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IRON CROSS: Steel Warrior
von rls

IRON CROSS: Steel Warrior   (Karthago Records)

Nachdem Iron Cross ihr Debütalbum "Bloodhounds" aufgenommen und insgesamt drei Personalwechsel verkraftet hatten (Gitarrist Kimmo Vanne war erst durch Peter Bredbacka ersetzt worden, mit dem allerdings nur der Song "Dealer" für einen Sampler eingespielt wurde, bevor Ari "Steeler" Suomi dauerhaft die Gitarristenposition übernahm, und außerdem stieg Keyboarder Kari Laihonen fest in die Band ein), machten sie sich an die Aufnahmen zum 1984er Zweitling "Steel Warrior", mit dem sie immerhin bei einem Warner-Sublabel unterkommen konnten. Freilich galt die Integration eines Keyboarders in die Besetzung einer Metalband in der damaligen Szene immer als Alarmzeichen einer seinerzeit begriffsseitig noch rein negativ belegten Kommerzialisierung (ältere Metalfans erinnern sich bestimmt noch an die Empörung, als Judas Priest auf "Turbo" mit Synthesizern zu experimentieren begannen und es ihnen Iron Maiden auf "Somewhere In Time" gleichtaten - und es handelte sich überwiegend "nur" um Gitarrensynthesizer, mit denen man bestimmte Gitarrensounds erzeugen konnte), und bei genauer Betrachtung erweist sich "Steel Warrior" auch tatsächlich als Schritt in eine weniger rauhe Richtung als die, welche man mit Teilen des Erstlings noch verfolgt hatte. Raven-Parallelen lassen sich in den neun neuen Songs (plus Intro "The Time") jedenfalls weit und breit nicht mehr ausmachen, einige Bezüge zu den mittlerweile im britischen Königreich zu relativ großer Popularität gelangten Tokyo Blade kann man aber immer noch finden, wobei Härte und Tempo eines Songs wie "Night Of The Blade" hier aber bei weitem nicht erreicht werden. "Heat Of The Night", balladesk beginnend, aber bald in härtere Gefilde mündend, wiederum erinnert nicht nur vom Titel her an den Opener eines klassischen NWoBHM-Albums, nämlich "Living On Borrowed Time" von Diamond Head, sondern hätte stilistisch auf diesem durchaus keine schlechte Figur abgegeben und wäre auch qualitativ nur bedingt abgefallen (lediglich einige der Drumbreaks holpern etwas zu orientierungslos durch die Botanik, was aber durch das furiose Hauptsolo im Speedtempo locker wieder ausgeglichen wird, das aber wiederum nach hinten heraus zu lange respektive zu einfallslos ausgespielt wird). "Dancing Nowhere" wiederum zeigt die neue Richtung schon an, in die sich Iron Cross stilistisch bewegen sollten, und auch die Singleauskopplung "Get Down 'N Get Away" darf als weiteres Anzeichen gewertet werden. Die Überraschung allerdings: Die Hinwendung zu amerikanisierteren Klängen, wie sie das Spätwerk deutlich prägen, ist vom rauhen, NWoBHM-angehauchten Metal partiell über den Umweg des typischen skandinavischen Hardrocks erfolgt, was wiederum für den Kenner keine wirkliche Überraschung darstellt, denn Elemente des letztgenannten hatten auch im Spätwerk der Band noch überlebt, wenn man beispielsweise den Keyboardeinsatz hernimmt, der sich zwar von klassischen Einsprengseln, wie man sie zeitgleich bei Silver Mountain kennenlernen konnte, fernhielt, aber dennoch so deutlich in die Siebziger zurückverwies, wie es die Amerikaner kaum jemals taten. Damit positionierten sich Iron Cross in einer Ecke, in der sich die heutigen Labelkollegen Mirage etwas später in den Achtzigern gleichfalls wohlfühlten, wobei es Iron Cross nicht gelang, einen alles überstrahlenden Überhit zu schreiben, wie es Mirage mit "Out There (Survivors)" fertigbrachten. Die zeitlich parallele Entwicklung mit Europe sollte seitens Iron Cross mit "Steel Warrior" weitergehen (und auch noch mit "Too Hot To Rock" anhalten), wobei man erstaunt feststellt, daß etwa "Turn Out The Lights" auf "Out Of This World" auch keine schlechte Figur abgegeben hätte, und das obwohl der Refrain hier schon leicht amerikanisiert tönt (das machen die überdeutlichen Früh-Rainbow-Parallelen