www.Crossover-agm.de DIRTY LOOKS: Slave To The Machine
von rls

DIRTY LOOKS: Slave To The Machine   (Perris Records)

Dirty Looks zählten zu den Bands, die Ende der 80er mit der Hollywood-Hairspray-Welle emporgespült wurden, obwohl sie mit diesem Stil eigentlich gar nicht so viel zu tun hatten - Parallelen etwa zu den Dangerous Toys tun sich auf. Ähnlich wie bei diesen hießen auch die großen Vorbilder von Dirty-Looks-Chef Henrik Ostergaard, einem gebürtigen Dänen, AC/DC, aber im Direktvergleich lagen Dirty Looks längst nicht so nahe an jenen wie Sleeze Beez oder gar Rhino Bucket. "Cool From The Wire" hieß das 1988er Album, das Dirty Looks schlagartig populär machte, und nur die wenigsten Neufans wußten, daß die Formation zu diesem Zeitpunkt schon drei eigenproduzierte Alben draußen hatte. Dauerhaft etablieren konnten sich Ostergaard und seine personell häufig umbesetzte Band, in der eine Zeitlang auch bekanntere Leute wie Chris Caffery (noch vor seinem Einstieg bei Savatage!), Gene Barnett (der später bei Lillian Axe trommelte) oder gar Ratt-Gitarrist Robin Crosby spielten, nach dem 1988er Überraschungserfolg aber nicht, obwohl sie bis 1997 noch zahlreiche weitere Platten herausbrachten, gelegentlich auch unter den Bandnamen Rumbledog oder Burning Orange. Dann herrschte Funkstille, bis Ostergaard, der zwischenzeitlich schwer alkoholabhängig war, noch einmal die Kurve kriegte und ab 2007, nun wieder unter dem Namen Dirty Looks, wieder in rascher Folge Alben herausbrachte, sowohl Neuwerke als auch Re-Releases, bis ihn sein altes Leiden doch wieder einholte und er 2011 an Leberversagen starb, womit die Bandgeschichte ihr endgültiges Finale fand.
Zu den genannten Re-Releases zählt neben den allerersten drei Alben auch das original 1996 erschienene "Slave To The Machine", das zu seiner Erscheinungszeit ziemlich am Zeitgeist vorbei musizierte und daher weitgehend unbeachtet blieb - ein Fehler, wenn man sich die Platte aus heutiger Sicht anhört. Zwar meint man Ostergaards Stimme etwas die gewisse Exzessivität vergangener Jahre und deren Folgen anzuhören, und die Drums klingen an manchen Stellen einen Deut zu künstlich, aber die dreizehn Songs lassen sich, wenn man den besagten Stil mag, definitiv gut durchhören. Planmäßig zur Einspielung an Bord gewesen sein müßten Drummer Ron Sutter, Bassist Jassen Wilber und Mike Smith als zweiter Gitarrist neben Ostergaard, wenn man die Besetzung für 1996 rekonstruiert, aber da herrschte eine Art Kommen und Gehen in der Band, so daß auch andere Beteiligte nicht ausgeschlossen sind. Vor diesem Hintergrund überrascht die relative stilistische Geschlossenheit des Albums, auch wenn es trotzdem markante Soundunterschiede beispielsweise am Übergang von "The Hole" zu "Feelings Of Dread" gibt und letztgenannter Song durchaus auch modernere Rockelemente verarbeitet und damit eine gewisse Exotenstellung einnimmt, was nicht zuletzt an der Gitarrenarbeit auffällt, die hier mit AC/DC so ganz und gar nichts gemein hat, während in den meisten anderen Songs eine gewisse Verwandtschaft durchaus erkennbar ist und Ostergaards Gekreisch dort auch traditionstypischer ausfällt, so daß in Kombination mit einigen Halftimedrums in "Quite So High" eine seltsame, aber nicht uninteressante Mixtur aus Alt und Neu entsteht, die in der zweiten Albumhälfte interessanterweise etwas häufiger auftaucht. "A Better Way" in der ersten Hälfte wiederum atmet einige Anklänge