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HAARUS LONGUS SATANAS? - Teil 11: ... DIE FAHNE HOCH ...
von rls

Zwei kleine Nachträge zu Teil 10 machen sich nötig. Zum ersten wurde Absurd-Gitarrist Hendrik Möbus, dem aufgrund fortgesetzter Aktivitäten im rechtsradikalen Umfeld die Bewährung auf die Reststrafe entzogen wurde und der daraufhin untergetaucht war, einige Zeit nach Redaktionsschluß in den USA festgenommen, wo er sich bei einem der dortigen rechtsradikalen Szene zugehörigen Bombenbastler aufgehalten hatte. Im September 2000 beantragte er politisches Asyl in den USA; über den Antrag wurde bis zum Redaktionsschluß der CrossOver-Ausgabe 3/00 noch nicht befunden. Fest steht jedoch, daß damit die Aktivitäten der Originalbesetzung von Absurd vorerst unterbunden sind, was jedoch das Agieren einer Formation unter dem gleichen Namen, aber mit veränderter Besetzung nicht ausschließt und somit auch der gerüchtete No Colours-Vertrag keinesfalls aus der Welt sein muß. Zum anderen ist im Zusammenhang mit Slayer auch noch kurz auf deren zweiten Gitarristen Kerry King einzugehen. King ist bereits seit längerem als eingefleischter Nationalpatriot bekannt (was prinzipiell nichts Besonderes darstellt - jeder zweite US-Amerikaner ist so). So bezeichnete ihn Matthias Herr ("Heavy Metal Lexikon" Vol. 1, S. 157) als "'True American' ..., der noch auf dem Klo mit erhobener Faust das aus dem Kofferradio erklingende 'Born In The USA' von Bruce Springsteen mitgröhlt", womit er, wenn er’s denn tatsächlich tut, unter Beweis stellt, kein Feingefühl für die USA-kritischen Untertöne des Songs zu haben (auch darin unterscheidet er sich allerdings nicht von jedem zweiten Amerikaner). Napalm Death-Sänger Barney Greenway griff King im RockHard-Interview (Heft 10/00, S. 26f.) allerdings hart an: Er sei mittlerweile politisch rechtsaußen gelandet und würde keine Gelegenheit auslassen, auch darüber zu sprechen. Deswegen sei ihm auf der neuen Napalm Death-CD "Enemy Of The Music Business" der Song "C.S. (Conservative Shithead) Part 2" gewidmet. Interviewer Jan Jaedike ergänzte, daß King vor einigen Jahren mit einem T-Shirt des Rechtsaußen-US-Plattenlabels Resistance Records herumgelaufen sei. Man sollte King also mal etwas genauer unter die Lupe nehmen, allerdings muß man ihm zugute halten, daß seine Texte für Slayer meines Wissens keine rechte Propaganda enthalten.

Aus den Sümpfen der USA ...

