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ARAKAIN: Restart
von rls

ARAKAIN: Restart   (2P Production)

"Restart"? Der Opener "Pojd Dál" geht mit entrückt wirkenden, leicht alternativen Gitarren samt unterlegtem Drumcomputer los und läßt den geneigten Arakain-Anhänger erschrocken aufhorchen, welcher Art denn der beschriebene Neustart sein soll. Aber nach 20 Sekunden ist der Spuk zum Glück vorüber, Drummer Doxa schaltet sein richtiges Instrument ein, und die Musik wechselt in den gewohnten Grenzgängersound im Übergangsbereich vom Power zum Thrash Metal, wobei ein gewisser Hang zur Modernität aber auch dort erhalten bleibt, wie "Prázdno V Hlave" mit seinen quietschenden Gitarren und seiner gesamten Songanlage deutlich macht: Arakain versuchen offensichtlich, auch für jüngere und weniger traditionalistisch veranlagte Metallergenerationen interessant zu bleiben, ohne die alten Fans zu verprellen. Dementsprechend dosiert fällt auch der Einsatz der moderner anmutenden Elemente aus - die Grundsubstanz der Songs lagert im traditionellen Bereich, und das Material bleibt im Zweifel grundsätzlich eher bang- als moshkompatibel, auch wenn etwa "Paganini" durchaus auch zu einer Kapelle wie Trivium gepaßt hätte (und übrigens keinen Deut nach Yngwie Malmsteen klingt, auch im kurzen Hauptsolo nicht). Dafür präsentiert sich gleich der Opener "Pojd Dál" als rückwärtsgewandt in einem ganz speziellen und wohl zufälligen Sinne: Der Refrain entspricht fast 1:1 einer Metalversion des Refrains von Genesis' "Land Of Confusion", und da der gemeine Deutsche der tschechischen Sprache nicht mächtig ist, muß man sein Hirn immer wieder zurückhalten, nicht den Text der Briten auf die Musik der Tschechen zu singen (würde live sicher recht unterhaltsam sein ...). Vom besagten Opener bis zum an Position 4 stehenden "1492: Dobytí Ráje" senken Arakain das Spieltempo schrittweise vom Stakkatospeed zu einer schleppenden Hymne ab, um in den folgenden 10 regulären Songs und dem Bonustrack "Maraton" (den Komponistenangaben zufolge eine Coverversion tschechischer Herkunft) zwischen diesen Polen zu variieren. Auch der latente Hang zur Modernität bleibt erhalten, ähnlich wie beispielsweise in den neueren Werken von Overkill, ohne daß Arakain allerdings deren gelegentlichen Hang zur Düsternis reproduzieren. Mit "Vzít Cas Na Splátky" kommt dann allerdings sogar noch eine Ballade zum Zuge, die an einigen wenigen Stellen noch gewisse Reserven in der Cleangesangssicherheit beim Neuzugang am Mikro, Honza Touzimský, offenbart, der allerdings auch im rauhen Bereich bisweilen noch etwas angestrengt wirkt - das wird sich mit zunehmender Routine sicherlich legen. Ganz neu im Bandkontext ist er allerdings auch nicht, denn schon auf dem "Warning!"-Album teilte er sich den Gesang mit Petr Kolar, der nun offensichtlich komplett aus dem Bandkontext verschwunden ist - lediglich als Text-Co-Autor von "Zabiják V Nás" wird er noch genannt. Der Neue wiederum war noch gar nicht am Songwriting beteiligt - ob er sich auch hier einbringen wird, bleibt abzuwarten und das Ergebnis im Falle des Falles natürlich ebenso. Nützlich wären ein paar neue Ideen vielleicht schon, denn die 14 Eigenkompositionen auf "Restart" machen zwar allesamt durchaus Hörspaß und unterschreiten keinesfalls ein gutes Niveau (das vom interessanten Gitarrensolo abgesehen recht langweilige "Právo Más" mal ausgeklammert), aber ein Oberknaller befindet sich darunter auch nicht. Neben dem bereits behandelten Opener und dem ebenfalls bereits genannten "1492: Dobytí Ráje" kommt vielleicht "Skryta Kamerá" noch am ehesten als Albumhighlight in Frage - vor allem der wie eine Muräne aus der Deckung hervorschießende Gitarrensolopart packt den Hörer bei allen verfügbaren Gliedmaßen. So ein paar Ideen hätte manch anderer Song durchaus noch vertragen können, denn da hat sich bisweilen doch etwas zu viel Routine eingeschlichen. Man nehme mal "Lámou" her - auch hier gerät der erste Teil zu unauffällig, bevor Jiri Urban und Mirek Mach im Solo wieder mal ihr ganzes Können ausspielen und plötzlich auch die Wiederholungen früherer Teile gegen Songende hin noch mit etwas mehr Energie und Spielfreude ausgestattet werden. "Zabiják V Nás" wiederum verdeutlicht, daß Arakain anno 2009 offenbar keine geradlinigen Metalsongs mehr schreiben wollen - hier hätte die Gelegenheit dafür bestanden, aber jeweils die ersten beiden Strophenzeilen werden abgestoppt und mit einem ähnlichen verschleppten Rhythmus versehen wie die analogen Stellen in Deep Purples "Burn". Das macht das Ergebnis nicht schlechter, aber irgendwie wird man an mancher Stelle des Albums das Gefühl nicht los, daß der eine oder andere Rhythmuswechsel vielleicht nicht hätte sein müssen. Wie man Powerthrash spielt und in dieser Hinsicht eine gute Balance aus Technik und Geradlinigkeit findet, haben Heathen auf "The Evolution Of Chaos" eindrucksvoll demonstriert. Arakain kommen auf "Restart" nicht ganz so weit, aber trotzdem sind die summiert knapp 70 Minuten Spielzeit doch als mindestens gutklassig zu bezeichnen, auch sauber produziert (übrigens vom Sänger himself gemixt und gemastert) und daher für alle Freunde sowohl des Power als auch des Thrash Metals zumindest antestungswürdig. Bei Gefallen kann man sich ja dann gleich noch mit dem umfangreichen Backkatalog der Band eindecken. www.karthagorecords.de und andere gut sortierte Importhändler helfen bei dieser Aufgabe gern.
Kontakt: www.arakain.eu

Tracklist:
Pojd Dál
Prázdno V Hlave
Paganini
1492: Dobytí Ráje
Koncí Den
Kam Buh Se Dívá
Vzít Cas Na Splátky
Skrytá Kamera
Právo Más
Osudnej Den
Lámou
Zabiják V Nás
Postavy Z Obrazu
Hvezda
Maraton



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