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HOTWIRE: Devil In Disguise
von rls

HOTWIRE: Devil In Disguise   (P&M Records/NL Distribution)

Der eine oder andere erinnert sich wahrscheinlich noch an die Doppelstruktur des letzten Albums "Middle Of Nowhere/... And Never Surrender" (alle, die sich nicht mehr erinnern, lesen die Rezension nach), und scheinbar haben die Querelen die Beteiligten erstmal so weit ausgelaugt, daß Ex-Sänger Werner Stadi gleich komplett in der Versenkung verschwunden ist (ein Sorry vorab, falls ich da irgendwo ein Wiederauftauchen mit einer neuen Band übersehen haben sollte) und der Rest der Truppe nach einer Handvoll Gigs auch erstmal eine mehrjährige Pause brauchte. Nun erscheint besagter Rest mit dem Album "Devil In Disguise" wieder auf der Bildfläche und macht deutlich, daß die vierjährige Pause in stilistischer Hinsicht keinerlei Spuren hinterlassen hat. Soll heißen: Hotwire klingen immer noch so wie anno 2001, immer noch so wie vermutlich 1995 (das in diesem Jahr erschienene Debütalbum hat sich immer noch nicht in meiner Sammlung eingefunden) und immer noch so wie Bonfire in den Achtzigern. Die Präzisierung "in den Achtzigern" ist wichtig, denn das neue Bonfire-Album "Double X" ist doch relativ kernig und phasenweise nahezu metallisch ausgefallen (eine solche Richtung hatten sie etwa auf "Don't Touch The Light" nur angedeutet), und da wollen Hotwire trotz erneuter Produktion durch Chris Lausmann nicht durchgängig mitziehen. Müssen sie ja auch nicht, aber zumindest in bezug aufs Riffing mancher Songs haben sie's ansatzweise dann doch getan - man höre als Exempel gleich mal den Opener "Waterfalls", der sich nach Durchhören der gesamten Dreiviertelstunde auch als Highlight der Scheibe entpuppt, nachdem man aufgrund des kraftlosen Loops in den ersten Sekunden schon die rote Alarmleuchte hatte rotieren sehen, die aber beim Einsetzen des Riffings wieder ausgeht und nur bisweilen nochmal aufblinkt, was auch die Schuld der Produktion ist: Die Drums sind eindeutig zu steril aufs Band gezimmert worden. Das Bandinfo gibt zwar an, daß nach wie vor Tom Glas hinter den Kesseln sitzen würde, aber an manchen Stellen hört sich das Drumming doch recht künstlich an, wenngleich man nie in Def Leppard-Gefilde abdriftet (die allerdings auch einen sachlichen Grund für die halbkünstlichen Drums besaßen). Auch Bassist Winnie Neumann hat man akustisch relativ weit im Hintergrund belassen, dafür stehen Sänger Andy Urbeck und Gitarrist Alex Espinosa im Vordergrund, was sie durch gute sangliche bzw. spielerische Leistungen aber auch rechtfertigen, ohne allerdings das Allerletzte aus sich rauszuholen, wobei das bei dem sauberen Melodic Rock der Band aber auch nicht unbedingt nötig erscheint. Unter den elf Songs finden sich zwei Covers (die Neuinterpretation von Fremdliedgut hat bei Hotwire ja Tradition, wenn man sich beispielsweise an die Akustikversion von "You Shook Me All Night Long" erinnert, die seinerzeit auch einigen Erfolg im Radio gehabt haben soll), wobei sich "Ride The Night Away" (von wem war das Original gleich noch?) gut ins sonstige Material einfügt und Andy zum Schluß auch mal stimmlich sauber nach oben gleiten läßt, während "Hot Love" von T.Rex wahrscheinlich eher dafür sorgt, daß sich Marc Bolan im Grabe rumdreht, und zwar nicht aus Freude. Dieses Ding, instrumentenseitig übrigens komplett von Chris Lausmann eingezimmert, klingt vom Sound her derart schlapp und leer, daß man es auf das Bai Bang-Debüt "Molten Metal" hätte packen können, und das ist ausdrücklich nicht als Kompliment zu verstehen. Keine Ahnung, wo der "volle Druck", den das Infoblatt bei diesem Song konstatiert, hingekommen ist, aber auf die CD hat er's jedenfalls nicht mit geschafft. Da widmen wir uns doch lieber den Eigengewächsen der Band, denn da sind doch etliche dabei, die Spaß machen, etwa das schön melodische und dennoch nach vorne gehende "Skytrain" oder die beiden ebenfalls recht druckvollen Closer "Escaping" (mit schönen flackernden Gitarren im Mittelteil) und "Everytime You Want It" (auch hier wieder ein interessanter Tonartwechsel im Stück). Der Titeltrack fällt nicht weiter aus dem Rahmen, läßt aber mit einem ebenso überraschenden wie gelungen eingebastelten Tonartwechsel vor dem Übergang in den finalen Refrainpart aufhorchen, "I Know" steigert sich nach schlaffem Beginn zumindest noch auf ein hörbares Niveau mit einem guten Refrain und schönen eskapistischen Leadgitarren, während "Wonderland" an dieser Aufgabe scheitert. Bleiben die beiden Balladen "Feelings" und "Here I Am" zu betrachten, wobei erstgenannte die Frage aufwirft, ob es der Percussionuntermalung unbedingt bedurfte (zumal auch die fürchterlich künstlich klingt), wohingegen "Here I Am" im Bereich der klassischen Halbballade verbleibt und sich dort zwar nicht in der Spitzengruppe, aber im gesicherten Mittelfeld einreihen darf. "Gesichertes Mittelfeld" ist denn auch die Position, an der man das komplette Album verorten kann, denn bis zum Niveau der Spitzengruppe mit Bands wie Pride Of Lions oder auch, um im deutschen, ja nachbarschaftlichen Maßstab zu bleiben, Bonfire ist für Hotwire noch ein gutes Stück Weges zurückzulegen, aber mit Songs wie "Waterfalls" oder "Escaping" ist auch die Abstiegsgefahr mehr als nur gebannt. Die erhoffte Steigerung zum Vorgänger bleibt allerdings auch aus. Wenn man denn wenigstens die Drums etwas weniger artifiziell gestaltet hätte ... aber ich wiederhole mich ...
Kontakt: www.hotwire-rock.de

Tracklist:
Waterfalls
Devil In Disguise
Hot Love
Wonderland
Ride The Night Away
Feelings
Skytrain
I Know
Here I Am
Escaping
Everytime You Want It
 




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