Bleiben wir gleich noch ein bißchen in den USA: Morbid Angel hatten sich für ihre alten Platten ein für die damalige Zeit (Ende der Achtziger/Anfang der Neunziger) relativ krasses satanisches Image zugelegt. Um 1993 begann Sänger/Bassist David Vincent dann aber, rechtsorientierte Statements von sich zu geben, die in der Szene für einigen Wirbel sorgten. Als Auslöser dieser Wirbel wird vielerorts das Interview im RockHard 5/93, S. 20f. genannt, was aber nicht korrekt ist, da Vincent auch hier reihenweise satanische Statements abgibt, sich aber von nazistischen Ausprägungen distanziert. Für Unmut sorgten hierzulande auch Geschehnisse auf der gemeinsamen Tour von Morbid Angel mit Kreator in den USA 1995, von denen Kreator-Mille berichtete. Vincent hatte dem Kreator-Sänger untersagt, einen Fan aus einer Halle zu verweisen, weil dieser den Hitlergruß gezeigt hatte (der in den USA nicht unter Strafe steht). Herr ("The Black Metal Bible", S. 380 ff.) beschreibt Vincent als intelligenten und sympathischen, aber kurz vor dem Größenwahn stehenden Menschen, und von dort ist es bis zur Ansicht, man sei mehr wert als die Mitmenschen, zumal wenn diese "anders" sind, tatsächlich nur ein winziger Schritt. Jedenfalls boykottierte ein Teil der deutschen Metal-Fachpresse die Band bis 1998. 1996 hatte Vincent die Band verlassen, um als Bassist bei den Genitortures, mit deren Sängerin er zusammenlebt, mitzuwirken. Seither gilt Gitarrist Trey Azagthoth als alleiniger Bandkopf, und dessen Gedankenwelt ist, soweit mir bekannt, nicht nur frei von allen rechten Anwandlungen, sondern darüber hinaus im tiefgehenden Sinne, auch im religiösen Sektor, hochinteressant. Allerdings stieg David Vincent 2004/2005 wieder bei der Band ein; etwaige neue "Ausfälle" sind mir bisher aber nicht zu Gehör gekommen.
Iced Earth hatten 1991/92 das Problem, nach dem Ausstieg von Gene Adam kurzfristig ohne Sänger dazustehen, obwohl der nächste Studio-Termin bereits vor der Tür stand. John Greely, der daraufhin in die Band kam, erwies sich als erstklassiger Sänger, aber auf der 92er Europatour kam seine rassistische und antijüdische Einstellung immer stärker zum Vorschein. Bandkopf Jon Schaffer beschloß daraufhin, mit der kompletten Band das KZ Dachau zu besuchen, um eventuell einen Erziehungseffekt bei Greely zu erzeugen, aber der Schuß ging nach hinten los, und besonders die Spannungen zwischen dem Sänger und dem jüdischen Keyboarder nahmen überhand. Konsequenterweise wurde Greely nach Tourende aus der Band geworfen. Jon Schaffer brachte im RockHard Heft 5/95, S. 66ff. die Sache auf den Punkt: "Die Sache war sehr traurig, weil John der beste Sänger war, mit dem ich jemals zusammengearbeitet hatte, aber es ist nicht in Ordnung, einen Rassisten in der Band zu haben." Daß Schaffer selbst anno 2004 aufgrund der Texte des Iced Earth-Albums "The Glorious Burden" in eine rechte Ecke gestellt wurde, kann man allerdings als bloßen Unsinn werten, in die Welt gesetzt von Leuten, die nicht zwischen Patriotismus und Nationalismus unterscheiden können (Iced Earth sind zweifellos patriotisch, aber keineswegs nationalistisch).
Nachdem Brett Hoffmann Malevolent Creation verlassen hatte, übernahm Bassist Jason Blachowitz auch den Gesang. Erstmals ist er auf der Platte "Eternal" von 1995 zu hören und machte sich unbeliebt, indem er dem Song "They Breed", der eine sich rapide ausbreitende und dadurch die Zukunft der Menschheit gefährdende Population beschreibt (wobei der normal denkende Mensch Killerbienen oder Heuschrecken dahinter vermutet) und die Lösungsempfehlung gibt, die einzelnen Mitglieder der Population sollten sich gegenseitig auslöschen, kurzerhand noch eine Zeile hinzufügte, die im Booklet nicht mit abgedruckt ist: "Die, fucking niggers!" Daß der gesamten Band daraufhin eisige Winde entgegenwehten, ist klar. Blachowitz begann einige Zeit später, T-Shirts des Ku-Klux-Klan zu tragen, wonach für Bandkopf Phil Fasciana das Maß endgültig voll war. Er verpaßte Blachowitz eine Tracht Prügel und warf ihn aus der Band. Blachowitz spielt heute bei einer Band namens Divine Empire, ist allerdings mitunter auch wieder im Kontext von Malevolent Creation zu hören.

