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von rls

IRON CROSS: Bloodhounds   (Karthago Records)

Sucht man in gängigen Metal-Nachschlagewerken nach den Finnen Iron Cross, stößt man meist nur auf das Album "Too Hot To Rock", anno 1986 bei EMI erschienen, während der Fakt, daß dies bereits das dritte Album der Band war, kaum bekannt ist. Der Erstling "Bloodhounds", 1982 auf einem kleinen finnischen Label erschienen, liegt nunmehr ebenso wie sein 1984er Nachfolger "Steel Warrior" (Review folgt), seinerzeit immerhin bei den Warner-angeschlossenen Finnlevy herausgekommen, in wiederveröffentlichter Form vor (die Lizenz, auch "Too Hot To Rock" wiederzuveröffentlichen, dürfte nicht zu bekommen gewesen sein, obwohl die strukturelle Abrundung des Schaffens der Band durchaus reizvoll sein dürfte). Hier soll uns zunächst "Bloodhounds" interessieren, das noch in einer Viererbesetzung ohne Keyboarder aufgenommen wurde und das wohl ursprünglich-rauheste der drei Alben darstellt, wie gleich der Opener und Titeltrack deutlich macht, der im besten Sinne an NWoBHM-Acts wie Tokyo Blade erinnert (wobei festzuhalten ist, daß deren Debütalbum erst ein Jahr später erschien, was verdeutlicht, daß man auch in Finnland seinerzeit nicht hinterm Mond lebte, was die metallische Entwicklung in der Welt anging) oder gar als geschliffene Variante von Raven durchgeht. Leider ist sowohl hier als auch in etlichen anderen Tracks wie "Revenge Of The Lord" Esa Leinonens Stimme einen Tick zu weit in den Hintergrund gemischt worden, was auch Bart Gabriels Remastering nicht hat entscheidend beheben können - das ist schade, denn Leinonen kann was, singt deutlich melodischer als etwa John Gallagher und könnte eher, wenn man in der Periode bleiben will, mit Jon Deverill (Tygers Of Pan Tang) verglichen werden. In der sehr starken Halbballade "Blindness" steht er im akustischen Mittelpunkt, und da kann man seine Qualitäten sehr schön nachprüfen. Bester unter den zehn Tracks dürfte die Quasi-Bandhymne "Cross Of Iron (Fields Of Glory)" sein, in der tatsächlich schon Keyboards auftauchen (wer diese eingespielt hat, gibt das Booklet nicht preis), und zwar in klassischer Hammondorgelform im Hintergrund. Zunächst entspinnt sich ein bombastisches Intro, von einem Gongschlag abgeschlossen, bevor ein sehr schneller Song lossprintet, der die ganze Aufbruchstimmung der Frühachtziger zum Ausdruck bringt, selbst wenn er gerade durch das Keyboard eher wie ein Bruder von Whitesnakes Endsiebziger-Kracher "Take Me With You" klingt - das furiose und trotzdem melodische Hauptsolo übernimmt hier allerdings komplett Gitarrist Kimmo Vanne, während die Keyboards ausschließlich Begleitfunktion ausüben. Demgegenüber hat an den klassischen Metalstampfern wie etwa "Devil's Night" doch ein wenig der Zahn der Zeit genagt, wenngleich man auch diese durchaus noch heute mit Interesse anhören kann, ohne daß einem ein graues Haar nach dem anderen wahlweise wächst oder ausfällt; auch hier macht der Gitarrist im Solo eine gute zeitgemäße Figur. "Hell's Angels" wiederum klingt deutlich weniger martialisch als anhand des Titels vermutet - im Gegenteil: Hier wird der spätere stilistische Schwenk der Band in Richtung eines deutlich amerikanisierteren Sounds der Marke Ratt schon leicht angedeutet, wenngleich nicht in der Evidenz, daß man eine entsprechende Entwicklung zwingend hätte erwarten müssen (dann hätte man nämlich alternativ auch die Theorie aufstellen können, das schnelle und an die heutigen Labelkollegen Mirage erinnernde "Gotta Be Cried", übrigens auch wieder mit orgelgestütztem Zentralbreak, wäre als Anzeichen für eine Entwicklung hin zum mehr oder weniger komplexen Speed Metal zu deuten, auch wenn diese halt nicht stattgefunden hat). "Let's Get Down To Business" und "Harder Than Stone" waren vor der Albumveröffentlichung schon als Single herausgekommen, wobei gerade der erste Track mit seinem bluesigen Riff auf eine völlig falsche Fährte lenkte - diese Elemente sollten eine singuläre Erscheinung im Frühschaffen der Band bleiben. Die schnelle B-Seite "Harder Than Stone" entsprach da schon deutlicher dem typischen Iron Cross-Sound anno 