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von rls

DARKNESS: Conclusion & Revival   (Battle Cry Records)

"Conclusion & Revival" gilt in der Darkness-History für viele als schwächeres Album, wofür es nach eindringlichem Hören aber eigentlich keinen expliziten Grund gibt. Gut, es klang anders, das stimmt, und das hatte mehrere Gründe. Einerseits war Pierre Danielczyk ausgestiegen, ein wichtiger Songwriter, und er wurde nicht ersetzt, sondern die Band machte mit Arnd Klink als einzigem Gitarristen weiter. Aber auch Sänger Oliver Fernickel war nicht mehr mit von der Partie, statt seiner sang nun Rolf Druschel, Spitzname Ray, und der war im Gegensatz zu seinem Vorgänger durchaus in der Lage, mal eine Melodie zu halten, wenn es notwendig erschien - daß es mit ihm dafür auf zwischenmenschlicher Basis nicht klappte und sein permanenter Drogenkunsum vielleicht noch bessere Resultate vereitelte, steht auf einem anderen Blatt. Auch Ray war eher Shouter als Sänger, aber er shoutete kontrolliert, strukturierter und auch verständlicher als Olli. Die kontrolliertere Herangehensweise fand auch ihre Entsprechung in der Musik, und das war wohl derjenige Fakt, der manchem alten Anhänger den Hörgenuß von "Conclusion & Revival" eher vergällte (die Band wollte eigentlich sogar unter einem neuen Namen antreten, aber das Label bestand darauf, den bereits eingeführten Namen Darkness zu behalten). Wie gesagt: Beim neutralen Hören anderthalb Jahrzehnte später gibt es für diese Einschätzung kaum einen rationalen Grund, eigentlich nur zwei: Einesteils trifft nicht jedes musikalische Experiment des Vierers ins Schwarze (auf das kurze Baßsolo hätte man ebenso verzichten können wie auf das eher nichtssagende Intro, und an den Bluesrocker "All Left To Say" muß man sich auch erst gewöhnen, obwohl er sich nach etlichen Hördurchläufen als witzige und gut gemachte Auflockerung herausstellt), und andererseits gibt es auch unter den "regulären" Songs geringfügige Qualitätsunterschiede, so daß beispielsweise gleich die beiden Opener "Soldiers" und "The Omniscient" einen zwar soliden, aber nicht überragenden Eindruck hinterlassen. Schon bei ihnen fällt aber die geringfügige stilistische Korrektur auf: Darkness klingen, was die Thrashseite angeht, ganz und gar nicht mehr deutsch, sondern eher amerikanisch geprägt, und auch dort waren es nicht die extremeren Vertreter, die ihre Spuren hinterlassen haben, was uns zur anderen Änderung führt, und die geht geradewegs Richtung Power Metal. Überraschung dabei: Sie beherrschten diese neue Richtung auf Anhieb recht gut, was an den beiden besten Songs des Albums deutlich wird, nämlich "Under Control" (nur die eingesampelte Stimme hätte dort nicht unbedingt sein müssen) und der Neueinspielung von "Faded Pictures", aus dessen Thrashgewüte plötzlich auch astreiner Power Metal mit hymnischem Refrain (wenngleich gewöhnungsbedürftigem Intro) geworden ist - die Truppe wußte damals die Keyboards sehr geschickt einzusetzen, nämlich genau dort, wo es auf besagtes Hymnenfeeling ankam. So entsteht als Gesamtbild der zwölf regulären Tracks von "Conclusion & Revival" eines, das beispielsweise an eine fast aller technischen Kabinettstückchen beraubte Version von Annihilator erinnert, wenngleich man natürlich im Auge behalten muß, daß wir uns hier gerade im Jahr 1989 befinden, als besagte Annihilator gerade ihr "Alice In Hell"-Debüt draußen hatten, das mit den erwähnten Kabinettstückchen nur so gespickt war, während man die vereinfachende Entwicklung ab 1993 ("Set The World On Fire") zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorausahnen konnte. Auffällig ist, daß ein Viertel der Songs nicht neu, sondern lediglich neu eingespielt sind - das