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V.A.: Stone Island Records Promotion Sampler
von rls

V.A.: Stone Island Records Promotion Sampler   (Stone Island Records)

10 Songs in knapp 68 Minuten sprechen eine klare Sprache, daß wir es hier mit einem Sampler eines Genres zu tun haben müssen, dessen Protagonisten überdurchschnittlich lange Songs zu schreiben geruhen. Und siehe da, die These bewahrheitet sich, denn Stone Island Records siedeln im Bereich der progressiven Rockmusik samt anschließender Territorien wie etwa Psychedelic Rock. Sieben Bands teilen sich die zehn Songs, drei steuern also zwei Songs bei, wobei in zwei Fällen die Songs aber von verschiedenen Alben stammen, ein einziges Album also zwei Songs stellt. Schauen wir der Reihe nach durch, so entdecken wir an der Startposition gleich einen vermeintlichen stilistischen Ausreißer: "Queen Of Whispers", Quasi-Titeltrack des Dayshift-Albums "Of Whispers", kommt nämlich unmittelbar vor der Vierminutenmarke zum Stehen und stellt musikalisch eher straighten Melodic Rock mit nur geringfügigen proggigen Einsprengseln dar - eine noch etwas straightere Version der neueren Arena könnte als Vergleich herhalten, wobei Dayshift klar gitarrendominiert agieren. Ein Einstand nach Maß, den Elektrums "Popocatepetl" vom "Live At The Opera"-Album aber locker noch überbieten kann. Hier bewegen wir uns zurück in den Siebziger-Rock mit seinen endlosen Instrumentalpassagen - der Song bleibt gleich ganz instrumental und erinnert in der Gitarrenarbeit und der Melodieführung sehr deutlich an die frühen und besten Rainbow-Phasen. Das Hauptthema hätte Ritchie Blackmore jedenfalls mit Kußhand auf "Rainbow Rising" oder "Long Live Rock'n'Roll" übernommen, lediglich zwei markante Unterschiede tun sich auf: Erstens verzichten Elektrum in diesem Song vollständig auf Keyboards, und zweitens ersetzen sie Ritchies Ausflüge in die Welt der klassischen Themen durch die Einflechtung eines auf andere Weise klassischen Themas, nämlich der Hauptmelodie von "Friggin' In The Riggin'" der Sex Pistols - aber auch das paßt. "Spiral Arms" von Census Of Hallucinations stammt vom Album "Apparitions Part 1", das der Rezensent bisher nicht besitzt und daher nicht einschätzen kann, inwieweit es angesichts der chamäleonhaften Wandlungen dieses Bandprojektes repräsentativ für das Album ist oder nicht. Fest steht, daß es im ihm bisher bekannten Schaffen der Band eine gewisse Ausnahmestellung einnimmt, denn es verknüpft einen gemächlichen Beat mit einer düsteren, aber trotzdem warmen Atmosphäre, nur gelegentlich freakige Ideen einstreuend (und diese im Finale konzentrierend); somit gehört es zur bei Census eher seltenen Kategorie der eingängigeren Tracks inmitten von deren psychedelischem, progrockendem und sonstigem Kosmos. Mit Oceanfield kommen wir zur einzigen Band, die zwei Songs eines Albums beisteuerte. Selbiges heißt "Stolen Time" und stiehlt einem die Zeit offenbar auf sehr angenehme Weise. "The Wounded Citadel" jedenfalls erweckt den Eindruck, als hätte Kari Rueslatten den Rückweg vom Folk in den Rock gefunden, wobei auch The Gatherings Mittelphase hier und da durchscheint und der Song nach vier Minuten in eine ausgedehnte entrückt wirkende ambiente Phase wechselt, welche die anderthalb Minuten bis zum Songende ausfüllt; gesangsarrangementseitig sind außerdem Parallelen zu Elbereth nicht zu verkennen. Clear Blue Sky steuern mit "The Moon" einen Song bei, zu dem das Infoblatt kein zugehöriges Album nennt - woher er stammt, bleibt also ungewiß, abgesehen von der Tatsache, daß er nicht auf dem unlängst reviewten Album "Gateway To The Seventh Dimension" steht. Stilistisch hätte er dort mit Sicherheit auch draufgepaßt, wenngleich er aufgrund seines doch recht flotten Grundbeats und seiner opulenteren Orchesterarrangements im Hintergrund dort schon eine gewisse Sonderstellung eingenommen hätte. Schöne Gitarrenfills prägen den Song fast mehr als der hier etwas rauher und nicht so nach Geddy