immer wieder neu als Glücksgriff für die Band, auch bei den Stücken älteren Datums wie z.B. „Eagle Fly Free“ (Andi-Ansage: „Ein Song aus der Zeit, als ich noch nicht in der Band, und nur Fan war!“), oder auch „How Many Tears“ (!). Somit wurde ein Best-Of-Programm durch fast alle Scheiben abgespult. Für mich persönlich hat sich allerdings die Enttäuschung vom neuen Album live bestätigt. Das neue Material hat mich irgendwie nicht entzündet. (Hurra, endlich mal jemand, der diesbezüglich meine Meinung teilt – der erleichterte rls)
THE HAUNTED: Und wieder eine Thrash-Granate aus Schweden! Ihr aktuelles, zweites Album „The Haunted Made Me Do It“ ist ein Prachtstück an Abwechlungsreichtum, obwohl es fast durchgängig voll auf die Zwölf haut. Allerfeinster Old School-Stoff mit einer wohldosierten Prise Neunziger-Sound wurde auch auf der Party Stage zur besten Mitternachtszeit präsentiert. Dazu kamen gehörige Portionen Spiel- und Bewegungsfreude, Lust an der Sache an sich und ein tierisch gut gelaunter Frontmann. Wie ein junges Kaninchen hüpfte er durch den Set, erst kurz vorm Ende konstatierte er schnaufend: „I’m too fat for this shit!“ Kleiner Minuspunkt: Mit den Worten „This one is for the ladies“ stellten THE HAUNTED ihren wohl melodiösesten Song „Hollowed Ground“ vor, um sich dann hinterher bei den „guys“ zu entschuldigen: „Sorry for the interruption ...“ Wie kommt man sich denn da vor als Frau??!!??

SONNABEND

CRYPTOPSY: Man mußte schon recht früh aufstehen, um die Kanadier live zu erleben, aber es lohnte sich. Ein irre großer Haufen Leute wußte das. Da wurde gebangt und getobt und sogar mitgegrunzt, was das Zeug hält. Extremer Death Metal scheint schwer auf dem Vormarsch zu sein. CRYPTOPSY bilden da aber nochmal eine eigene Kategorie, denn ihre technischen Fähigkeiten sind nicht so ganz von dieser Welt. Bei einer Million Breaks pro Song und Frickeleien zum Mit-offenem-Mund-dastehen war es schon ganz schön anstrengend, da eine Stunde lang zuzuhören, aber für meiner Mutter ihre Tochter ist das genau das Richtige. Phänomenal! Sänger Mike DiSalvo hielt wenig auf der Bühne. Oft sprang er in den Fotograben runter, feierte direkt mit dem Publikum. Ein atemberaubender Gig, der die nötige gute Laune für den Tag bescherte.
BRAINSTORM: Die armen Kerle mußten noch vor dem Frühsport auf die Bühne (um 12:00 Uhr!) und hatten nur Geschmackssache-Warhammer vor sich auf den Brettern. Hab ich grad arme Kerle gesacht? Quatsch, durften immerhin in Wacken spielen! Jedenfalls ist eins sicher: Diese Band wird mal ganz groß! Ihre Musik bietet wahrlich nichts Neuesnochniedagewesnes, aber hier wird mit einem Enthusiasmus, mit einer unbändigen Spielfreude, und mit Groove, Melodie und mit Elan dem guten alten Heavy Metal gefrönt, daß einem die Freudentränen hochsteigen. Das Ganze fand ich z.B. wesentlich überzeugender und sympathischer als die später folgenden Metalium. Und solche Stimmen wie die von Andy B. Franck gibt’s wahrlich nicht viele. Und schon gar nicht in solche Frontmannqualitäten gehüllt!
DARK TRANQUILLITY: Mikael Stanne ist ja als äußerster Sympathikus bekannt. Und so betrat er auch hier wieder unter tosendem Applaus mit einem breiten Grinsen die Bühne. Der Schweden-Sechser war nicht nur ein Augenschmaus für die Mädels, sondern auch ein solcher für die Ohren der angereisten Schweden-Death - Fans, wobei DARK TRANQUILLITY dieser Art Musik längst neue, eigene Facetten verliehen haben. Bis hin zum poppigen Ohrwurm ist alles dabei. Mikael Stanne stellt dabei einen der besten Frontmänner der Welt dar. Er fegt kilometerweit über die Bühne hin und her bis zu den äußersten Rändern, so daß ihn wirklich jeder mal zu Gesicht bekommt, und wenn er vor lauter überwältigender Freude mal ein Päuschen macht, hockt er sich grinsend zwischen seine Mannen und schüttelt völlig ungläubig über das feiernde Publikum den Kopf. In solchen Momenten könnte ich vor Freude heulen.
