www.Crossover-agm.de V.A.: Stars In Sight 4
von rls

V.A.: Stars In Sight 4   (TalentCity)

Teil 4 der "Stars In Sight"-Reihe ist mit 19 Tracks der bisher voluminöseste - wollen wir mal durchgehen, was sich unter der Masse an Klasse finden läßt. Das eröffnende "We Wanna Have Fun" von Jimmy Jatto gehört für meine Begriffe schon mal nicht zu letztgenannter Kategorie. Klingt wie eine extrem flache Version von UB 40 (schon die mag ich nicht besonders) und hat den Tiefgang eines Surfbretts. So'n Zeug wird, wenn es von einem Majorlabel kommt, zum "Sommerhit" (fürchterlicher Begriff) und geht, wenn es aus dem Underground kommt, verdientermaßen unter. Sorry, aber das ist platte Anbiederung pur, und außerdem haben wir momentan 15°C Außentemperatur. Was The Torchs "Drinking Song" mit einer "Mischung aus Independent Rock, Pop, Blues und etwas Psychedelic mit dem Charme der 70er" zu tun hat, weiß wohl allein der Infoschreiber - ich höre hier ansprechenden, zwischen Melancholie und Fröhlichkeit pendelnden Folkpop mit einer starken weiblichen Leadstimme, einem abgesehen vom letzten Ton aus dem Evangelischen Gesangbuch übernommenen Melodiethema ("Herz und Herz vereint zusammen") und einem leider nur aus "Lalala"-Lauten bestehenden Refrain über ebendieses Thema. Die Dresdner Peppy Jones haben in "Schlafstörung" traditionelle Hamburger Schule mit erfreulicher Unweinerlichkeit und einigen coolen Ideen (z.B. den Hammondteppichen im Hintergrund und den sandmännchenartigen Breaks) verbunden. Schmitt beweisen mit ihrem Infotext, daß ihnen die christliche Kultrockband Schulze (leider in Auflösung begriffen) offenbar unbekannt ist, obwohl beide Bands, zumindest wenn man "Herzensbrücken" als Maßstab nimmt, gar nicht so weit auseinanderliegen. Der Sänger artikuliert sich allerdings etwas rauher, dafür fehlt Schmitt der leichte Indie-Touch im Riffing, ein traditionelleres Klanggewand erzeugend. Der folgende René Heinze ist nicht zu verwechseln mit einem ähnlich heißenden Liedermacher der Neonaziszene. "Antares" eifert frühen Emerson, Lake & Palmer nach, geht allerdings deutlich songorientierter und strukturierter zu Werke, auch wenn sein Klassikrock natürlich noch nicht die Klasse der genannten Herren besitzt. "Worldbeatreggae" nennt Famara seine in "La Vida" gegossene Musik - das einzige afrikanische Element sind allerdings gelegentliche tiefe "Shaka-bum-bum"-Gesänge und einige Backings, der Rest könnte auch von einer beliebigen Band aus Jamaika, den USA, Deutschlands oder der Schweiz (huch, da kommt er ja auch her ...) stammen. Garantiert Sendeverbot bekommt im konservativen Radio mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Band, die sich wohlweislich schon mal Garantiert Sendeverbot getauft hat und aus Österreich stammt. Das textlich bitterböse und dunkelschwarz humorisierte "Der Manager" ruft Erinnerungen an die bekannteren Landsleute von der EAV hervor, musiziert aber eher im Easy Listening-Verfahren und ist leider noch etwas zu dünn produziert. Da steckt auf jeden Fall sehr viel Potential dahinter. Gleiches kann man von The Murderous Mistake behaupten, deren "Burning Babylon" die im rockorientierten Gothic nicht einfache Gratwanderung zwischen Ausdrucksstärke und hohlem Pathos bewältigt und nur durch die sehr sterile Rhythmusgruppe (der Drummer heißt definitiv Roland oder Yamaha, und auch der Baß hört sich sehr synthetisch an) nicht so richtig auflodern will. Zu Hejoe Schenkelbergs "Himmelblau" will mir nicht viel einfallen. Der Mann ist eigentlich Keyboarder (der vangelisartige Background geht also sicher auch auf sein Konto), spielt als Leadinstrument aber ein Akkordeon und schafft es irgendwie, das Ganze dann nicht nach Seemannslied klingen zu lassen. Frage mich keiner, wie man diesen Stil nennt - irgendwie gefällt's mir aber. Die Zwischentöne benamte Formation erweckt in "Des konn net sein" den Eindruck, als hätte sie Rainhard Fendrich am Mikro. Die mehrstimmigen Passagen dürfen hier getrost ausgebaut werden, musikalisch ist's eine Art von songorientiertem Klavierjazz, von der Band selbst "Cocktail-Musik" genannt und als Background in einer Cocktailbar vermutlich auch keineswegs deplaziert, wenn auch mit deutlich höherem Anspruch als der Output des gemeinen Barpianisten. Völlig verschlossen bleibt mir "Sleepless" von M31, in purer Elektronik angesiedelt. Traditionellen HipHop gibt's von G.R.J. (das steht für "Gottes Rapper Janko") zu hören, versehen mit einer christlichen Botschaft, die