Nazi Network

Bei den bisher Genannten handelt es sich um Bands, in denen lediglich Einzelmitglieder rechte Anschauungen an den Tag legten. Aber es gibt wie in Deutschland, so auch in den USA ein Netzwerk explizit rechter Bands, in dessen Zentrum die bereits genannte Plattenfirma Resistance Records zu finden ist. Einen ausführlichen Bericht über die Aktivitäten dieses Netzwerkes erstellte William Shaw; eine deutsche Übersetzung gibt’s in RockHard 3/96, S. 34ff., und 4/96, S. 50ff. nachzulesen. Obwohl dieser Bericht also nicht ganz aktuell ist, bezweifle ich, daß das Netzwerk seine Aktivitäten entscheidend reduziert hat - eher ist das Gegenteil zu befürchten.

The Power Of The Pen

Stichwort Magazine: 99% aller Rockmagazine sind politisch in der neutralen Mitte bzw. eher links anzusiedeln, und sie achten auch darauf, daß keiner ihrer Mitarbeiter diese Linie torpediert. Das letzte Prozent bekommt man definitiv nicht am Kiosk oder an sonstigen Orten, wo man sich auch als nicht im rechten Netzwerk Eingebundener aufhält. Leider haben von den genannten 99% einige die Angewohnheit, zweifelhafte Statements interviewter Musiker nicht oder nur ungenügend zu hinterfragen. Gerade im Black Metal-Bereich, wo sich sowieso zahlreiche Bands ein sehr extremes Image zugelegt haben, fallen nicht selten martialische Sprüche, äußern selbst tiefer denkende Beteiligte elitäre Phantasien, die durchaus eine bedenkliche Affinität zur Rechtsradikalität aufweisen. Als Feindbild gilt in solchen Fällen nicht selten "der Christ" im allgemeinen, was deutliche Parallelen zum seit Jahrhunderten geprägten, aber erst seit 1933 organisiert militant bekämpften Feindbild "der Jude" aufweist. Beispiele anzuführen erspare ich mir - wer welche sucht, kaufe sich am Kiosk ein beliebiges Heft des Legacy-Magazins, und er wird garantiert mindestens zweimal fündig. Apropos Legacy: Besonders bei diesem Magazin fallen mir gelegentliche Diskrepanzen zwischen den antifaschistischen Lippenbekenntnissen der Redaktionsleitung und ebensolchen faschistoiden Statements ins Auge. Damit meine ich jetzt nicht das (differenziert dargestellte) Graveland-Interview in Nr. 1, sondern beispielsweise das Livereview von Diana Glöckner über einen Gig von Nargaroth und Dies Ater in Heft Nr. 3, S. 140. Ich zitiere: "... Co-Headliner DIES ATER, die gegen Ende ihres Auftritts mit so markigen Ansagen wie 'Und jetzt kommt ein schöner Song über das Judentum!' o.ä. aufwarteten ... Wenn die Band ihr Forum auf der Bühne benutzt, um eine derartige Intoleranz und Borniertheit zu präsentieren, dann habe ich allemal das Recht, meine Intoleranz bezüglich solcher Sprüche zu zeigen, indem ich sage, daß ich für ein musikalisches Review ihres Auftritts kein einziges Wort verschwenden möchte." Soweit, so gut, allerdings sei eingeworfen, daß auch Frau Glöckner nicht zu den Personen gehört, die kritisch hinterfragend tätig werden, wenn eine Band das Feindbild "Judentum" durch "Christentum" ersetzt. Und um konsequent zu sein, hätte eigentlich auch kein musikalisches Wort über Nargaroth fallen dürfen, denn deren politischer Status ist, wie in Teil 10 nachzulesen, auch nicht gerade unbedenklich, und zudem coverten sie an jenem Abend Songs von Burzum (über die später mehr) sowie von Graveland (die bereits in Teil 10 behandelt wurden), die beide gleichfalls nicht gerade in der politischen Mitte lagern. Dagegen wurde beispielsweise Thor Wanzek seiner Verantwortung gerecht, als er in Legacy Nr. 2, S. 56f. einen Trennungsstrich zwischen heidnisch-nordischen und faschistoiden Lebensauffassungen zog. Für das bevorstehende Heft Nr. 10 hat die Redaktion eine ausführliche Abhandlung des Sujets "Heavy Metal und Faschismus" angekündigt, auf die man gespannt sein darf.

Odin wartet ...