METALIUM: Sie wirkten erst einmal putzig, in ihren Plaste-Anzügen. Ziemlich viel Krempel auf der Bühne. Man hat viel von Kiss gelernt. Ich weiß immer nicht so recht: Ist das nun eine zusammengebaute Retorten-True-Metal-Band oder nicht? Das Publikum reagierte zunächst auch verhalten. Nach und nach sprang der Funke aber über. Die Mugge und die Präsentation läßt sich eigentlich nur zusammenfassen in: traditionell heavymetell. Sonderlich hängengeblieben ist in meinem Gedächtnis allerdings kein Song.
CREMATORY: An dieser Stelle sollten eigentlich die göttlichen Annihilator auf der Double-Mega-Stage I spielen, wo sie auch hingehört hätten. Aber irgendwer hat die seit Monaten in Auflösung begriffenen CREMATORY stattdessen auf die Bühne gesetzt. Ursprünglich war der Auftritt für Donnerstag vorgesehen, aber man hat es wohl nicht geschafft, pünktlich zu erscheinen. Naja, was sind schon zwei Tage unter Freunden. Ich hab aus Protest auf dem Absatz kehrt gemacht. Nach dem allerletzten Konzert der Band auf dem With Full Force folgte nun hier das – zugegebenermaßen bejubelte - allerallerletzte Konzert. Und es folgen noch ein paar allerallerallerallerletzte Konzerte (Augsburg, Osnabrück ...), falls irgend jemand immer nochmal die Band ein letztes Mal sehen will. Kein Kommentar!
ANNIHILATOR: Eins vorweg: für mich DAS absolute Highlight in Wacken 2001. Leider durfte die Band nur 45 Minuten auf die Bühne, noch dazu nach zahlreichen Terminverlegungen auf der kleineren Party-Stage. Was für ein Frevel! Da hätte man sich etliche Gurken auf der Hauptbühne stattdessen sparen können! Jedenfalls war beim Gig schließlich keine Zeit mehr zum Ärgern. Nach den unzähligen Besetzungswechseln wünscht man dem jetzigen Line-Up nur noch Beständigkeit, dann geht’s wieder ganz nach oben! Der Ex-Overkill-Gitarrero (auf der letzten gemeinsamen Tour kennengelernt und „ausgespannt“) entpuppte sich auch live als Klasse-Frontmann (neben der gesanglichen Leistung), und Jeff Waters brachte mit seinem unglaublichen Stakkato-Riffing den ganzen Pulk zum zucken und Fäusteschütteln, daß es eine Pracht war. Daumen hoch!
RAGE: Die aktuelle Besetzung scheint unschlagbar. Wieder zum klassischen Trio wie in den Anfangstagen geschrumpft lieferten Victor Smolski (im Fußball-Trikot??!), Mike Terrana und Peavy eine Klasse-Show und wurden auch entsprechend gefeiert. Die unglaublichen technischen Fähigkeiten der Musiker sorgten für allerhand offene Münder, auch wenn Soli bei einem ohnehin schon kurzen Festivalauftritt ruhig gespart werden könnten. Du liebe Zeit ist der Peavy dick geworden! Jaja, Wein, Weib und Gesang! (Von welcher der drei Komponenten wird man eigentlich dick? – Anm. rls)
SUBWAY TO SALLY: Im direkten Vergleich zum letztjährigen Auftritt fiel zunächst das immens gestärkte Selbstbewußtsein auf. War man sich 1999 noch nicht so ganz sicher, ob man zwischen die ganzen True-Metaller paßt, legten die Mannen und Frau Schmidt in diesem Jahr sofort siegesgewiß los und fegten mit einem furiosen Gig alles aufgesetzte Pathos, das noch auf der Bühne rumlag, hinweg. Die reichhaltige Show und die etwas andere Musik waren ein sehr willkommener Farbtupfer im Billing. Diese Band wächst und wächst und wächst, und zu recht!
GRAVE DIGGER: Gaben sich besonders viel Mühe wegen mitlaufendem Band für Live-Mitschnitt. Der Neuling Manni Schmidt („ausgebuddelter“ lange her-Rage-Gitarrist) fiel in keinster Weise als solcher auf. Es gab nix zu meckern, und abschließendes Ausrufezeichen war wie immer „Heavy Metal Breakdown“. Jawoll!
