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KRÁPNÍK: Svatý Klid
von rls

KRÁPNÍK: Svatý Klid   (Eigenproduktion)

Der Drache wird hier nur auf dem Backcover erlegt - auf dem Frontcover entsteigt der Flamme eines Streichholzes eine nur mit einem halblangen dunkelblauen Umhang bekleidete Dame wohlproportionierter Figur und etwas skeptischen Blicks, die einen Taktstock schwingt, über dem wiederum zwei rote Noten schweben. Diese kuriose Kombination erweist sich als durchaus aussagekräftig, bemerkt man nach Durchhören der 41 Minuten des Krápník-Debütalbums: Das tschechische Quintett hat ein Metalherz, aber es gehört zur eher wohlgeordnet-gepflegten melodischen Riege und setzt in seinem Heimatland eher die Linie von Bands wie Turbo oder auch Lada Krizeks Solowerken fort, anstatt sich an Härtnern wie Arakain oder gar Törr zu orientieren. Kurioserweise hat es Bandkopf Ludek Navratil (auf diesem Album Alleinsongwriter) sogar geschafft, eine Förderung der Bezirksverwaltung Olomouc an Land zu ziehen, und den weitsichtigen Kulturförderern ist dafür zu danken, denn ansonsten wäre uns womöglich eine blitzsaubere melodische Metal-Scheibe durch die Lappen gegangen, indem sie gar nicht erst erschienen wäre. Die Planstelle eines Keyboarders ist zwar mit Kamil Rozsypal dauerhaft besetzt, aber der Mann übt keinesfalls einen "verweichlichenden" Einfluß auf das Material aus, sondern agiert so stimmungs- und songdientlich, wie man das von vielen seiner Instrumentenkollegen aus den Siebzigern her kannte, auch wenn Krápník stilistisch mit dieser Epoche sonst nichts am Hut haben. Auch verfügt die Band zudem über zwei Gitarristen, die in der Gesamtbetrachtung dann auch die dominanten Akzente setzen, wenngleich sie klug genug sind zu wissen, wann sie ihren Keyboarder mal nach vorne zu lassen haben, um dem Song noch eine bestimmte Extrawirkung zu verleihen. Schönes Beispiel: "Nevadí" - das knochentrockene Hauptriff kommt von den Gitarristen alleine, und erst im Refrain fügt der Keyboarder eine Orchestralwirkung hinzu, die mit der basischen Inszenierung ringsherum eine interessante Symbiose eingeht. Ihre musikalischen Vorbilder finden Krápník hauptsächlich in den Achtzigern, wobei es sehr schwierig ist, konkrete Anhaltspunkte zu benennen - auch die oben angeführte Mixtur aus Turbo und Lada Krizek ist eher als grobe Betrachtung eines Mischverhältnisses und nicht als Orientierung an einer der beiden Bands zu verstehen. In der Ankündigungsmail von Karthago Records war von Stairway und Lord die Rede - letztere wohl die ungarischen, die in der Sammlung des Rezensenten aber komplett fehlen, so daß dieser Teil des Vergleichs weder bestätigt noch dementiert werden kann. Stairway paßt schon eher, auch Namen wie Magnum sind nicht ganz außer Sichtweite, und wer sich 2010 "Death Dealer" von Stormzone gekauft hat und diese Scheibe mag, der darf auch Krápník mal ein Ohr leihen. Zudem wären die Spanier Piel De Serpiente als Ankerpunkt zu verorten (witzigerweise wurde deren Minialbum "Ya No Hay Marcha Atrás" in der gleichen Karthago-Infomail angekündigt und auch von öffentlichen Stellen cofinanziert, in diesem Falle von der Stadtverwaltung Valencia), und die abschließende dreiertaktige Halbballade "Starosti Víly" trägt die eine oder andere Parallele zu Supreme Majestys "Eye Of The Storm" mit sich herum, aber in der Endabrechnung sind die fünf Tschechen doch erstaunlich eigenständig, obwohl sie strenggenommen keine Stilelemente verarbeiten, die man nicht schon seit 30 Jahren kennen würde. Die leicht orchestral angehauchte Halbballade "Priznávám", das leicht proggige Mini-Epos "Bílá Páni" (einer Einleitung mit fast numetallisch verschleppten Drums folgt ein für Krápník-Verhältnisse abgedrehter rhythmischer Part, der dann kurioserweise in geradlinigen flotten Melodic Rock an der Grenze zum Melodic Metal übergeht) und das auch mit einigen überraschenden Wendungen ausstaffierte "Taková" (höre den völlig kuriosen "bremsenden" Haupttempowechsel) heben sich rein stilistisch betrachtet aus dem Material heraus, aber auch die "konventionelleren" Songs sind zweifellos hörenswert, etwa gleich der recht schleppende Opener "Krápník" oder der etwas flottere Titeltrack, der auf dem Fuße folgt. Hochgeschwindigkeitsfetischisten werden mit dem Album freilich nicht glücklich, denn über leicht gehobenes Midtempo geht das Quintett nicht hinaus. Aber dieser Personenkreis widmet sich ja auch den bereits genannten Vergleichsbands gar nicht erst. Zu konstatieren wären auch noch eine blitzsaubere Produktion und die ausgesprochen hohe Qualität des Leadgesangs, den Bandkopf Ludek Navrátil selbst übernimmt und sich dieser Aufgabe in mäßigen Höhenlagen, bisweilen fast in deklamatorischem, aber stets melodisch bleibendem Charakter ohne jeden Anflug von Rauhigkeit entledigt. Somit kommt hier ein Geheimtip für alle Freunde beschriebener Klänge, den man sich via www.karthagorecords.de in seine Sammlung stellen kann, ohne erst nach Olomouc fahren zu müssen.
Kontakt: www.krapnik.cz

Tracklist:
Krápník
Svatý Klid
Je Odzvoneno Rusalkám
Nevadí
Priznávám
Století Válek
Bílá Páni
Okultisté
Taková
Starosti Víly


 



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