Naturgemäß ist die heutige Öffentlichkeit, wenn altgermanisches und/oder altnordisches Gedankengut zum Zuge kommen, sehr schnell dabei, Parallelen zur Rechtsradikalität zu ziehen. Bekanntermaßen hatten sich die Nationalsozialisten, allen voran Chefideologe Alfred Rosenberg, gern und oft bei dem bedient, was sie diesen gedanklichen Richtungen für ihre Zwecke entnehmen konnten. Eine pauschalisierte Verurteilung dieses Gedankenguts ist nun aber das Falscheste, was man tun kann (konsequenterweise müßte dann auch die Kirche eine rechtsradikale Organisation genannt werden, da Teile von ihr mit den Nationalsozialisten kollaborierten), wird aber nichtsdestotrotz gerne postuliert. Es handelt sich um sehr heikle Themen, die durch Vielschichtigkeit glänzen und in ihrer endgültigen Ausprägung nur von sehr wenigen Denkern durchdrungen werden können. Leider gehören viele Bands, die sich entsprechendes Gedankengut zur Verarbeitung vorgenommen haben, genausowenig zu diesen Denkern wie die o.g. Pauschalverurteiler. Es kann hier allerdings gesagt werden, daß 90% der sogenannten Viking Metal-Bands (nicht zu verwechseln mit dem bisweilen synonym für nordisch-nationalsozialistische Bands gebrauchten Terminus Wikingerrock) problemlos einen "Politisch unbedenklich"-Stempel aufgedrückt bekommen können.
Nichtsdestotrotz gibt es natürlich auch in Skandinavien genügend rechtsorientierte bzw. -radikale Musiker, die sich des Überlegenheitsgedankens der "Arier" angenommen haben (man erinnere sich: Die stringentesten Rassenforschungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die auch den höchsten Anteil "nordrassischer" Menschen hervorbrachten, wurden in Norwegen durchgeführt, wo die "graue Eminenz der Rassenforscher", Hanns F.K. Günther, seit Anfang der 20er Jahre wohnte). Dazu gehört beispielsweise Hank Amarillo alias Fenriz von Darkthrone, deren 94er Platte "Transilvanian Hunger" den Zusatz "Norsk Arisk Black Metal" verpaßt bekam und der um etwa dieselbe Zeit auf einer Platte (ich weiß nicht mehr, ob von Darkthrone oder von seinem Soloprojekt Isengard) den Spruch aufdrucken ließ, daß jeder, der diese Platte nicht gut fände, damit rechnen müsse, gemäß seiner jüdischen Gesinnung behandelt zu werden. Als pubertären Ausrutscher kann man das nicht mehr bezeichnen (Fenriz ist Jahrgang 71), die Vertriebe in mehreren Ländern weigerten sich, die Platte auszuliefern, und große Teile der Presse boykottierten Darkthrone fortan. Seither unterläßt Fenriz solche plakativen Äußerungen weitgehend, aber von einem tatsächlichen Gesinnungswandel möchte ich dennoch nicht ausgehen. Mit einem solchen ist auch bei Varg Vikernes alias Count Grishnakh von Burzum nicht zu rechnen, der seit 1993 für den Mord an seinem ehemaligen Freund Euronymous (Mayhem) im Gefängnis sitzt und sich nicht nur dort, sondern schon vorher arischen Herrschaftsphantasien hingab/-gibt, die alles, was irgendwie anders ist als er selbst, als minderwertig hinstellen. Matthias Herr hat sich in der "Black Metal Bible", S. 121ff. ausführlich mit Burzum auseinandergesetzt, weshalb ich Interessierte dorthin verweise. Ein von Herr angeführtes Zitat von Vikernes aus Deftone Nr. 1 sei hier allerdings nicht unter den Teppich gekehrt: "Ich habe absolut kein Interesse an irgendwelchen Bands. Mit Ausnahme von Burzum und Darkthrone. Beide spielen norwegische 'Folk-Musik', die transzendental und verzerrt gemacht wurde. Alle Black Metal-Bands hingegen spielen einen musikalischen Stil mit Wurzeln im Blues. Ich höre nur nordisch-germanische oder germanische Musik. Ich finde es nicht notwendig, darzulegen, warum die Ursprünge des Blues, und daher Rock, nicht dazugehören." Mal abgesehen davon, daß die Kategorisierung von Darkthrone völlig an den Haaren herbeigezogen ist, versuchte Vikernes, ab der 1997er Burzum-Platte "Daudi Baldrs" diese Ansicht in die Realität umzusetzen, und spielt seither reine Synthie-Musik, wobei er allerdings vergißt, daß es auch in deren Entwicklungsgeschichte genügend nichtarische Protagonisten gegeben haben dürfte.
Kurz noch ein Ausflug zum sogenannten "Inner Circle", von Herr (a.a.O., S. 122) als "Satanischer Zirkel" bezeichnet und angeblich mit einer wohl nur in Euronymous’ Gedankenwelt existierenden "Black Metal Mafia" in Zusammenhang stehend. Das war ein mehr oder weniger lockerer Zusammenschluß Black Metal-Interessierter (also sowohl Musiker als auch Fans), der um 1992/93 in Norwegen bestand und sich nicht nur die Re-Heidnisierung der norwegischen Gesellschaft zum Ziele gesetzt hatte (wozu man eine Reihe Kirchen ansteckte), sondern auch das Ziel verfolgte, den Death und Black Metal von den "nicht genügend satanischen" Elementen zu befreien. Leidtragende waren u.a. die britischen Gothic Death-Metaller Paradise Lost (bzw. deren Tourbus) sowie Christoffer Johnsson von Therion, dessen Haustür angezündet wurde. Nachdem Euronymous ermordet und Varg Vikernes ins Gefängnis befördert wurde, scheint der Zirkel zerfallen zu sein, zumal einige weitere Mitglieder wegen Brandstiftung und ähnlicher Vergehen verhaftet wurden. Die übrigen konzentrierten sich dann wieder aufs Musikmachen bzw. -hören. Inwieweit eine Vereinigung mit dem Namen "Black Metal For White People" (nicht die aus Polen wohlgemerkt) mit dem Zirkel in Verbindung stand, ist mir nicht mehr erinnerlich.
Eine reichlich unangenehme Ablegerband von Emperor taufte sich Zyklon B und zeigte sich laut dem bei Herr (a.a.O., S. 578) zitierten Bandinfo "inspired by massmurders and other anti-human things". Das reicht als Grund, sie zu meiden, eigentlich auch schon aus, zumal die musikalischen Ergüsse laut Herr qualitativ mehr als dürftig ausgefallen sind. Die Ungeschicktheit des Bandnamens hat die nach etlichen Jahren Aufeisliegens reaktivierte Truppe mittlerweile selbst eingesehen, man heißt jetzt nur noch Zyklon und zeigt sich auch textlich etwas gereifter (man lese hierzu das Interview in Legacy Nr. 9, S. 18f.), wenn auch immer noch sehr nihilistisch.

