www.Crossover-agm.de RANDALE: Der Hardrockhase Harald
von rls

RANDALE: Der Hardrockhase Harald   (Newtone)

Mittlerweile haben ja nicht nur die Altrocker Schritt für Schritt Nachwuchs gezeugt, sondern die Generationenfolge ist weitergegangen - aber immer wieder stehen rocksozialisierte Eltern vor dem Problem, womit sie ihren Nachwuchs beschallen sollen, um für eine vernünftige musikalische Früherziehung zu sorgen. Schnappi das kleine Krokodil eignet sich ja bekanntlich nicht zu mehr als dem einen oder anderen Gag, und Dream Theater kann man einem Vorschulkind halt nicht vorsetzen, wenn man nicht gerade ein kleines Wunderkind a la Mozart gezeugt hat. In den letzten Jahren haben etliche Künstler dieses Vakuum entdeckt und sorgen schrittweise für Abhilfe. Neben dem auch für Erwachsene höchst genießbaren Sampler "Brats On The Beat - Ramones For Kids" sind in Deutschland besonders Randale von Relevanz. Diese Truppe aus Bielefeld brachte anno 2004 ihr erstes Album namens "Tierparklieder aus Olderdissen" heraus, auf dem ebenjenes zu hören war, was der Titel ankündigte. Olderdissen, das muß dazugesagt werden, ist ein Stadtteil von Bielefeld und der dortige Tierpark ein Heimattierpark, der sich dem pädagogischen Ansatz verbunden fühlt, den von der Natur abgekoppelten Großstadtkindern auf anschauliche Weise, nämlich am lebenden Objekt, zu demonstrieren, was in den einheimischen Wäldern und Fluren lebte oder noch heute lebt - ein paar Exoten natürlich inclusive, denn die wildlebende Meerschweinchenpopulation in Deutschland dürfte auch heute noch eher zu vernachlässigen sein. Ebenfalls inclusive sind natürlich Haustiere, deren Kenntnis bei den heutigen Großstadtkindern ebenfalls erschreckende Defizite aufweist (typisches Zeichen: Vor einigen Jahren antwortete eine beachtliche Anzahl von Kindern in einer Umfrage auf die Frage, welche Farbe eine Kuh habe, mit "Lila"), und ein solches ist mittlerweile sogar zum Patentier der Band geworden, nämlich das Hochlandrind McGregory. Klar, daß diesem Tier auf "Der Hardrockhase Harald", dem mittlerweile vierten Randale-Album, ein Lied gewidmet werden mußte, gleich an Position 2: "Hochland Melodie" ist eine große Rockhymne geworden, und der Text stellt erstaunliche Parallelen zwischen diesem Tier und, sagen wir, dem frühen Ian Gillan fest, was die Statur angeht. Apropos "erstaunlich" und "Texte": Sänger und Texter Jochen Vahle hat einen schwierigen Spagat versucht. Einerseits sind gerade die Refrains eingängig genug, um auch von jüngeren Kindern begeistert und ohne intellektuelle Überforderung mitgekreischt zu werden, andererseits finden sich in den Strophen häufig auch schwierigere Passagen, Wortspiele oder ein anspruchsvolleres Vokabular, die dafür sorgen, daß auch größere Kinder hier noch eine Herausforderung finden können. Je nach Disposition des Hörers kann dieser Spagat als ge- oder mißlungen bezeichnet werden, aber allen recht machen kann man es gerade bei einer derart inhomogenen Zielgruppe wie Kindern ja sowieso nicht. Rein musikalisch betrachtet trifft der Slogan "Rockmusik für Kinder" zweifellos zu, obwohl Randale auch verwandte Stilistiken einfließen lassen und somit für ein recht abwechslungsreiches Klangbild sorgen. Witzig dabei: "Otto der Fischotter" wird