schon im Titel "Jesus Is The Only Way" zum Tragen kommt. Hier ein wenig drucklos produziert, kommt das Ding live mit einer Klangwand noch besser, wie ich mich gestern zur Konzertparty anläßlich des 15jährigen Bestehens von Gideon und Jesus Crew überzeugen konnte. Im Sinne einer größeren Massenkompatibilität sollte nur der sächsische Vokal-Einschlag noch etwas reduziert werden, da man so gerne in eine Ecke mit Gerümpel der Marke Ö La Palöma Böys gesteckt wird, und das hätte G.R.J. nun wahrlich nicht verdient. Mit Beyond Belief sind nicht etwa die holländischen Doom Deather, die in den Mittneunzigern die Alben "Towards The Diabolical Experiment" und "Rave The Abyss" herausbrachten, wieder auferstanden - es handelt sich um eine Folkpopband aus dem Marburger Raum, wobei in "The Beach" der Folk allerdings nur eine geringe Rolle spielt. Leider ist der Song generell etwas zu plätscherig ausgefallen, auch der Gesang setzt noch zu wenig Akzente. Velvet Steel führen mit ihrem Namen alle diejenigen in die Irre, die sich auf eine gepflegte Dosis Melodic Metal freuen: "Diamond Of The Desert" ist gut gemachter, aber völlig unauffälliger Bluesrock, dem auch produktionstechnisch alle Ecken und Kanten genommen wurden und aus dem lediglich der nasale, gelegentlich weibliche Unterstützung bekommende Gesang etwas hervorsticht. Live kommt das bestimmt gut, aber auf Platte ist's (wenn die komplette CD so ausgefallen sein sollte) nur etwas Nettes für den Hintergrund beim Fensterputzen oder Abwaschen. The Elegy sind kein Ableger der holländisch-französisch-englischen Progpowermetaller Elegy, sondern eine nach Eigendefinition "Sentimental Wave" fabrizierende dreiköpfige Band, die knietief in den Achtzigern steckengeblieben zu sein scheint (was ja nichts Schlechtes bedeuten muß). "Let Us Be Alone" krankt zwar leider an einem zu dünnen, sterilen Sound, weist musikalisch aber ein paar Parallelen zu The Mission auf und kann vom Ideengehalt her überzeugen. Nur der Oktavsprung am Ende der mittleren Refrains hätte nicht sein müssen - das haben A-ha seinerzeit nämlich besser hinbekommen. Nach "Und ich gehe noch immer meinen Weg" von Jörg Lehwald auf der letzten CD haben wir mit dem PK-Musikprojekt bzw. dessen Chef Peter Kreuseler wieder jemanden, der "Ich geh meinen Weg" verkündet und am Wegesrand "Dust In The Wind" von Kansas gefunden hat, sich aber nur eine kurze Melodie ausleiht und ansonsten einen typischen Singer/Songwriter mit ein paar Konservenstreichern so kombiniert, daß der dezente Drumcomputer bei obeflächlichem Hinhören gar nicht mehr auffällt (und schon gar nicht negativ). Keine Comedyband verbirgt sich hinter dem Projekt Eulenspiegel, statt dessen gibt es in "Heroin" leicht angepoppten Rock ebenso leicht alternativ-angehauchter Ausprägung zu hören, bei dem man sich erst an den merkwürdig rauhen Sänger gewöhnen muß (Sir Pommes von Randalica liegt gar nicht so weit entfernt, der Fronteulenspiegel klingt aber irgendwie etwas beschwörerischer). Hinter dem Namen SnablesukkaZ würde wohl jeder eine Nu Metal- oder Raprock-Combo vermuten - in "Memories" kommt statt dessen aber ideenreicher Emocore zum Vorschein, der mit dem von Baß, Drums und Vocals fast im Alleingang bestrittenen Mittelteil einen originellen Bremser hat und ganz zum Schluß auch noch spaciges Blubbern auffährt, zu dem Gallery bestimmt auch nicht nein gesagt hätten. Als Abschluß kommt Hendrik Hoinkis mit dem "Solo Frederique" um die Ecke. Ein Drumsolo, ja. 3:48 Minuten lang. Hm. Live macht sowas ja Sinn, wo man den Drummer auch spielen SEHEN kann. Aber potentiell 'ne ganze Platte davon? Technisch gut gemacht ist es ja, soweit ich das als Nicht-Schlagzeuger bewerten kann, allerdings fällt mir da immer wieder der folgende Satz von Sunblaze-Keyboarder Jörg Enke ein: "Eine ganze CD davon würde mich anstrengen. Ich hätte auch Probleme, mir eine CD mit den 30 schönsten Blockflötenduetten anzuhören. Musik blüht erst durch das Zusammenspiel verschiedener Instrumente auf." (G.U.C. Nr. 15) Also am besten selber anhören. Das sollte man selbstredend auch mit der ganzen CD machen. Absolute Highlights sind diesmal für meine Begriffe leider abwesend (obwohl es durchaus Entdeckenswertes gibt), so daß dieser Teil 4 der schwächste von den mir bekannten drei Teilen ist. Aber das kann sich auf dem nächsten Volume schon wieder rapide ändern.
Kontakt: www.talentcity.de oder www.musiker-online.com
 




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