1982, wobei generell auffällt, daß die B-Seite des Albums (sofern die originale Reihenfolge im Re-Release beibehalten wurde) im Durchschnitt deutlich schneller ausgefallen ist als die erste; die Backingchöre der Singletracks sollten auf den anderen acht Songs ebenfalls recht selten bleiben. Nach dem Album kam Keyboarder Kari Laihonen als festes Mitglied in die Band, die außerdem Kimmo Vanne durch Peter Bredbacka ersetzte und in dieser Besetzung den Song "Dealer" für einen finnischen Sampler namens "Uusi Musa" einspielte, welcher den ersten von insgesamt sieben Bonustracks des Re-Releases bildet. Und wenn man schon einen Keyboarder einstellt, dann will der selbstredend auch beschäftigt werden, wobei das im Fale von "Dealer" allerdings wieder so hintergründig geschieht, wie man das von "Cross Of Iron (Fields Of Glory)" kannte. Im Refrain gönnt sich Esa übrigens auch kurz rauhere Anflüge, der erste Teil des Hauptsolos enthält ein fast skurril anmutendes Gitarrenbreak, und der neue Gitarrist macht seine Sache prinzipiell gut (starkes zweites Hauptsolo!), war aber nach den Aufnahmen trotzdem schon wieder der alte - sein Ersatz hieß Ari Suomi (sollte schon das ein Pseudonym sein und nicht nur "Steeler", wie er sich sonst nannte?) und sollte der Band bis zum Ende erhalten bleiben. Die restlichen sechs Bonustracks enthalten Material aus dieser Endphase, nämlich zum einen das erste von zwei Promotapes aus dem Jahre 1988, als die EMI, unzufrieden mit den Verkaufszahlen von "Too Hot To Rock", die Band schon wieder fallengelassen hatte und Iron Cross also ohne Deal dastanden, zum anderen eine Single von 1989, welche die Bandmitglieder auf ihrem eigenen Label herausgebracht hatten. Diese Tracks machen den Stilwandel der Band deutlich; von NWoBHM war weit und breit nichts mehr zu vernehmen und von Speed Metal-Anklängen erst recht nicht, dafür hatte sich der US-Westküstensound von Bands wie eben Ratt ausgebreitet, dazu kamen noch Einflüsse des zeittypischen skandinavischen Hardrocks, so daß etwa "How Could I Prove" fast wie ein Europe-Outtake aus den "Out Of This World"-Sessions anmutet. Das Durchschnittstempo in den ersten drei 1988er Tracks liegt allerdings immer noch erstaunlich hoch, der Gitarrist darf nach wie vor furios solieren, während die Produktion den Riffs etwas die Durchschlagskraft nimmt und den Gesang weiter in den Mittelpunkt stellt. Esa singt etwas anders als früher, aber immer noch gut, wenngleich nicht auffällig genug, um unter der seinerzeitigen Fülle zwischen Joey Tempest und Stephen Pearcy hervorzustechen und sich damit als ein Alleinstellungsmerkmal für Iron Cross zu etablieren - das dürfte ein Grund dafür sein, daß die Band es seinerzeit trotz Promo- und Konzerttouren in den USA nicht schaffte, den Durchbruch zu erzielen. Hört man sich mal die Halbballade "Why Are You Leaving" im Vergleich mit "Blindness" an, wird deutlich, daß die Band immer noch auf dem Level von 1982 spielt und auch Esas Gesang trotz leicht anderer Färbung immer noch so klingt wie damals, aber das genügte sechs Jahre später in der überfüllten Szene eben schon nicht mehr. Heute, aus retrospektiver Sicht, kann man sich diese Songs durchaus mit Genuß anhören, was auch für die beiden Singletracks gilt, die mangels Masterbändern offensichtlich vom Vinyl abgenommen werden mußten, wie das gegenüber den Promotapesongs deutlich dumpfere Klangbild mitsamt Plattenknistern nahelegt. Stilistisch fügen sich "Immoral Love" und "Eye For An Eye" nahtlos ins andere Iron Cross-Material der Zeit ein und runden so einen gelungenen Re-Release ab, der im Booklet neben den Texten der zehn regulären Tracks auch noch eine Bandhistory und einige historische Fotos in leider überwiegend historischer Bildqualität auffährt.
Kontakt: www.ironcross.tk, www.karthagorecords.de

Tracklist:
Bloodhounds
Rollercat
Hell's Angels
Blindness
Revenge Of The Lord
Cross Of Iron (Fields Of Glory)
Devil's Night
Gotta Be Cruel
Let's Get Down To Business
Harder Than Stone
Dealer
How Could I Prove
Rainy Night
Bad Dreams On The 43rd Street
Why Are You Leaving
Immoral Love
Eye For An Eye



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