quasi in einer Proberaumszenerie präsentiert, wo die Band debattiert, ob sie das Stück nun als Tango-, Ska- oder Discoversion spielen soll, was dann jeweils auch angespielt wird (wer entdeckt den Verweis auf Udo Lindenbergs "Bodo Ballermann"?). Der "Storchenwalzer", das längste Stück der CD, kommt titelgemäß in einem breiten Dreivierteltakt daher, während "Mama Lauter" zuvor bereits einen Kontrastpunkt gesetzt hat, indem es (textlich den alten Konflikt zwischen Jugendlichen und Eltern um die Lautstärke von Musik aufrollend) im besten Sinne an die großen Zeiten von Faith No More erinnert. Flotten Akustikrock bekommt man mit der "Fli-Fla Fledermaus" oder gleich dem Opener "Aus Olderdissen kommen wir" (keine Coverversion des Blaue-Berge-Liedes - diesmal sind alle 13 Songs plus Reprise des "Kuschelliedes" Eigenkompositionen, nachdem die Band auf früheren Veröffentlichungen auch das eine oder andere Cover wie "Die Vogelhochzeit" oder "Der Kuckuck und der Esel" gespielt hatte) geboten, der "Futternapf Pogo" erinnert an alten 77er-Punk, "Der kleine Luchs" ist thematisch ein Schlaflied und ergo auch musikalisch so gehalten, aus dem "Kuschellied" kann man natürlich keinen Grindcore machen, während der Titeltrack "Der Hardrockhase Harald" logischerweise das obere Ende der Härteskala besetzt. Und was für ein Partykracher ist der Band da gelungen! Er hat das Zeug dazu, einen Spagat zu schaffen, den seit Vicki Vomits "Orbeidslus un Spoß dorbei" kaum noch ein Song bewältigt hat - nämlich den, alle hart rockenden Zielgruppen vom Grunzknüppelfreak bis zum Prog-Extremisten in eine gemeinschaftlich "Ich bin der Mümmelmann,/mümmel', was ich mümmeln kann./Ich bin der Mümmelmann,/mümmel, mümmel, mümmel, mümmel, mümmel, mümmel, mümmel, mümmel ..." grölende Masse zu verwandeln. Da stört es auch nicht, daß Jochens Stimme bei diesem Song ein wenig zu sehr in den Hintergrund gemischt worden ist, denn den Gesang übernehmen hier ja eh die Zuhörer. Zu dem Song gibt's mittlerweile auch ein Video auf Youtube, das alle möglichen Rockklischees parodiert (u.a. werden aus den Bandmitgliedern, die allesamt wenig bis keine Haarpracht besitzen, mittels einer guten Fee plötzlich Langhaarige), und wenn eines Tages noch Shirts des CD-Covermotivs gedruckt werden, steht Deutschlands Konzerthallen eine Haseninvasion bevor. Das Booklet enthält alle Texte und zudem noch lustige Zeichnungen der Tiere - leider nicht immer im oben erwähnten pädagogischen Kontext, denn da sieht etwa der Fuchs halt einfach mal grün oder der Bär ockergelb aus. Aber am grünen Fuchs ist der Tierpark selber schuld, denn der stammt aus dessen Logo ... Summa summarum eine knappe Dreiviertelstunde hochwertiger und durchaus ganzfamilienkompatibler Unterhaltung, die in jeden mit Kindern ausgestatteten Rockerhaushalt gehört. Und jetzt alle gemeinsam: "Wer ist der härteste Hase im Wald? - Der Hardrockhase Haaaaaaaaaaaaarald!"
Kontakt: www.randale-musik.de, www.newtone.de

Tracklist:
Aus Olderdissen kommen wir
Hochland Melodie
Futternapf Pogo
Das ist Liebe
Der Hardrockhase Harald
Fli-Fla Fledermaus
Der kleine Luchs
Mama Lauter
Storchenwalzer
Guten Appetit
Otto der Fischotter
Vogel verschluckt
Das Kuschellied
Das Kuschellied (Reprise)
 




www.Crossover-agm.de
© by CrossOver