www.Crossover-agm.de LIONS BREED: Damn The Night
von rls

LIONS BREED: Damn The Night   (Sonic Age Records)

Lions Breed waren der Vorläufer von Scanner, einer der wohl glücklosesten deutschen Metalbands, jedenfalls wenn man ihre Karriere mit ihrem musikalischen Können in Relation setzt. Aber die beiden Sci-Fi-lastigen ersten Alben fuhren stilistisch in den Endachtzigern auf dem toten Gleis des schon auf dem absteigenden Ast befindlichen Traditionsmetals, während die Textkonzepte erst Jahre später en vogue wurden. Da wiederum wollte kaum noch jemand ehrlichen Traditionsmetal hören, und so rissen auch die Alben Numero 3 und 4 in der Prä-HammerFall-Ära nichts. Frustriert änderte Bandkopf Axel Julius dann doch den Stil, stellte eine Sängerin ein und spielte noch ein gutklassiges, aber nicht weltbewegendes fünftes Album ein, dessen melodisch-zurückhaltendere Art von den Altfans aber nicht goutiert wurde und andererseits auch keine neuen Fanschichten erschloß. Nichtsdestotrotz soll die Band acht Jahre nach diesem letzten konservierten Lebenszeichen immer noch am Werkeln sein (u.a. spielt in der aktuellen Besetzung "Emma" Baß - den Menschen hinter diesem Spitznamen kennt man von Darkness bzw. Eure Erben). Aber wir haben weit vorgegriffen: Lions Breed hatten in den Mittachtzigern auf alle Fälle nicht das Pech, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein - im Gegenteil: Sie reihten sich problemlos in die losbrechende Welle junger deutscher powervoller Metalbands ein und gehörten mit einem relativ frühen Gründungsjahr sogar zu deren Pionieren. Das erste Demo erschien 1983 (so sagt www.metal-archives.com) bzw. 1984 (so steht es hier auf der CD), und im Januar 1985 wurde dann das erste und unter diesem Banner letztlich auch einzige Album "Damn The Night" eingespielt, übrigens mit Ralf Hubert als Tontechniker, der dann später mit den schwerverdaulichen Mekong Delta selbst vom Dunkel des Studiobunkers an die vorderste Front wechseln sollte. Die vorliegende CD vereint nun die neun Songs des Albums und die drei des Demos, womit das konservierte Gesamtwerk der Band vorliegt. Von den Demosongs erfuhren "Live And Let Die" (kein McCartney-Cover) und "Valve Of Hell" eine Neueinspielung fürs Album, während "Turn It Up" dieser Ritterschlag verwehrt blieb, wobei der als Halbballade beginndende und später speedigere Song allerdings alles andere als schlecht ist. In der CD-Pressung wurde er sogar an die erste Stelle der Demotracks geschoben, wohl um die Doppelungen nach hinten zu schieben, während er auf dem Originaldemo natürlich nicht an erster Stelle stand, denn der halbballadeske Teil hätte ja einen völlig verzerrten Eindruck von dem, was von Lions Breed zu erwarten war, hervorgerufen. Ihr Metier war nun mal der klassische Traditionsmetal, vergleichbar bisweilen mit den frühen Stormwitch-Alben, allerdings im Gesamtschnitt ein wenig langsamer als diese. Ihre Leidenschaft für speedmetallische Klänge entdeckten die verbliebenen Mitglieder offensichtlich dann erst bei Scanner, denn auf "Damn The Night" steht in Gestalt von "Neon City" (zu LP-Zeiten wohl der Opener der B-Seite) nur ein flotterer Track, und den hat Sänger Ulrich Rohmann geschrieben, der nach dem Ende von Lions Breed nicht mehr an herausgehobener Stelle in Erscheinung trat, was zumindest anhand seiner songwriterischen Fähigkeiten sicherlich schade ist, während man über die gesanglichen durchaus diskutieren kann. Erstaunlicherweise relativiert sich der eher unbeholfene