locker wieder wett, und so hätten heute vermutlich auch Narnia den Song mit Kußhand in ihr Repertoire aufgenommen). Produktionsseitig fällt die Tatsache, daß Esa Leinonens Leadgesang etwas zu weit im Hintergrund steht, auf "Steel Warrior" noch etwas stärker ins Gewicht als auf dem Vorgänger, denn die Backingvocals sind hier deutlich stärker ausgeprägt, was den leichten Amerikanisierungstrend stärker erscheinen läßt, als es ursprünglich wohl intendiert war; ob der Soundunterschied zwischen dem fast futuristischen lauten Intro und dem rückwärtsgewandter produzierten und nicht so lauten Titeltrack Absicht war oder nicht, muß indes komplett offenbleiben (das Intro klingt fast wie neu eingespielt). Esa klingt jedenfalls noch etwas rauher als auf dem Vorgängeralbum, aber durch die hintergründige Abmischung fällt das akustisch recht wenig auf. Dafür fällt etwas anderes auf: Der Keyboarder hat erstaunlich wenig zu tun - Teppichlegung unter den Riffs gehört jedenfalls nicht zu seinen Aufgaben, und so verrichtet er hauptsächlich Solo- und gelegentliche Themenarbeit (letztere schön zu betrachten in "Turn Out The Lights", hier mit eher rückwärtsgewandtem Sound). "Not Good For Your Health" schließt das reguläre Album ab und stand auch auf der B-Seite der erwähnten Singleauskopplung, unterscheidet sich soundlich aber so stark vom Rest des Albums, daß man versucht ist zu glauben, hier nicht die Albumversion, sondern die von der Single zu hören, die sich dann aufgrund anderer Speichermedien bzw. Übertragungswege klanglich vom Rest abhebt (nicht zwingend positiv übrigens). Diesbezüglich im Booklet vermerkt ist allerdings nichts (der Bookletinhalt gleicht bis auf die fehlenden Lyrics übrigens dem des Re-Releases von "Bloodhounds"). Sechs Bonustracks runden den Re-Release von "Steel Warrior" ab, und alle sechs stammen vom zweiten 1988er Promotape (die vier Tracks des ersten 1988er Promotapes standen bereits auf dem Re-Release von "Bloodhounds"), das sich konsequent auf dem Grat zwischen US-Westküstenrock und skandinavischem Hardrock eingenistet hatte und dort beileibe keine schlechte Figur machte (man höre sich mal "Rebels And Outlaws" an und stelle sich vor, anstelle Esa würde hier der Blind Guardian-Hansi der gleichen Zeitperiode singen - so groß ist der Unterschied erstaunlicherweise gar nicht). Allerdings muß trotz eines hochspannenden Songaufbaus in den ersten Minuten von "Avalanche" (der hätte auch Europe auf "Out Of This World", um bei der zeitlichen Parallele zu bleiben, durchaus nicht schlecht gestanden, und nach dem etwas zu unauffälligen Hauptteil trifft das Verdikt auch auf das starke Solo zu) das Urteil aus dem Review des Vorgängers auch hier beibehalten werden: Eine eigene Identität besaßen Iron Cross nicht, und trotz zweifellos guter Songs gab es nichts, woran sich ein größerer Erfolg hätte festmachen lassen können. Das sollte freilich niemanden hindern, hier eine gute Band der zweiten Reihe wiederzuentdecken, die sympathischerweise trotz entsprechenden Angeboten bisher auf eine Reunion verzichtet hat (Sänger Esa ist mittlerweile zu den Zeugen Jehovas übergelaufen). Um das Komplettwerk von Iron Cross wieder verfügbar zu machen, würde jetzt also noch "Too Hot To Rock" (auf dessen Rechten freilich Major EMI sitzt) von 1986, ein Dreitrack-Demo von 1990, das die letzte Iron Cross-Besetzung unter dem veränderten Bandnamen Dillinger eingespielt hatte, bevor sie sich in alle Winde zerstreute, sowie das frühe Demoschaffen aus den sechs Jahren zwischen Bandgründung und Debütalbum fehlen.
Kontakt: www.ironcross.tk, www.karthagorecords.de

Tracklist:
The Time
Steel Warrior
Dancing Nowhere
Highway
Heat Of The Night
Get Down 'N Get Away
Shining Fire
Turn Out The Lights
Hot Stuff
Not Good For Your Health
Golden Lions
Fight For The Strangers
Rebels And Outlaws
Avalanche
Queen Of The Night
Lady Luck


 



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