www.Crossover-agm.de SONATA ARCTICA: Successor
von rls

SONATA ARCTICA: Successor   (Century Media)

Das Debüt dieser Finnen, "Ecliptica", hat definitiv einen Platz in meinen Top Ten des Jahres 2000 sicher, denn derart frischen, unverbrauchten Melodic Speed Metal gab's trotz reichlich Mitbewerberschaft im Milleniumsjahr weit und breit nicht zu hören. Auf dieser Platte regierte die gleiche Unbekümmertheit, die HammerFalls "Glory To The Brave" seinerzeit so einzigartig machte. Nun schieben Sonata Arctica ein 7-Track-Minialbum nach, und zu meiner Enttäuschung beginnt sich auch bei ihnen eine gewisse Routine breitzumachen, die zwar die Songs als solche nicht schlechter, aber eben austauschbarer, unmitreißender macht. So richtig von der Leber weg spielen Tony Kakko und seine Jungs eigentlich nur in drei Fällen. Da wäre als erstes die Coverversion von Helloweens "I Want Out", die durch Mikko Harkins Keyboards sowohl an Atmosphäre gewinnt als auch durch die Übernahme der ursprünglichen Intro- und eines Teils der Solo-Leadgitarren durch eben die Keyboards einen originellen Anstrich erhält. "San Sebastian" ist brandneu und führt die Linie forschen Melodic Speeds konsequent weiter, damit einen würdigen Nachfolger zu "Kingdom Of The Heart" oder "Destruction Preventer" darstellend, wenn auch nicht ganz an "Blank File" heranreichend, dessen fröhliche Intensität unerreicht ist und bleibt. Und dann hätten wir da noch "Still Loving You". Aus dem 84er Kuschelrocker von Rudolf Schenker & Co. (jaja, das waren noch Zeiten, als die Scorpions richtig guten Hardrock machten und sich auch präsentationstechnisch von den heute reichlich getroffenen Fettnäpfchen fernhielten) haben die Finnen kurzerhand einen feisten Speedkracher gemacht, der nach dem ans Original angelehnten ruhigen Intro im typischen Sonata-Stil losdonnert und nicht nur aufgrund seines Kultfaktors, sondern auch verarbeitungstechnisch reihenweise Kinnladen runterklappen lassen dürfte. Auf die Idee muß man aber auch erstmal kommen.
Indes: Das war's dann leider schon mit der Herrlichkeit. Der Opener "FullMoon" steht in einer gekürzten Version auf "Successor", die doch einiges vom Fluß und der Spielfreude der Originalversion vermissen läßt, obwohl der Song glücklicherweise nicht radikal verstümmelt wirkt. Die Ballade "Shy" kommt an "Replica" und "Letter To Dana" (letztgenannte soll sie offenbar fortsetzen) ebenfalls nicht heran, da ihr einfach so etwas wie ein Spannungsbogen fehlt - man wartet verzweifelt auf eine Steigerung im härtetechnischen Sinne oder aber einen songwriterischen Kontrapunkt, die leider beide ausbleiben, was zu einem "Zum-einen-Ohr-rein-und-zum-anderen-wieder-raus"-Effekt führt. Schlußendlich finden sich noch Livemitschnitte von "Replica" und "My Land" auf "Successor", beide im Juni 2000 beim Provinssirock Festival in Seinajöki aufgenommen und diverse Probleme deutlich machend. Erstens fehlt der Band live eine zweite Gitarre, und zweitens ist die Soundqualität (mit der man das erste Manko etwas lindern könnte) allenfalls mäßig. Tommys Drums kommen viel zu trocken rüber, Jannes Baß ist auf "Replica" fast gar nicht auszumachen, drängelt sich auf "My Land" statt dessen an einigen Stellen viel zu weit in den Vordergrund, während er ansonsten weiterhin abwesend bleibt, und Jaris Gitarre bekommt nur in den Leads ihren wohlverdienten Raum, wohingegen die Riffs gnadenlos untergehen. Insgesamt wirken diese Liveaufnahmen dünn, regelrecht blutleer, und sie werden dem sehr guten Songmaterial in keinster Weise gerecht.
Somit bleibt ein arg zwiespältiger Eindruck zurück. Klar, als Sonata-Sammler braucht man das Ding schon, aber wenn man sich die "Tribute To Scorpions"- und "Tribute To Helloween"-Scheiben eh zulegt (wo die beiden Coverversionen sicherlich vertreten sein dürften) und spekuliert, daß "San Sebastian" und meinetwegen auch "Shy" sicherlich nochmal auf dem nächsten Longplayer von Sonata Arctica stehen werden, kann man sich die Investition auch schenken und sich lieber 'ne starke Eigenproduktion einer Nachwuchsband ins Haus holen, wovon's ja heutzutage eine reichliche Auswahl gibt.
 




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