Eindruck, den sein Gesang im Opener "Heavy Current" stellenweise macht, im Laufe des Albums mehr und mehr - er schafft es zwar nicht, zu den richtigen Könnern aufzuschließen, aber er beweist, daß er durchaus einiges auf den Stimmbändern hat, die Töne trifft und übrigens auch stets in verträglichen Tonlagen verbleibt. (Kleine Nebenbemerkung: Scanner schafften es später, für ihre fünf Alben vier Sänger zu "verbrauchen", und da ist Ralf Scheepers, der nur an Demoaufnahmen beteiligt war und später in seiner Zeit zwischen Gamma Ray und Primal Fear noch einmal als Gastsänger auf "Puppet On A String", dem Opener des vierten Albums "Ball Of The Damned", auftauchte, noch nicht mal mit eingerechnet.) Auch die Instrumentalisten zeigen sich schon hier durchaus als gutklassige Beherrscher ihres Metiers, wenngleich das geniale Element, das später bei Scanner hier und da aufblitzen sollte, bei Lions Breed noch nicht so richtig erahnbar war. Aber ein für Mittachtziger-Verhältnisse recht vielschichtiger Song wie "Mystery Game" deutete schon an, wohin die Reise gehen sollte, während andere Songs eher zur geradlinig powernden Strategie griffen und damit auch keine schlechte Figur abgaben, allerdings auch kaum Argumente enthielten, weshalb man ihnen mehr als ein Prädikat der Marke "zeitbezogen gut" umhängen sollte. Unter "zeitbezogen" sollte man auch die Abhandlung der optischen Frage vornehmen. Über die Klamotten der Bandmitglieder schweigt man aus heutiger Sicht lieber, aber das kultige Cover muß unbedingt Erwähnung finden: Petra Elbers, blond und in schwarze Dessous gehüllt, entdeckt mit Schrecken in ihrem knitterbedingt auf vorherige Aktivitäten hindeutenden, rosa angeleuchteten Bett eine weiße Flying V. Die Staffage bilden Lederklamotten auf dem Bettrahmen und auf dem Teppich, ein Amp steht im mit geblümter Tapete und Zentralheizung ausgestatteten Zimmer, auf dem Fensterbrett liegt eine Ausgabe des Sounds-Magazins, und unter dem Heizkörper liegt eine Anzahl Singles und LPs. Hier rächt sich dann das kleine Format des CD-Covers, denn man erkennt nicht, um welche Platten es sich handelt, und muß sich auf Drittinformationen von Besitzern der Original-LP verlassen, die u.a. Maidens "Women In Uniform"-Maxi identifizieren konnten. Geschmack hatten die Herren also offensichtlich schon damals, und dieses Attribut kann man durchaus auch auf die Musik übertragen, an deren Komposition bis auf Drummer Michael Ecker alle Bandmitglieder beteiligt waren, während dieser kurioserweise fünf Achtel der Texte zu den LP-Tracks ("Mental Domination" ist ein Instrumentalintro) schrieb, was ja nun nicht der gängige Job eines Schlagzeugers ist. Sei's drum: In den Demotracks klingt das Drumming noch etwas blechern, und eine Portion Power fehlt auch noch, aber ansonsten kann man auch diese drei Tracks durchaus goutieren und sich mit dem knapp fünfzigminütigen Gesamtpaket ein interessantes Dokument des deutschen Metal der frühen und mittleren Achtziger ins Regal stellen (der Erwerb sollte bei gutsortierten Mailordern wie www.karthagorecords.de möglich sein). Wer allerdings auf der Suche nach verkannten Metalklassikern ist, wird nicht hier, sondern auf den ersten vier Scanner-Alben fündig.
Kontakt: www.sonicagerecords.com

Tracklist:
Mental Domination
Heavy Current
Searover
All Night Be Damned
Live And Let Die
Neon City
Lady Of The Night
Mystery Game
Valve Of Hell
Turn It Up
Valve Of Hell
Live And Let Die



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