Lee klingende Leadgesang, und die These vom Album, daß Clear Blue Sky bei der Komposition kompakterer Werke ein gutes Händchen haben, bewahrheitet sich hier, denn der Song hätte, anstatt sich am Ende in Wiederholungen der Hauptelemente zu verlieren, hinten etwas gestrafft werden dürfen. The Rabbit's Hat gibt es auch noch, wie "Riding The War" von ihrem "Onwards & Upwards"-Album beweist - sie nehmen quasi den zweiten Tim Jones-Startplatz ein, deren erster ja mit Census Of Hallucinations gefüllt wurde. "Riding The War" enthält den typischen leicht sphärischen Jones-Gitarrensound, der aber hier durch ein Klavier wichtige Stützung erfährt, während auch beim Gesang alles beim alten ist (Tim und Terri B. im Duett, dabei Tim meist führend). Ein schönes Solo wertet den etwas unauffälligen, aber guten geradlinigen Rocksong noch ein Stück weit auf. Mit "The Happy Elephant" vom Album "Imaginary Menagerie" (was für ein Titel!) halten Dayshift das Tempo weiter hoch, bauen aber ein paar Wendungen mehr ein, brauchen dementsprechend auch länger bis zum Songfinale, reproduzieren aber das hohe Niveau. Gleiches trifft auf Elektrum zu, die ihren typischen Siebzigerrock auch in der Studiofassung "Skies Limit" vom Album "From The Far Field" in einer Livebesetzung eingespielt zu haben scheinen - man hört eine Gitarre, Baß, Drums und sonst nichts. Der Song ist zunächst ein wenig langsamer als "Popocatepetl", gewinnt aber mit der Zeit auch an Fahrt und läßt einen über seine gesamte Spielzeit von sechseinhalb Minuten hinweg dankbar sein, daß es heute noch Bands gibt, die einer solch zeitlosen Spielart des Rock frönen. Die Rainbow-Parallelen sind ein Stück weit in den Hintergrund getreten, auch spaßige Einfälle wie "Friggin' In The Riggin'" bleiben hier aus, aber das macht nichts - es funktioniert auch so. Lee Limerick ist der letzte Neue in der Interpretenliste. "Nightmare" vom Album "Outside Out" beginnt in klassischer Singer-Songwriter-Manier mit einer Harmoniefolge, die man im Schaffen von Whitesnake auch schon einmal entdeckt hat, aber bald beginnt ein klassischer Melodic Rock-Song mit wiegendem Rhythmus und daher entspanntem Gestus, der in einem schönen Akustikgitarrensolo und später einem nicht minder schönen epischen der Elektrischen gipfelt und gesangsseitig eine hypothetische Kreuzung aus Lenny Wolf (Kingdom Come), Danny Bowes (Thunder) und noch einem Dritten, auf den der Rezensent gerade nicht kommt (nein, nicht Tilo Wolff von Lacrimosa, obwohl der auch diesen ganz leicht kratzigen Touch in der Stimme hat), darstellt. "Speaking Angels" von Oceanfield beschließt das Album, mit einer anderthalbminütigen Geräuschkulisse samt Sprecher (Sam Handwick?) beginnend, dann aber nicht gen Nightwish abbiegend, sondern im Akustikbereich verbleibend, der nur mit Akustikgitarre, Stimme und Percussion einen leicht folkigen Eindruck erzeugt, bevor dann doch wieder die Rockband einsetzt, deren Erzeugnis ein wenig an neuere Marillion wie an alte Siebzigerhelden (im Solobereich, hauptsächlich im mehrminütigen Schlußsolo) erinnert - im weiteren Verlauf des Songs wechseln sich die beiden letztgenannten Komponenten ab, leichte Tendenzen gen Lake Of Tears und Lana Lane geschickt einwebend und erst ein gutes Stück jenseits der Zehnminutengrenze zum Stehen kommend. So entsteht das Bild eines Samplers mit größtenteils wenig bekannten, aber hochgradig entdeckenswerten Bands im Anspruchsrockbereich - ob die CD käuflich erhältlich ist, entzieht sich der Kenntnis des Rezensenten, aber die unten genannte URL ermöglicht zumindest den Zugang zu den regulären Alben der Samplerbands.
Kontakt: www.stoneislandrecords.com

Tracklist:
Dayshift: Queen Of Whispers
Elektrum: Popocatepetl
Census Of Hallucinations: Spiral Arm
Oceanfield: The Wounded Citadel
Clear Blue Sky: The Moon
The Rabbit's Hat: Riding The War
Dayshift: The Happy Elephant
Elektrum: Skies Limit
Lee Limerick: Nightmare
Oceanfield: Speaking Angels



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