www.Crossover-agm.de HALLOWEEN: No One Gets Out!
von rls

HALLOWEEN: No One Gets Out!   (Pure Steel Records)

Die der Hamburger Metalszene entsprossenen Helloween zählen seit über einem Vierteljahrhundert zu den absoluten Favoriten des Rezensenten im metallischen Areal - ihre amerikanischen Fast-Namensvettern Halloween aber waren ihm bisher ausschließlich vom Namen her bekannt. Selbige, in Detroit ansässig und 1981 gegründet, nannten sich zunächst Bitch, stellten aber fest, daß es an der US-Westküste schon eine Formation dieses Namens gab, und so wurde der Halloween-Tag anno 1982 (andere Quellen sprechen von 1984) für eine publikumswirksame Umbenennung genutzt, indem man während eines Gigs das Bitch-Backdrop herunterriß und dahinter das neue Halloween-Backdrop zum Vorschein kam. "Don't Metal With Evil" hieß das bei einem kleinen US-Label anno 1985 in eher überschaubaren Stückzahlen erschienene Albumdebüt, aber danach stotterte der Karrieremotor von Halloween, während Helloween mit der selbstbetitelten EP und den drei Albumklassikern "Walls Of Jericho", "Keeper Of The Seven Keys Part I" und "Keeper Of The Seven Keys Part II" eine äußerst erfolgreiche Laufbahn starteten, die trotz einzelner Zwischentiefs bis heute anhält. Die Karriere von Halloween hingegen schien im wesentlichen aus Tiefs mit nur gelegentlichen Zwischenhochs zu bestehen. Nach dem "Vicious Demo" brachten sie ihrem Zweitling "No One Gets Out!" anno 1991 als Eigenproduktion heraus und verschwanden dann für längere Zeit so gut wie ganz von der Bildfläche, wo sie erst im neuen Jahrtausend wieder auftauchten und nach einigen kaum größere Verbreitung findenden Alben Kontakte zu Pure Steel Records knüpften, die neben einem neuen Studioalbum namens "Terrortory" auch "No One Gets Out!" in CD- und erstmals auch Vinylform wiederveröffentlichten. Eine 2001er CD-Wiederveröffentlichung von Molten Records soll als Bonustracks die fünf des "Vicious Demo" enthalten haben, während hier via Pure Steel Records die althergebrachte 12-Track-Version vorliegt, deren Tracks auf der Rückseite interessanterweise zweimal von 1 bis 6 durchgezählt sind - da sprach offenbar der Vinylfreund im Layouter ...
Die Frage ist natürlich wie bei allen Re-Releases, ob sich für alle Nichtkenner des Originals ein nachträglicher Check lohnt. Sie ist mit "Ja, aber ..." zu beantworten. Zunächst bleibt festzuhalten, daß die Bandkasse anno 1991 offenbar relativ schmal war und für die Eigenproduktion ein eher überschaubares Budget zur Verfügung gestanden haben dürfte - auch wenn Rocco Stellmacher das Album nochmal remastert hat, bleibt ein relativ polteriges Soundgewand, das man mögen kann oder eben auch nicht. Polierte und saubere Produktionen, wie sie die deutschen Fast-Namensvettern etwa auf den "Keeper"-Alben auffuhren, hätten zum rauheren Teil des Halloween-Materials allerdings vielleicht auch nicht so richtig gepaßt. Kurioserweise versuchen die Detroiter auf dem Album aber Spagate in ganz verschiedene Richtungen. Nehmen wir mal die sechs Songs der A-Seite her (die auch als gesonderte Demoaufnahme existieren sollen), so finden wir da zunächst den rumpelnden Opener und Titeltrack, das rauh-flotte "If I Die You Die", beide mit ganz leichter Thrashkante ausgestattet, und das wilde, an obskure Bands wie Brocas Helm erinnernde "Crawl To The Altar". Danach wechseln Halloween mit einer 90-Grad-Drehung das Metier, spielen in "7 Years" fast "kommerziell" zu nennenden Melodic Metal, fahren mit "The Death Of Love" eine Halbballade auf, in deren Akustikpassagen Sänger Brian Thomas fast ein wenig wie Klaus Meine klingt, und wechseln dann mit "Kings" nochmal zu relativ zugänglichem Melodic Metal zurück. So interessant die verschiedenen Ausprägungen auch gewesen sein mögen, sie werden den noch viel stärker an Schubladen gewöhnten Hörer des Jahres 1991 eher verwirrt haben, was er denn hier nun zu erwarten hat. Die Verwirrung wird auf der B-Seite nicht aufgelöst, sondern eher noch befeuert: "Sanity In Danger..." und "Miss Eerie's Child" positionieren sich auf halbem Weg vom Power- ins Progressive-Metal-Lager, und zwar grob betrachtet zwischen den Savatage der damaligen Zeit (allerdings unter Verzicht auf Klassikeinflüsse und, von einigen Effekten und atmosphärischen Flächen, abgesehen, Keyboards) und den Fates Warning der "No Exit"-Ära, die vor allem von den Harmoniegerüsten her einen starken Einfluß auf Halloween ausgeübt haben müssen. Auch das Soundgewand ist hier einen Tick weniger polterig ausgefallen als auf der A-Seite, und die Songs knacken durchaus auch mal die Sieben- oder Achtminutengrenze. "Halloween" wiederum ist eine Coverversion (allerdings mit von Brian Thomas veränderten Lyrics), und zwar nicht etwa vom so benannten "Keeper I"-Klassiker, sondern von Seduce, die gleichfalls aus Detroit stammten und personell einige Querverbindungen zu Halloween aufwiesen - hier hören wir nun wieder traditionellen Power Metal der zugänglichen Sorte, ebenso wie im noch davor befindlichen "The Thing That Creeps" und in der auf dem Fuße folgenden anderen Coverversion, "Detroit Rock City" von Kiss, die mit dem etwas polterigeren Drumming, Brian Thomas' charakteristischer Stimme und einer geringfügigen Härtung durchaus eigenständige Elemente einbringt, ansonsten aber weitgehend dem Original entspricht. Das kurze psychotische Hörspiel "A.B.F.$" sorgt auch nicht gerade für Klarheit beim Hörer und läßt ihn nach Durchhören der insgesamt 56 Minuten verwirrt zurück. Wer seinen US Metal sehr vielschichtig mag, könnte hier glücklich werden, und da dieser Personenkreis heutzutage im "Anything Goes"-Zeitalter ja durchaus größer sein dürfte als noch 1991, stehen die Chancen für Halloween auf etwas mehr Aufmerksamkeit gar nicht schlecht.
Kontakt: www.puresteel-records.com, www.halloweentheband.com

Tracklist:
No One Gets Out
If I Die You Die
Crawl To The Altar
7 Years
The Death Of Love
Kings
Sanity In Danger...
Miss Eerie's Child
The Thing That Creeps
Halloween
Detroit Rock City
A.B.F.$
 




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