www.Crossover-agm.de RIOT V: Unleash The Fire
von rls

RIOT V: Unleash The Fire   (Steamhammer/SPV)

2012 starb mit Mark Reale einer der in Relation zu seinem Können wohl größten Pechvögel der Metalszene. Der Mann spielte mit Riot schon in den Endsiebzigern melodischen Speed Metal (und das in erstklassiger Qualität - sucht mal auf Youtube nach dem Titeltrack des "Narita"-Albums!), mehrere Jahre bevor andere Proto-Speedmetaller wie Anvil oder Raven auf den Plan traten. Die Früchte seines Tuns aber pflückten wieder andere, Reale bekam reichlich Knüppel verschiedenster Art zwischen die Beine geworfen, und Riot schlitterten in eine Karriere mit wenigen Höhen, vielen Tiefen, aber einer Handvoll erstklassiger, hauptsächlich von Gitarrist Reale als einziger besetzungstechnischer Konstante komponierten Alben, die ihren Platz in der Geschichte des Metal sicher haben und auch CrossOver-redaktionsintern von metallischen Gourmets wie Mario oder Thorsten geliebt werden. Der Rezensent lernte die Band in den Frühneunzigern mit dem "The Privilege Of Power"-Album kennen, einem ihrer zahlreichen Meisterwerke, das mit dem Speedfeger "Dance Of Death" einen ihrer allerbesten Songs enthält und ihnen mit dem kongenial umgesetzten Al-di-Meola-Cover "Racing With The Devil On A Spanish Highway" in einer gerechten Welt auch zahllose Fans aus einer anderen musikalischen Sphäre verschafft hätte. Aber in einer solchen leben wir bekanntlich nicht, und so starb Reale, nachdem er mit "Immortal Souls" ein weiteres starkes Album herausgebracht hatte, das sich würdig ins aktuelle Riot-Schaffen einreiht, aber wieder nur überschaubare Erfolge erzielen konnte.
Wird eine Band durch eine Persönlichkeit so deutlich geprägt, wie das bei Riot der Fall war, so erschiene es logisch, daß die Band mit dem Ableben dieser Persönlichkeit gleichfalls zu Grabe getragen wird. Das war im vorliegenden Fall anders - und das war gut so: Bassist Don Van Stavern, bereits in den Achtzigern Mitglied gewesen, und Gitarrist Mike Flyntz, seit den Frühneunzigern ständiger Gitarrenpartner Reales und folglich mit seinem Stil bis ins kleinste Detail vertraut, entschlossen sich, Riot weiterzuführen und mit aktiver musikalischer Arbeit das Andenken an Reale wachzuhalten. Acht Van-Stavern-Songs und vier von Flyntz ergeben nun das neue Album "Unleash The Fire", das man, wenn man in Japan oder Korea wohnt, unter dem Bandnamen Riot erwerben kann (und als dreizehnten Track noch eine Livefassung des 1987er Klassikers "Thundersteel" serviert bekommt, die auch beim Rezensenten Erinnerungen wachruft, als er 1996 Riot zum ersten und einzigen Mal, auf der Tour mit Skyclad und Whiplash, live sah und ebenjener Song das umjubelte Setfinale bildete), während auf der europäischen Pressung der Bandname Riot V zu lesen ist. Die Gründe für dieses Kuriosum können dem Anhänger freilich völlig egal sein - für ihn entscheidend ist, daß er mindestens 56 Minuten feinsten melodischen Speed Metals vorgesetzt bekommt, und ebenjenes geschieht hier. Flyntz und Van Stavern haben drei neue Leute in die Band geholt, von denen zwei bereits einen sehr guten Namen in der Metalszene haben, nämlich Sänger Todd Michael Hall und Drummer Frank Gilchriest (ja, der von Virgin Steele), während Reales Gitarrennachfolger Nick Lee ein bisher unbeschriebenes Blatt darstellt und die wohl schwierigste Aufgabe zu lösen hatte. Er meistert sie allerdings brillant: "Unleash The Fire" klingt von vorn bis hinten typisch nach Riot, und wüßte man es nicht anders, man würde anhand des Höreindrucks vermuten, Reale wäre noch dabei. Lediglich die früher gelegentlich eingestreuten folkloristisch angehauchten Passagen fehlen diesmal, aber es liegt auch kein Konzept hinter dem Album, die den Einsatz solcher nötig machen würden. Ein klein wenig aus dem stilistischen Rahmen tanzt lediglich "Kill To Survive", das progmetallische Schlenker mit fast italometalkompatiblen Harmoniestrukturen (der Refrain!) koppelt. Hall erweist sich allerdings nicht nur hier, sondern auch im Rest des Albums als würdiger Nachfolger der diversen Könner, die das Riot-Mikrofon seit 1976 (!) bevölkert haben, und liefert eine erstklassige Sangesleistung ab. Daß auch die Instrumentalisten erstklassige Arbeit verrichten, steht außer Frage, und wenn dann noch die Songwritingqualität stimmt, ist ein perfekter Grabstein für Reale errichtet. Trauerklößige Stimmung bleibt übrigens abwesend - etwas melancholisch beginnt lediglich die das Album abschließende, direkt auf Reale bezogene Nummer "Until We Meet Again", die dann aber auch nochmal einen Energieschub bekommt (und mit einigen Worten Reales endet), und "Immortal" ist nicht etwa der verspätete Quasi-Titeltrack des Vorgängeralbums, sondern der zweite etwas nachdenklicher gehaltene und Reale direkt gewidmete Track. Der Rest des Albums besteht aus dem bekannten Mix mittelschneller und speediger Tracks, wobei gleich der Opener "Ride Hard Live Free" zu letztgenannter Kategorie gehört und klarmacht, wo der Hase hier läuft. Der ebenfalls überwiegend flotte Titeltrack entpuppt sich refrainseitig als Ohrwurm, und da überhört man die Nörgler, die den "fire-desire"-Reim brandmarken zu müssen glauben, umso lieber. Spielfreude gibt's im Großpack, ein erstklassiges Soundgewand obendrauf, und fertig ist eine Gedenkplatte, auf die Reale sicherlich mit großem Wohlwollen blickt und die sich jeder Anhänger der Band, auch der Zweifler, ob es ohne Reale wirklich geht, bedenkenlos zulegen kann.
Kontakt: www.areyoureadytoriot.com, www.spv.de

Tracklist:
Ride Hard Live Free
Metal Warrior
Fall From The Sky
Bring The Hammer Down
Unleash The Fire
Land Of The Rising Sun
Kill To Survive
Return To The Outlaw
Immortal
Take Me Back
Fight Fight Fight
Until We Meet Again
 




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