|
Matthias Herr: The Black Metal Bible
von rls anno 1999
Jetzt ist der rls endgültig
abgedreht, wird der eine oder andere von euch möglicherweise denken.
Antichristlich ausgerichtete Literatur beim CrossOver zu rezensieren, ja
anzupreisen ... Gemach, gemach, liebe Schubladendenker, diese Zeilen haben
für ein kleines Häuflein der Leserschaft durchaus ihren Sinn,
und die augenfälligste "Blasphemie", der Terminus "Bible" im Titel,
stellt sich bei näherer Betrachtung auch keinesfalls als solche dar
(der griechische Begriff "biblos" bedeutet schlicht und einfach "Buch").
Also, was ist drin im neuesten
Werk aus dem Hause Herr? Kurz gesagt: Vorstellungen von Hunderten Black
Metal-Bands. Vor dem Problem stehend, was denn nun Black Metal sei bzw.
wie man ihn zu definieren oder abzugrenzen habe, beschloß der christlichen
Positionen nahestehende, aber konfessionslose Autor, das Spektrum sehr
weit zu spannen und sich nicht nur auf die absoluten satanischen Finsterlinge
zu beschränken, sondern auch haufenweise abgestufte Düsterlinge
zu berücksichtigen, sofern die letztgenannten soundliche Affinitäten
oder personelle Identitäten mit erstgenannten aufweisen. So fanden
beispielsweise auch In Flames (des Kreischgesanges halber - spielen sonst
eher modernen Melodic Speed ohne satanische Texte) oder Wongraven (Projekt
der Hardliner Satyr [Satyricon] und Ihsahn [Emperor], das allerdings mit
Metal gar nix am Hut hat, sondern norwegische Folklore bietet) den Weg
ins Buch. Hin und wieder wurde meiner Meinung nach das Ziel aber verfehlt,
z.B. wenn Metal Church in diesem Buch auftauchen, weil deren Debütscheibe
"... von einer faszinierend dunklen Atmosphäre" lebe, die ich auch
nach hundertmaligem Durchhören dieser genialen Scheibe nur beim Intro
des Openers "Beyond The Black" ausmachen konnte - selbst der Epic "Gods
Of Wrath" ist eher romantisch als finster, satanische Texte sind völlig
Fehlanzeige, und musikalisch haben Metal Church mit sagen wir mal den alten
Bathory so viel gemeinsam wie Richard Wagner mit den Spice Girls. Ansonsten
zerrte der Autor auch kiloweise mir völlig unbekannte Bands aus der
Dunkelheit, um deren Material mal bei Lichte zu betrachten, und steht dem
geistigen Sondermüll, den diverse Black Metal-Musiker gerne und immer
wieder ablassen, beileibe nicht kritiklos gegenüber, wie zahlreiche
Einlassungen und Kommentare beweisen (hätte Matthias alle Statements
dieser Sorte kommentiert, wäre das Buch doppelt so dick geworden -
dies nur, falls jemand fragen sollte, warum eine Aussage von Musiker X
aus Band Y kommentiert wurde, eine gleichlautend hirnrissige von Musiker
Z aus Band W aber nicht).
Bleibt die Frage, wer von
den CrossOver-Lesern dieses Buch nun im Schrank stehen haben muß.
Fans des Autors gehören auf alle Fälle dazu, denn Matthias' Schreibstil
ist immer noch genauso bombastisch wie für die breite Masse unverdaulich.
Wer sich in der Jugendarbeit auch mit Jugendlichen befaßt, die Black
Metal im weitesten Sinne hören, findet hier ein unentbehrliches Nachschlagewerk
vor, dessen Wissensballung über dieses musikalische Areal absolut
einzigartig ist (einen Wissensstand wie nach der Lektüre dieses Buches
erreicht man sonst allenfalls durch permanentes Lesen diverser Fachzeitschriften),
und daß man bei der Arbeit mit solchen Jugendlichen derartiges Hintergrundwissen
braucht, muß ich wohl nicht extra betonen. Sofern es in der Leserschaft
Leute (mit gefestigter Persönlichkeit!) gibt, die sich musikalisch
oder auch weitergehend mit diesem Areal befassen (und wissen, wie sie textliche
oder Interviewaussagen zu bewerten haben!), kann ich diesen "The Black
Metal Bible" ebenfalls bedenkenlos ans Herz legen. Alle anderen indes sollten
sich solchen Themenkreisen allgemein und der "Black Metal Bible" im speziellen
nicht oder nur mit allergrößter Vorsicht nähern. Da denen
aber Matthias' Kommentar "Über Gut und Böse"
entgeht, haben wir diesen im "Diskussionsforum" plaziert, weil er überaus
lesenswert ist.
Bestellungen des 596seitigen Buches (erwähnte ich
eigentlich schon die hübsche Aufmachung?) gehen an Matthias Herr,
Hannemannstraße 1, 12347 Berlin. Preis: 44,80 DM (incl. 5 DM für
P+V), die in bar oder per V-Scheck beizulegen sind.
Übrigens soll
Ende 1999 "The Black Metal Bible Vol. 2" erscheinen, mit allen Formationen,
die selbst in diesen voluminösen Schmöker nicht mehr hineingepaßt
haben - meine Lieblinge Katatonia sind dann hoffentlich auch dabei.
© by CrossOver
|
|
|