an Cinderella, und es gibt noch eine weitere stimmliche Parallele Ostergaards, die dem Rezensenten allerdings noch nicht namentlich eingefallen ist. Die Hälfteneinteilung des Albums allerdings muß mit gewisser Vorsicht betrachtet werden, da die der Promo-CD beigegebene Tracklist der Reihenfolge der Tracks auf der finalen Pressung offensichtlich nicht entspricht und die Tracklist der Promo beispielsweise mit dem Titeltrack anhebt, der auf der Promo-CD aber erst an zweiter Stelle steht. Untenstehend abgedruckt sind daher beide Varianten - die offizielle, u.a. auch bei Discogs angeführte, und die real auf der Promo-CD zu hörende, auf die sich die Erörterungen beziehen. Ganz markante Songs oder große Hits bleiben auf der Scheibe abwesend, obwohl etwa die Bridge von "Jaw Breaker" mit ihrem appellierenden Charakter durchaus Eindringlichkeitspotential offenbart. Über die Livequalitäten des Materials wiederum müssen diejenigen urteilen, die die Band damals auf der Bühne erlebt haben, zu denen der Rezensent nicht zählt. Er kann sich allerdings auf dem Re-Release einen konservierten Eindruck verschaffen, denn als Bonustracks sind der Scheibe zwei undatierte Livemitschnitte aus dem Warner Theatre in Erie, Pennsylvania beigefügt, die die Gesamtspielzeit auf 65 Minuten schrauben und in Ostergaards Sprechstimme noch eine weitere, vom Rezensenten bisher nicht zuordenbare Parallele offenbart. "Everythings Gonna Be Alright" hat sich vom Titel her, wie wir wissen, in bezug auf das Bandschicksal nicht bestätigt, macht aber live durchaus Laune, wandelt gleichfalls auf dem Grat zwischen Tradition und Moderne und dauert mit Mitsingspiel plus Gitarre-Gesang-Dialog a la Blackmore/Gillan (nicht ganz so idealtypisch durchgeführt allerdings) über neun Minuten, wird indes freilich durch "Let There Be Rock" getoppt, das einerseits eine logische Wahl darstellt (die AC/DC-Parallelen im Bandsound sind ja im Review reichlich zur Sprache gekommen) und andererseits den Unterhaltungswert natürlich nochmal in die Höhe schraubt (wobei Ostergaard interessanterweise die originale Reihenfolge von light, sound, drums und guitar abwandelt, indem er die ersten beiden Komponenten austauscht, worin man einen musikphilosophischen Hintergrund sehen kann, aber nicht muß). Daß die sechs Minuten dieser Coverversion die unterhaltsamsten der ganzen Scheibe sind, soll den Wert der Dirty-Looks-Eigenkompositionen nicht schmälern, wenngleich sie auch auf "Slave To The Machine" den Sprung zu den ganz Großen nicht geschafft haben. Aber einen guten Mittelfeldplatz hatten sie, und wer musikhistorisch analysieren will, wie sich eine vordem sehr traditionell orientierte Band ein Stück weit auf die Modernität zubewegte, ohne ganz in diese überzuwechseln, der findet mit diesem Re-Release ein interessantes Studienobjekt.
Kontakt: www.dirtylooksmusic.com, www.perrisrecords.com

Tracklist offiziell:
Slave To The Machine
The Hole
The Rotten Kind
A Better Way
Quite So High
Better Off Dead
Murder For Money
Droperidol
Jaw Breaker
Anesthesia
Getting Even
Feelings Of Dread
Last Crack
Everythings Gonna Be Alright
Let There Be Rock

Tracklist Promo-CD:
Murder For Money
Slave To The Machine
Droperidol
A Better Way
Anesthesia
The Hole
Feelings Of Dread
Quite So High
Getting Even
Jaw Breaker
The Rotten Kind
Last Crack
Better Off Dead
Everythings Gonna Be Alright
Let There Be Rock
 




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