www.Crossover-agm.de CAGE: Astrology
von rls

CAGE: Astrology    (Omega Records)

Nanu, habe ich die falsche CD eingelegt? Ein Tempo wie in "Final Solution" hatten sich Cage auf ihrem midtempolastigen "Unveiled"-Debüt allenfalls mal von ganz ferne angeschaut, und nun sprinten sie dahin, als wollten sie in den 100m-Endlauf von Sydney vordringen. Aber spätestens sobald Sean Peck zu singen beginnt, kann die Identifikation erfolgreich abgeschlossen werden, und mit dem folgenden "Psychotically Deranged" kehren Cage zu ihrem gewohnten Massivtempo zurück, das sie allerdings bei einigen weiteren Songs (z.B. "Echelon") auch wieder nach oben schrauben, damit einen Grad an Abwechslung erzeugend, der dem etwas zu gleichförmigen "Unveiled" abging. Ihrem an Savatage oder auch Metal Church zu Mittachtziger-Zeiten erinnernden Power Metal sind die fünf Amis erwartungsgemäß treu geblieben, die Gitarrenfraktion schüttelt sich gleichermaßen effektive (wenn auch nicht unbedingt originelle) Riffs wie phantasievolle Überleitungen und flitzefingernde Soli aus den Griffbrettern, und wie bereits erwähnt, klingt Sean Peck immer noch nach Sean Peck und singt sich in hauptsächlich höheren Lagen durch die Lyrics, die Gesprächsstoff en masse bieten, denn es handelt sich um ein Konzeptalbum zum Thema Astrologie. Dem die weisheitserzeugenden Möglichkeiten der Astrologie bejahenden Intro folgen 12 Songs, von denen sich jeder mit Elementen einzelner Tierkreiszeichen auseinandersetzen soll (so steht's im Info). Zwar bin ich kein Experte auf diesem diffizilen Gebiet, aber Peck scheint differenzierte Ansichten zu vertreten, die nichts mit der Gleichmacherei der Horoskope aus der BILD-Zeitung zu tun hat. Statt dessen tauchen in "Root Of All Evil" die Illuminaten auf, mit der Plutokratie eben die Wurzel alles Bösen in der Hand haltend und als Lichtbringer nicht unbedingt taugend. Fragen wie die in verlassenen Situationen häufig gestellte "Where is GOD?" (in "Final Solution") kann die Astrologie allerdings auch wieder nicht beantworten, denn mit dem Reduzieren von Wissen und Weisheit auf astrale Konstellationen wird einem Beliebigkeitsprinzip Tür und Tor geöffnet, das sämtliche Philosophie augenblicklich zur puren Astronomie (!) verkommen läßt, mathematisch berechenbar, eindeutig voraussagbar und aufgrund von Gesetzen empirisch beleg- sowie beherrschbar. Möglich, daß mich in 200 Jahren jemand widerlegt, aber momentan entspricht dieses Bild nicht der Realität, und das abschließend behandelte Buch "The Astrologicon" ist auch nicht der Schlüssel zur Weisheit, selbst wenn es in einer papistischen Geheimbibliothek lagern sollte (dann wären der katholischen Kirche nämlich nicht solche Fehlschläge wie die Subversion durch den Protestantismus passiert). Stoff zum Nachdenken also; Peck (bevor das jemand in den falschen Hals bekommt) äußert Meinungen und hält keine Hochschulvorlesung, was mit der nicht übermäßig verkopften Musik Hand in Hand geht. Interessante Ideen sind gleichermaßen musikalisch wie lyrisch anwesend, und jetzt brauche ich eigentlich nur noch jemanden, der mir die Schriftzeichen auf dem Cover des abgebildeten versiegelten Buches vorliest. Vielleicht bieten sie einen aufschlußreichen Zugang zur geistigen Welt, die doch so ganz und gar nicht pur astral über unserem Leben schwebt und an deren Pforte Denker Peck hier schon mal leise kratzt.





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