www.Crossover-agm.de RPWL: The RPWL Experience
von gl

RPWL: The RPWL Experience   (InsideOut Music / SPV)

Sie haben Wort gehalten, das Album kam pünktlich am 29.02.2008 heraus und die 67 Minuten mussten erstmal wie ein guter Wein reifen (=mehrfach angehört werden), bevor ein erstes Resümee gezogen werden kann. Die Band hat es wahrlich nicht einfach gemacht und legt hiermit alles andere als ein "World Through My Eyes" Teil 2 vor, sondern macht es wesentlich schwerer, die Höreindrücke in Worte zu fassen. Was geblieben ist bzw. fortgeführt wird, sind die textlich deutlichen Anklagen gegen den Krieg (vergleiche die Rezension des letzten Jahres in Eigenvertrieb veröffentlichen Albums "9" hier) und da wird am Anfang gleich mit "Silenced" ein fast 10-Minüter vorgestellt. Im Verbund mit den deutlichen Zeichnungen (künstlerisch wertvoll) im Booklet, die irgendwie verstörend wirken, kommt da die Botschaft der Stimmen zu Gehör, die zum Schweigen gebracht wurden. Man betrachtet da 2 Dicke, die sich im Öl aalen, umgeben von Kriegssymbolen und sie kümmern sich einen Dreck um die dünnen Namenlosen (Flüchtlinge?), die da an der Mauer zur "1. Welt" anklopfen. Selten ward eine solch passende Symbiose von Musik und Gestaltung vorgelegt. "Breathe In, Breathe Out" ist noch das luftigste leichteste Stück hier und das mit nicht einmal 4 Minuten kürzeste Stück erinnert am ehesten an den Vorgänger von 2005.
Track 3, "Where Can I Go?" ist der unscheinbarste RPWL-Track in dieser Sammlung und mit über 7 Minuten etwas zu lang geraten.
In "Masters Of War" kommt's dann aber dick, denn diese bittere Anklage gegen den Krieg, im Original von Bob Dylan steht der Band gut zu Gemüte und ist in seiner düsteren Machart geradezu betörend bedrohlich gelungen. Etwas lockerer (oder doch nicht?) wird's in der Selbst-Persiflage "This Is Not A Prog Song", in dem (fiktive?) Passagen einer Besprechung zu einer Platte der Band zitiert werden - ergänzt durch Graffitis auf'm Klo wie z.B. "rpwl sucks"! Hey Jogi, ich dachte du habest keine schlechten Kritiken über Euch gelesen? "I Watch Myself Sleeping" ist wieder einer dieser epischen, mit Breitband-Sound versehenen RPWL-Tracks, wo man sich wohl fühlt und ins Träumen gerät, einfach wunderschöne Musik. "Stranger" hingegen beginnt mit Schüssen im Hintergrund und einer Straßenatmosphäre, einigermaßen heftigen Riffs, die an BLIND EGO erinnern, befasst sich textlich interessanterweise mit einer ähnlichen Thematik wie kürzlich "Sniper" von VIRON, also Soldaten, die sich gegenüberstehen und ihre Gefühlslage dabei. Die Synthesizer-Sequenz von Yogi hier erinnert mich total an Manfred Mann, klasse. "Talk To The River" ist ein ganz ruhiger Track mit sehr traurigem Text, der mich persönlich sehr berührt, was hier nicht weiter ausgeführt werden soll. Die Sphärenklänge inmitten des langen Songs, die laut meiner Interpretation den Übergang vom Leben in den Himmel vertonen, sind ggf. nicht jedermanns Sache, mir gefällt's.
Zurückgeholt in die Gegenwart werden wir mit dem treibenden "Choose What You Want To Look At" und auch dessen Botschaft kann nicht deutlich genug betont werden: Wähle aus, was Du Dir anschaust. Ein grandioser Song mit zutreffender Kritik am Konsumwahn und dem Werbeirrsinn und wie wir alle täglich davon bombardiert werden. Und auch das Verhalten der Leute diesbezüglich, da fallen mir immer die Leute mit 20.000 Songs auf ihren Ipods oder der Festplatte ein ... Wir alten Vinylfreaks haben unsere Platten zumindest alle mal gehört ... Ja, es ist Zeit, die Uhr zurückzudrehen und das macht die Band im letzten Stück, in dem sie noch einmal ihre Stärken bündelt und zu einem versöhnlich ruhigen Ausklang kommt, wiederum mit edlem Touch versehen.
Ein vorzügliches Album, dessen Tragweite man erst bei eingehender Beschäftigung erkennt; RPWL ist die Gratwanderung gelungen, ihr Spektrum zu erweitern und sich trotzdem treu zu bleiben. Hörer dieser Band sind einfach offene aufgeschlossene Persönlichkeiten und nette Menschen, kaum vorstellbar, dass ein verhärteter Unsympath sich dieses Kleinod anhört.
Wieder einmal ein Herzliches Dankeschön nach Freising!
Kontakt: www.rpwl.de, www.insideout.de, www.blackfarm.de

Tracklist:
Silenced
Breathe In, Breathe Out
Where Can I Go
Master Of War
This Is Not A Prog Song
I Watch Myself Sleeping
Stranger
Talk To The River
Choose What You Want To Look At
Turn Back The Clock
 




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