www.Crossover-agm.de RANDALE: Hasentotenkopfpiraten
von rls

RANDALE: Hasentotenkopfpiraten   (Newtone)

Die Tiere sind unruhig. Oder schon tot. Letzteres Schicksal hat scheinbar den Hardrockhasen Harald, Titelheld des 2008er Randale-Albumvorgängers, getroffen, der sich gemäß des Videos zum Titeltrack in gefährlichen Halbweltkreisen bewegt hatte und von diesen offensichtlich mit Giftmöhren aus dem Weg geräumt wurde. Aber sein Schädel lebt als Jolly-Roger-Flagge für das neue Randale-Album weiter, die gekreuzten Knochen dabei durch zwei der Giftmöhren ersetzend - daraus muß zwingend auch noch ein Merchandiseartikel werden, der bald in zahllosen Kinderzimmern von Rocker- und Metallerhaushalten hängen könnte, so wie Papa eine Running Wild-Flagge im Schlafzimmer hängen hat. 14 Songs haben Randale auf ihrem neuen Studioalbum verewigt und bleiben ihrer prinzipiellen Linie, Rockmusik für Kinder zu machen, die man aber auch als Erwachsener freiwillig hören kann, natürlich treu. Im Direktvergleich zum Vorgänger fallen drei Dinge auf: Erstens wurde der durchschnittliche Härtegrad noch einen Tick nach oben geschraubt - der Anteil krachender Rock- bzw. Punkrocksongs ist noch etwas gestiegen, ohne aber die vom Hörer mittlerweile liebgewonnene Stilvielfalt vermissen zu lassen. Zweitens ist ein partytauglicher Überkracher wie "Der Hardrockhase Harald" diesmal abwesend - das mit klassischen Rock'n'Roll-Strukturen unterlegte witzige "Rockband", das am Albumende noch als pseudohumoriger Appendix "Quatschband" wiederkehrt, kommt dem vielleicht noch am nächsten, und auch das vorab bereits als Single ausgekoppelte "Tatü Tata - Das Feuerwehrlied" gewinnt mit jedem neuen Hören noch an hymnischen Qualitäten. Drittens beginnen Randale hier und da ein wenig bei sich selber zu klauen - bestimmte Strukturen des Refrains von "Kino" gab es beispielsweise auf dem Vorgängeralbum schon mal. Dafür hat Sänger und Texter Jochen Vahle ein auf dem Vorgänger noch eher latentes Problem diesmal etwas stärker eingebastelt - seine Neigung, auf kurzer zeitlicher Distanz zuviel Text unterbringen zu wollen und dadurch zu einer undeutlichen Aussprache greifen zu müssen. Zwar sind alle Texte im Booklet abgedruckt, so daß das Verständnis trotzdem gewährleistet bliebt, aber gerade der Refrain des Titeltracks leidet unter dem Problem, daß man ihn erstmal entschlüsseln muß, bis man ihn mitgrölen kann. Diese Klippen umschiffen andere Songs besser, beispielsweise das "Geburtstagslied", das diverse Standards dieses Genres ablösen könnte. Sein zentraler sprachlicher Gag übt seine volle Wirkung allerdings nur in denjenigen deutschen Dialekten aus, die den Vokal in der ersten Silbe von "Birne" nicht kurz, sondern lang sprechen. Neugierig? Selber hören! Vom Aussterben bedroht dagegen sind die Songs über Tiere, die bisher das Schaffen der Band dominiert hatten - der "Hühner-Ska" stellt diesmal das einzige Exempel dar und ist noch nicht mal sonderlich witzig. Da machen andere Songs mehr Laune. "Flummi" etwa dürfte live für wild hüpfende Publikumsmassen sorgen - stilistisch scheint hier die Hüpfcorewelle der Neunziger durch, also Bands wie die frühen Such A Surge. "Wunderbar" wiederum eifert Posi-Punkrockern wie Green Day nach, was auch der harmoniedeterminierten Textaussage entspricht. "Kino" integriert funkige Bläser, und "Unsere neun Planeten" spielt mit Reggaeelementen und entledigt sich der immens schwierigen Aufgabe der Themenumsetzung (es geht um die klassische Eselsbrücke "Mein Vater erklärt mir jeden Samstag unsere neun Planeten", der die Sternenbehörde mit dem Planetenstatusentzug für den Pluto einen kleinen Riegel vorgeschoben hat) in weitgehend gelungener Weise - einzige Ausnahme: Auch hier hätte Vahle im Refrain ein wenig deutlicher singen müssen, denn in der vorliegenden Fassung hört man das "jeden" nicht richtig. Und wenn wir gerade beim Mäkeln sind: Die Highlights des Albums haben Randale diesmal alle unter den ersten acht Tracks versteckt, danach fällt die Leistungskurve stark ab. "Entspannt" kann man nicht mal im entspannten Zustand aushalten, der "Hühner-Ska" muß unter dem Einfluß psychedelischer Substanzen entstanden sein, und selbst ein punkiger Rockkracher wie "Nein" wirkt hier irgendwie gewollt oder gar erzwungen, zumal man seine "Entspannt" diametral entgegengesetzte Aussage in diesem Kontext als pädagogisch gewollten Gegensatz interpretieren müssen wird. So endet die knappe Dreiviertelstunde "Hasentotenkopfpiraten" trotz des donnernden Finales von "Mach dich locker" und der zumindest guten, aber fürchterlich harmlos umgesetzten Idee von "Kleine Indianer" irgendwie im Nichts, aber dank der überwiegend starken vorderen zwei Drittel lohnt sich ein Erwerb der Scheibe natürlich trotzdem und sollte für Rocker- oder Metallerhaushalte mit Kindern ein Pflichtprogramm darstellen.
Kontakt: www.randale-musik.de, www.newtone.de

Tracklist:
Hasentotenkopfpiraten
Wunderbar
Kino
Tatü Tata - Das Feuerwehrlied
Geburtstagslied
Unsere neun Planeten
Rockband
Flummi
Entspannt
Hühner-Ska
Nein
Mach dich locker
Kleine Indianer
Quatschband
 




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