OPETH: Um halb elf abends war es endlich soweit: OPETH betraten vor prächtiger Vollmondkulisse die Party Stage. Ich persönlich kennen die Band erst seit einem halben Jahr, aber ich frage mich, wieso ich nicht früher auf die Schweden gestoßen bin. Sie vereinen alles, worauf ich so sehr abfahre: Progrock, Doom, Death Metal und einen Hauch Gothic, eine umwerfende Atmosphäre, ellenlange Songs, technische und kompositorische Meisterleistungen und eine Stimme, die einen in wollüstigem Schauder zu Boden gehen läßt. Ich hatte so sehr von OPETH geschwärmt, daß alle meine mitgereisten Freunde vor der Bühne versammelt waren und mein Bruder auf die Idee kam, die günstige Gelegenheit zu nutzen, um ein Gruppenfoto zu machen. Ich dachte, ich spinne! Doch nicht, wenn OPETH spielen! Da muß man doch hingucken! Es genügte schon, daß in den ruhigen Passagen Hammerfall von der Hauptbühne akustisch störend  zu uns durchdrangen. Am Ende waren wir alle gleichermaßen begeistert. Es blieben 5 Minuten Spielzeit übrig, aber so einen kurzen Song gibt es bei OPETH wohl nicht. Ach, es war so gigantisch, und es rechtfertigte meinen Kauf des sauteuren OPETH-Longsleeves vollauf. Das unangefochtene Highlight des Wochenendes!
HAMMERFALL: Ich lach mich nochmal über diese Pappmauern kaputt!
DEATH SS: Und dann nochmal Spaßiges aus Italien. Was da auf die Bühne stürzte, sah aus wie eine Mischung aus Umbra et Imago und Marilyn Manson, also schonmal zum Brüllen.. Aber die Musik, die sie spielten, war so gänzlich anders, als man es erwarten konnte, daß man völlig verwirrt doch stehenblieb und zuguckte. Es klang alles in allem ziemlich nach klassischem Metal, oder Heavy Rock, von mir aus, mit spacigem Touch zwar und äußerst melodisch, richtig gut tanzbar, aber trotzdem ganz unpassend zum Outfit. Als dann noch eine barbusige Tänzerin ins Geschehen eingriff, aber sich unerotischer, trampeliger bewegte als eine trächtige Kuh, und versuchte, dem Sänger die Domina zu machen, da konnte ich das nicht mehr ernstnehmen. Was war das? Kann mir das einer erklären?
MOTÖRHEAD: Diesmal bin ich nicht weggenippelt! Und mein Stehvermögen wurde belohnt! Der fleischgewordene Ur-Rock’n’Roll war wieder zu Besuch! Ich hatte ja befürchtet, daß das Original-Bomber-Stage-Set ein wenig lächerlich wirken würde. Hat es aber nicht! Das sah Klasse aus. Ein riesiges Flugzeug aus Alu-Traversen und -Gestänge senkte sich auf die Band herab und hob und senkte sich während des Gigs, was die Lichtshow ungemein bereicherte. Auch nach wasweißichwieviel Dekaden war das immer noch ein originelles und technisch beeindruckendes Show-Element. Und Motörhead selber – zumindest für mich – ein würdiger Abschluß.

Total müde, kaputt und dreckig wie immer zogen wir wieder von dannen, um die vielen Eindrücke in Ruhe zu verarbeiten. Im Kopf bleibt zunächst ein so großer Haufen Musik, daß man kaum noch alles überblickt. Das ist und bleibt ein Problem solcher Mega-Veranstaltungen. So mancher würde mit Sicherheit lieber dreißig Mark weniger pro Ticket löhnen, und dafür das meiste von dem, wofür er bezahlt, auch sehen. Neben den vielen großen musikalischen Erlebnissen und dem Wacken-Spaß bleibt als fader Beigeschmack das allgegenwärtige unglaubliche Gedränge. War es bei den bisherigen Besucherzahlen um die 20.000 immer noch ganz angenehm überall, so konnte man sich diesmal kaum auf dem Gelände von einer Bühne zur anderen bewegen und mußte so manchen Gig von der dritten Pommesbude aus verfolgen, weil man weiter nicht nach vorn kam. Diese Massen an Menschen drückten den Wohlfühlfaktor nach unten. Wo ist die viel verkündete Begrenzung der Besucherzahl geblieben? Nichtsdestotrotz bleibt Wacken Wacken und das Heavy-Metal-Mekka. Aber wenn die Veranstalter nicht aus diesem Jahr etwas lernen und sich das ganze selber tottrampelt, fahr ich nich mehr hin. Naja, jedenfalls nicht jedes Jahr. Wahrscheinlich.
 






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