From The Black Forest ...

Extrem nihilistisch gehen auch Vilkates zu Werke, mit denen wir wieder in Deutschland gelandet wären. Das Quartett besitzt absolut keinen Blick für die Schönheiten seiner erzgebirgischen Heimat und geht lieber mit Sprüchen wie "Wir sind mit unserem Leben erst zufrieden, wenn es kein Leben mehr gibt!" (Interview im G.U.C. Nr. 14, S. 79) hausieren, muß sich damit allerdings den polemischen Einwurf gefallen lassen, daß es dann doch am einfachsten mit der eigenen Auslöschung beginnen könnte, um eine bessere Zukunft zu gewährleisten. Scherz beiseite: Auf dem Debüt "Angeldust And Blasphemy" stand ein Song namens "Jewclan", in dessen Intro ein betender Rabbiner erschossen wird. Auch hiermit befaßte sich das G.U.C.-Interview: "Der Song 'Jewclan' ist eine reine Gotteslästerung und nichts anderes. Viele Leute haben ihn falsch interpretiert und einige haben sogar behauptet, wir wären eine Nazi Band. Diesen Leuten wollen wir sagen: Lernt endlich lesen und verstehen! Wir haben mit Politik nichts zu tun." Ich weiß nicht, ob der Platte ein Textblatt beiliegt. Falls nicht (man versteht den Text bei Black Metal-Bands naturgemäß recht schwer), zeigt sich die Band hier genauso eingebildet und selbstherrlich wie die Anzahl von Black Metal-Fans, über die sie sich drei Fragen später aufregt. Eigentlich schon wieder ein Grund zum Schmunzeln ...

