www.Crossover-agm.de LONEWOLF: The Dark Crusade
von rls

LONEWOLF: The Dark Crusade   (Karthago Records)

Als potentieller Kandidat für die Nachfolge von Running Wild, wenn Rolf "Rock'n'Rolf" Kasparek sein Schiff mal versenken würde, galten Lonewolf ja schon immer (neben X-Wild natürlich, aber deren drei durchaus gutklassige Alben fielen unglücklicherweise in eine Zeit, in der auch Herr Kasparek selbst noch hervorragenden metallischen Stoff erzeugte, und wurden somit nicht als zwingend notwendige Veröffentlichungen wahrgenommen). Nun ist genau jener Fall eingetreten, und Lonewolf machen Nägel mit Köpfen: Was auf den beiden ersten Alben "March Into The Arena" und "Unholy Paradise" noch eher eine latente Ahnung aufgrund der generellen Stilistik bildete, führt das zu 50% umbesetzte Quartett auf dem vierten Album "The Dark Crusade" zu beeindruckender Konsequenz, wobei dem Rezensenten das 2008er Album "Made In Hell" bisher entgangen ist und er somit nicht beurteilen kann, welchen Grad die Runningwildisierung dort bereits angenommen hatte. Aber in den neuen 57 Minuten weht wirklich an fast allen Ecken und Enden der Wind aus Hamburg, vom reinen Orchesterintro "Dragons Of The Night" mal abgesehen - ein solches Stilmittel hatten Running Wild eher selten eingesetzt, hier kommt es auch nicht von der Band selbst, sondern von Crystal Vipers Marta Gabriel, deren Gatte Bart auch gleich noch das Management für die Band übernommen und wohl auch den neuen Deal bei Karthago Records ausgehandelt hat (damit erscheint das vierte Album beim dritten Label). Und mit den dreieinhalb Franzosen (Bandkopf Jens Börner ist deutsch-französischer "Grenzgänger") kann Stefan Riermaier ein interessantes neues Geschwader auf dem heimischen Starnberger See begrüßen, das zwar weniger Eigenständigkeit aufweist als eine Seepocke am Heckruder eines Kaperfahrers, aber wie eingangs erwähnt so etwas wie die perfekte Ersatzdroge für darbende Running Wild-Anhänger darstellt. Ein paar Exempel gefällig? Bitteschön: Jens Börners Gesang lag schon früher zwischen Chris Boltendahl und Rolf Kasparek, hat sich jetzt aber nochmal ein Stück in Richtung der Frühzeit des Letztgenannten verschoben. Was er da singt, ging vorher nochmal zur lyrischen Supervision durch die Hände von Frank Knight, der weiland mit den drei Ex-Kasparek-Angestellten Axel Morgan, Jens Becker und Stefan Schwarzmann bei X-Wild musiziert und dort unter Beweis gestellt hatte, daß er sowohl eine perfekte Kasparek-Imitation als auch eigenständigere Ausrichtungen meistern konnte. Nicht mit bei X-Wild dabei war Gitarrist Majk Moti, auch einer der zahlreichen Ex-Mitstreiter Kaspareks - der spielt auf "The Dark Crusade" ein Gastsolo auf "Heathen Horde", das sich anhand des eigentümlichen, schwer zu beschreibenden Gitarrensounds deutlich vom Rest des Songs abhebt. Dem Rumfaß den Boden schlägt letztlich "Legacy Of The Wild" aus, mit dem sich die Band auch selbst (und selbstbewußt!) als Kasparek-Erben positioniert und dessen Text sie kurzerhand aus Running Wild-Alben- und -Songtiteln zusammengebastelt hat. Dazu kommen die typischen Riffs und Harmonien, etwas keltische Pentatonik (die Rolf auf "Pile Of Skulls" entdeckt und eingeführt hatte) und eine etwas stärker als früher ausgeprägte Vorliebe für ausladende Arrangements - Longtracks wie "Hail Victory" (den kann sich titelseitig auch nur eine politisch unverdächtige elsässische Band erlauben ...) oder gar den Zehnminüter "The Hour Zero" kannte man von Lonewolf bis dahin nicht, wohl aber eben von Running Wild (etwa das Meisterstück "Treasure Island", das witzigerweise in "The Hour Zero" um Minute sechseinhalb herum zitiert wird, oder das nicht minder geniale "The Ballad Of William Kidd"). Ob die neue Rhythmusgruppe bei der Runningwildisierung ihre Finger mit im Spiel hatte, bleibt zu überprüfen. Zum einen enthält "The Dark Crusade" auch Material, das noch von Ex-Drummer Felix Börner (co-)komponiert worden war, zum anderen hat sich Neu-Bassist Alexandre Hilbert sofort stark ins kompositorische Geschehen eingebracht - fünf Nennungen als Co-Komponist und zwei als alleiniger Autor unter insgesamt elf Tracks sprechen eine klare Sprache. Offensichtlich steckten in Hilbert zahlreiche Ideen, die er in dieser Form nicht bei Nightmare, seiner anderen Band, unterbringen konnte. Und da kommt dann doch ab und zu mal das eine oder andere Element zum Tragen, das man in dieser Form aus Hamburg noch nicht kannte. "Words Of The Witch" etwa enthält eigentümliche Tonartwechsel im Refrain und linst gitarren- und arrangementseitig im ersten Teil manchmal ein Stück in Richtung des angefolkten Pagan Metals, dessen Protagonisten sich ja zumindest partiell auch von Running Wild inspiriert zeigten und zeigen. Auch die die Strophen durchziehende Leadgitarre im sehr schnellen "Winter Farewell" (also nix mit Ballade, wie man vielleicht beim Lesen des Songtitels erwartet haben mag) findet zwar die eine oder andere Parallele im traditionsmetallischen Schaffenskosmos, jedoch eben keine in dem aus dem Hause Kasparek. Ein Aspekt, wo eine stärkere Anlehnung an Running Wild hingegen sogar wünschenswert erschienen wäre, ist die Covergestaltung: Dem zeichnerisch eher mäßig umgesetzten Kampf zwischen einem Wolf mit gewissen Menschenanleihen (u.a. die testosteronstrotzenden Oberarme!) und einem auf einem Drachen reitenden Skelett (man beachte die Zügel!) hatten Running Wild (und übrigens auch Lonewolf selbst auf früheren Alben) durchaus stilvollere Exempel entgegenzusetzen. Das beeinträchtigt freilich nicht das Urteil über die Musik, und dieses wurde schon mehrfach im Text vorgebracht: Lonewolf sind mit dem sauber produzierten "The Dark Crusade" nahezu Running Wild II geworden, und wer das zu mögen glaubt, der greift ohne vorherige Hörprobe zu, während Nicht-Kasparek-Fans auch durch "The Dark Crusade" nicht zu Kasparek-Fans mutieren dürften.
Kontakt: www.karthagorecords.de, www.myspace.com/metalonewolf

Tracklist:
Dragons Of The Night
Viktoria
Legacy Of The Wild
The Dark Crusade
Hail Victory
Warrior Priest
The Wolf Division
Heathen Horde
Words Of The Witch
Winter Farewell
The Hour Zero
 



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