www.Crossover-agm.de EXAUDI: Sehnsucht
von rls

EXAUDI: Sehnsucht   (Eigenproduktion)

Sehnsucht konnte den geneigten Exaudi-Anhänger in der Tat befallen, schließlich hat er sieben lange Jahre warten müssen, bis nach der "Ein Stein"-EP endlich wieder neues konserviertes Material der Dresdner vorliegt. Zur allgemeinen Überraschung ist es diesmal nicht bei einer EP geblieben - schon weit im zweiten Jahrzehnt der Bandexistenz stehend, haben es Exaudi nun endlich zu ihrem Debütlongplayer gebracht. Und der bringt einerseits das Kunststück fertig, bekannte und liebgewonnene Traditionen des Bandsounds zu pflegen, andererseits aber auch eine Weiterentwicklung deutlich zu machen. Die äußert sich am augenfälligsten in der Besetzung: Zwar wurde das Experiment mit weiblichen Stimmen nach mehreren Versuchen ad acta gelegt, aber dafür haben sich Exaudi mit Katharina eine Violinistin geangelt, und die drückt vor allem der melodischen Komponente im Bandsound maßgeblich ihren Stempel auf. Das Ergebnis erinnert dann nicht so sehr an My Dying Bride, wie der Gothic Metal-Anhänger als erstes mutmaßen könnte, sondern eher an die mittlerweile weitgehend vergessenen Erzgebirgsbewohner Depressive World. Zudem tauchen verstärkt orientalisch wirkende Melodiestrukturen auf, beispielsweise im Titeltrack, dort allerdings in einer relativ originellen Ausprägung, die weder was mit Orphaned Land noch mit den seit Ritchie Blackmore gängigen Orientaladaptionen im Hardrock und Metal zu tun haben und einige Durchläufe brauchen, bis sie ins Ohr gehen. Als weitere neue Komponente darf man die deutlich ausgeweitete gesangliche Vielfalt werten, auch wenn wie erwähnt die weiblichen Vocals wieder aus der Band verschwunden sind. Aber dafür ist Keyboarder Tobias gesanglich offensichtlich nun voll integriert, und gemeinsam mit Gitarrist/Bandkopf Thoralf deckt er ein sehr breites Spektrum im extremeren Bereich ab, ergänzt auch noch durch verschiedene Färbungen von Klargesang, die einigen markanten Passagen noch eine Extraportion Eindringlichkeit verleihen. Das trifft beispielsweise auf den Refrain von "Tränen von Blut" zu, und nicht nur deshalb wirkt dieser Song wie der Kern von "Sehnsucht" - er vereint viele der Stärken des Bandsounds in sich, gerät zudem sehr hymnisch, beinhaltet aber auch einen Schuß Romantik mit Erlösungsgedankengut, und nach dem entrückten Intro entwickelt sich ein flotter Mitgehpart im Stile von Tristanias "Angellore", der von dem erwähnten hymnischen Refrain abgelöst wird. Das ist nicht kompliziert, aber sehr gut gemacht und darf deshalb als Anspieltip für den Teil des Publikums gelten, das den extremeren Metalstilen sonst eher nicht so zugeneigt ist. Einen relativ krassen Gegensatz dazu bietet gleich der nächste Track, "Das Schloss", bei dem Besitzer der "Ein Stein"-EP schöne Quervergleiche zu der dort eingespielten Frühfassung anstellen können. Der abgrundtief düstere Charakter dieser Frühfassung weicht in der aktuellen Version einer etwas größeren Vielschichtigkeit (an die seltsamen fanfarenartigen Einwürfe in der ersten textunterlegten Passage muß man sich erst gewöhnen, ebenso an den klagenden orientalischen Touch ab Minute 2), die den von Hoffnungslosigkeit geprägten Text (der Protagonist stellt fest, daß sein Name im Buch des Lebens nicht verzeichnet, sein Dasein ergo der Endlichkeit unterworfen ist) aber nicht konterkariert - der Song ist mit Abstand der düsterste unter den acht vertretenen, die es auf eine Gesamtspielzeit von einer Dreiviertelstunde bringen, und man achte mal genau auf die Konstruktion seines Endes, wo man einige Zeit braucht, umdie Anpassung der Musik an das textliche Szenario zu verstehen. Hingegen verarbeitet etwa das eher kompakt inszenierte "Engel" die klassische Passage "Denn er hat seinen Engeln befohlen ...", und hier steht der Protagonist auf der Gewinnerseite. Von diesem Spannungsfeld, das sich schon in der Titelkonstruktion "Schwarze Rosen" manifestiert, lebt das Material auf "Sehnsucht", wobei die Hoffnung einen etwas voluminöseren Platz einnimmt als auf früheren Tonzeugnissen der Band. Das findet allein schon seinen Ausdruck darin, daß das Durchschnittstempo ein gutes Stück höher liegt als früher - nicht mal "Das Schloss" ist zu einem reinen Doomsong geworden, und auch ansonsten baut Trommler Andreas relativ vielschichtige und im Vergleich zum früheren Bandschaffen bisweilen fast elegant zu nennende Rhythmen unter das Material. Szenekenner könnten hinter dem Closer "Sorgensturm" einen deathmetallischen Ausbruch vermuten (immerhin waren Sorrowstorm einer der eher knüppelig veranlagten Ableger von Living Sacrifice), aber diesen Wunsch erfüllt ihnen Thoralf nicht ganz, trotz eines relativ herben Riffs und diversen eingestreuten schnellen Stakkatopassagen. Die kompositorische Verantwortung liegt nach wie vor hauptsächlich auf seinen Schultern, aber auch Keyboarder Tobias beginnt sich mehr und mehr einzubringen, und das kurzerhand "Instrumentales" getaufte Instrumentalstück an der Vorschlußposition des Albums ist eine Gemeinschaftsproduktion von Tobias und Katharina, die es auch im Alleingang eingespielt haben. Am Sound gibt es nichts auszusetzen, die Schwarzweißoptik des Albums ist stilvoll gehalten, das Booklet enthält alle Texte, und somit ergeht eine dringende Erwerbsaufforderung an alle Freunde vielschichtigen Gothic Metals. Kontakt: www.exaudi-metal.de

Tracklist:
Etwas schweigt
Sehnsucht
Engel
Tränen von Blut
Das Schloss
Schwarze Rosen
Instrumentales
Sorgensturm
 




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