Wir haben uns bisher bei der Untersuchung fast ausschließlich in der Heavy Metal-Szene aufgehalten. Daher sei hier noch einmal betont, daß es in JEDER musikalischen Stilrichtung rechtsorientierte bis -radikale Bands bzw. Musiker gibt. Eine Auseinandersetzung mit der Neuen Deutschen Härte oder der Neuen Slowenischen Kunst soll hier nicht erfolgen, da hierzu in Wolf-Rüdiger Mühlmanns Buch "Letzte Ausfahrt: Germania" genügend Material vorliegt. Abschließend sei noch ein ganz kurzer Blick in die Gothic-Szene geworfen, die seit Mitte der 90er Jahre unter dem Deckmäntelchen des Neuheidentums immer öfter von Rechtsradikalen unterwandert wird. Dem will unter anderem eine Vereinigung namens "Gruftis gegen Rechts" einen Riegel vorschieben, und bei Vorhandensein eines öffentlichen Podiums wird die Abgrenzung gegenüber rechten Elementen oft und gerne vorgenommen. Hier und da schießt man aber übers Ziel hinaus. So weigerte sich die Band Death In June, an einer Aktion gegen die rechten Tendenzen in der Gothic-Szene teilzunehmen, da sie argumentierte, Musik und Politik generell trennen zu wollen. Im Stile einer totalitären "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns"-Haltung galt die Band seither pauschal als rechtsradikal, ohne daß man es noch für nötig hielt, die Texte oder sonstige Aussagen unter die Lupe zu nehmen. Recht undurchsichtig sind die Geschehnisse rund um Josef Maria Klumb von Forthcoming Fire bzw. Weissglut, aber hier kann ich von meinem derzeitigen Kenntnisstand aus sagen, daß fast alle, die sich zu diesem Themenkreis bisher geäußert haben, nur ein mehr als oberflächliches Bild gezeichnet haben (sowohl die Stimmen aus der linken als auch die aus der rechten Ecke). Ich werde zu diesem Thema allerdings keine weitergehenden Aussagen machen, da ich Klumbs Autobiographie "Leicht entflammbares Material" noch nicht gelesen habe, die meines Erachtens für eine ganzheitliche Betrachtung notwendig ist. Nur soviel: Ich halte Klumb vom Erkenntnisstand beim Schreiben dieses Artikels her prinzipiell nicht für einen Nazi.

Fazit

Unsere kleine Reise durch die (angeblich oder tatsächlich) gemeinsam von Rockern und Nazis bestellten Felder ist damit zu Ende. Sie mußte unvollständig bleiben, da es einerseits eine Fülle von Beispielen gibt, andererseits sich immer neue Erkenntnisse über vergangene Geschehnisse ergeben und schließlich die einzelnen Bands auch immer wieder Veränderungen unterworfen sind: Sie lösen sich auf, formieren oder orientieren sich um, oder es kommt zu Neugründungen.
Zusammenfassend sei nochmals wiederholt, daß der Löwenanteil aller Rockmusiker (und auch aller übrigen Musiker, selbst der Oi!-Skins, wenn er dort auch etwas geringer ist) fest auf demokratischem Boden steht. Die nicht selten zu hörende pauschalisierte Gleichsetzung von Rockmusik und Faschismus ist daher anmaßend und sachlich durch nichts zu begründen. Die Notwendigkeit, unterwanderische Tendenzen von rechts (oder auch von ultralinks) so gut wie möglich in die Schranken zu weisen, besteht allerdings sehr wohl fort.

In "Haarus Longus Satanas?" - Teil 12 geht's an dieser Stelle weiter.



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