macht bei "Faded Pictures" wie betrachtet richtig viel Sinn, auch "Burial" (früher "Burial At Sea") wirkt etwas leichtfüßiger als damals, und "Armageddon" hat seinen sehr rohen Touch ebenfalls verloren, was der alte Speedbanger aus den Mittachtzigern natürlich als Schlag ins Gesicht empfinden mußte, wohingegen der weiterentwicklungswillige Hörer (der auch Kreator und Sodom das zunehmend anspruchsvollere Musizieren nicht übelgenommen hatte) sich über diese Entwicklung eher gefreut haben mag. Der heutige dokumentarische Hörer dieser CD hat die Gelegenheit zum vergleichenden Lauschen, denn das dritte Demo "Titanic War" von 1986 steht im Bonusteil, und hier ist die Urversion von "Armageddon" vertreten (so einen Übergang ins Solo konnte man sich auch nur vor 20 Jahren erlauben ...). Mit diesem Demo (dessen Intro "The Gates" sich offenbar ein gewisser Eric Daniels recht genau angehört haben muß, wenn man mal das Instrumental auf dem selbstbetitelten Asphyx-Album vom Riffing her dagegenhält) hatten Darkness damals ihren Deal eingefahren, ihre Weiterentwicklung vom ganz fiesen Pseudo-Black Thrash-Act zu einer ernstzunehmenden musikalischen Kraft unter Beweis gestellt - und das Pech, eben bei Gama unterschrieben zu haben und im Vergleich mit etwa Kreator ein wenig zu spät dran zu sein. Diverse weitere strukturelle Probleme, über die in den Reviews zu den Re-Releases von "Death Squad" und "Defenders Of Justice" etliches nachzulesen ist, sorgten dafür, daß die Truppe nie richtig aus dem Quark kam, und auch die Kooperation mit Ray erwies sich eher als Hindernis, so daß die Band 1993 letztlich einen Schlußstrich zog, nachdem man noch ein weiteres Mal den Stil gewechselt hatte und sich eher von Acts wie Mucky Pup (mit denen man nach dem Release von "Conclusion & Revival" auch auf Tour gewesen war) hatte beeinflussen lassen - Tondokumente aus dieser Periode sind mir bisher jedoch nicht bekannt. Erst 2004 kamen Gitarrist Arnd und Drummer Lacky wieder zusammen und riefen ein neues Projekt namens Eure Erben ins Leben, das sich stilistisch eher wieder den ersten beiden Darkness-Platten zuwendet, aber konsequent auf deutsche Lyrics setzt. Nichtsdestotrotz haben Eure Erben neben Songs dieser Platten auch einen von "Conclusion & Revival" neu aufgenommen, nämlich "Under Control", der in seiner neuen Version "Asche und Staub" heißt und die eine oder andere kleine Ungereimtheit im Original noch eliminieren kann - er rundet die knapp 78minütige Wiederveröffentlichung in hochklassiger Weise ab, denn auf Livecovermitschnitte mit bitterem Rehearsalsound hat man diesmal dankenswerterweise verzichtet. Wie erwähnt: Nicht alles Material des Albums weiß zu glänzen (gerade bei "Beside My Grave" fragt man sich verzweifelt, warum der geniale atmosphärische Part nicht noch weiter ausgebaut wurde und vielleicht irgendwo hätte münden können, anstatt sang- und klanglos im Songende zu verebben), aber diverse Highlights werden aus der unverdienten Dunkelheit mit diesem Re-Release wieder hervorgezaubert, und die Bonustracks ermöglichen das Positionieren einer eindrucksvollen Klammer fast um das komplette Schaffen der Truppe um das letzte verbliebene Gründungsmitglied Lacky. Daß dieses noch lange nicht zu Ende ist, beweisen Eure Erben deutlich - aber darüber mehr in einem der nächsten Updates.
Kontakt: www.eureerben.de, www.battlecryrecords.de, www.karthagorecords.de

Tracklist:
Conclusion & Revival
Soldier
The Omniscient
Under Control
Bass
Burial
Predetermined Destiny
Price Of Fame
All Left To Say
Beside My Grave
Faded Pictures
Armageddon
Asche und Staub
The Gates/Beyond The Gates Of Death
Deathsquad
Armageddon
Legacy Of Blood
Titanic War



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