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von rls

DARKNESS: Defenders Of Justice   (Battle Cry Records)

Der Zweitling von Darkness erschien 1988, also nur ein Jahr nach dem Debüt "Death Squad", offenbarte allerdings trotzdem eine veränderte Band. Damit ist nicht mal so sehr der Besetzungswechsel am Baß gemeint, denn Thomas Becker hatte Bruno ersetzt, was aber keine entscheidenden musikalischen Veränderungen nach sich zog. Vielmehr hatte Gitarrist Pierre Danielczyk große Teile des Songwritings übernommen und Darkness damit zwar immer noch nicht zur Progband oder wenigstens zur Techno Thrash-Kapelle (wie man sowas damals nannte, bevor der Terminus Techno musikalisch anders belegt wurde und nicht mal mehr die fortschrittlichsten Thrashbands was damit zu tun haben wollten) gemacht, aber es fiel schon auf, daß die rohe, bisweilen fast punkige Energie des Erstlings einer ausgefeilteren Darbietungsweise gewichen war. Man hört das in den break- und filllastigeren Drums, besonders aber in der Gitarrenarbeit, am wenigsten indes in Ollis Gesang, wenngleich selbst dieser etwas verständlicher ausfällt als zu Debützeiten - und das, obwohl es laut den Liner Notes im Studio arge Probleme gab, daß der partyfreudige Sänger seine Gesangslinien überhaupt halbwegs hinbekam. Ein Melodiefreund war er ja noch nie gewesen, und so gibt's auch auf "Defenders Of Justice" heiseres typisches Thrash-Shouting zu hören, wenngleich wie gesagt durchaus etwas geschliffener als früher - ein Attribut, das man durchaus auf die kompletten acht Songs anwenden kann, wobei es auch Stimmen gibt, die das Ganze als zu geschliffen ansehen. Dieser Ansicht kann man durchaus sein, wenn man rohen ungezügelten Thrash bevorzugt, aber man kann das eben auch anders sehen und sich über eine bessere Durchstrukturierung und die weitgehende Abwesenheit der noch auf dem Vorgänger gelegentlich zu hörenden punkigen Ufta-Ufta-Drums freuen. In "Caligula" entdeckt man dann gar noch ein Element, das für eine Thrashband anno 1988 völlig ungewöhnlich war: ein Keyboard. Hier untermalt es einen schleppend-atmosphärischen Teil mit schönen Leadgitarren und läßt vergessen, daß Darkness ein anderes auflockerndes und schönes Element vergangener Tage diesmal komplett eliminiert haben, nämlich die Akustikgitarreneinschübe; überhaupt fällt auf, daß Pierre zwar haufenweise Fills und versteckte Melodien ins Riffing eingebaut, aber dafür die Zahl und Dauer der klassischen Gitarrensolopassagen deutlich reduziert hat - das erste richtig begeisternde gibt's erst in "Locked", und dieser Song steht immerhin schon an Position sechs. Dagegen wurde die Tradition längerer Intros beibehalten - um zum ersten "richtigen" Song "Bloodbath" vorzustoßen, muß man sich erstmal einige Zeit "Always Look On The Bright Side Of Life"-Gepfeife anhören. Generell fällt auf, daß Darkness ihre songschreiberischen Stärken diesmal nicht nur in den schnellen Passagen haben, sondern mit dem ausladenden Intro des Titeltracks beweisen, daß sie auch Midtempo spannend und druckvoll gestalten können, wohingegen der reine Midtempotrack "They Need A War" wieder ein wenig abfällt und zu ungeschlacht durch die Botanik rumpelt. Das trifft zumindest teilweise auch auf seine deutsche Umsetzung zu, die in Gestalt des Songs "Wir brauchen Krieg" des Darkness-Nachfolgeprojekts Eure Erben den Bonusteil dieses Re-Releases eröffnet (manche der Stops, gerade im Refrain, etwa hätte man noch etwas feiner ausziselieren können - momentan wirken sie etwas grobmotorisch). Ihm folgt wieder eines der Demos, diesmal "Titanic War" von 1986 mit fünf Tracks, in deren Direktvergleich mit dem neuen Material die Weiterentwicklung innerhalb von gerade mal zwei Jahren deutlich wiedererkannt werden kann, wenngleich beide Herangehensweisen eine unverkennbare Verwandtschaft besitzen und auch beide zeitlos ihre Reize besitzen. "Iron Force" wurde später für "Death Squad" noch einmal neu eingespielt, die restlichen vier Songs ("The Evil Curse Of Darkness" ist diesmal kein gesondertes Intro-Stück, wenngleich sich auch hier vorn dran wieder ein ausgedehnter Einleitungspart befindet) hingegen verblieben in den Archiven (das textlich übrigens in "Dialogform" gehaltene "Torment Declaration" ist nicht mit "Infernal Declaration" vom ersten Demo identisch, denn hier handelt es sich um ein kurzes Grusel-Interludium). Von dem Material für den 1987er Sampler von New Renaissance Records wird als zweites Häppchen auf diesem Re-Release "Armageddon" geliefert, und die Kiss-Coverversion "Detroit Rock City" erfüllt zwar immer noch nicht die akustischen Kriterien eines vernünftigen Livemitschnitts, klingt aber zumindest nicht so körperverletzerisch wie "Living After Midnight" auf dem Re-Release von "Death Squad" und ist zudem ein wichtiges historisches Dokument, denn es handelt sich der Ansage nach um die Zugabe des letzten Darkness-Gigs, der Anfang 1989 im Benefizrahmen in der Essener Zeche Carl stattfand, bereits ohne Pierre, der zu Jesters March gewechselt und durch einen temporären Ersatzmann namens Jöter vertreten wurde, und schon wieder mit einem neuen Bassisten namens Timo Oehlke, da Thomas Becker ausgestiegen war und später bei Holy Moses wieder auftauchen sollte. Der Plan des verbliebenen Bandkerns war, danach unter einem anderen Namen weiterzumachen - aber es kam zunächst anders ... Derweil verbleibt mit "Defenders Of Justice" ein zwar vom Coverartwork her etwas, ähem, komischer, musikalisch aber zweifellos hörenswerter Beitrag zur Geschichte des deutschen Thrash Metals, den man auch heute noch ohne Nebenwirkungen auflegen kann.
Kontakt: www.eureerben.de, www.battlecryrecords.de

Tracklist:
Bloodbath
Inverted Minds
Battle To The Last
Caligula
They Need A War
Locked
Defenders Of Justice
Predetermined Destiny
Wir brauchen Krieg
The Evil Curse Of Darkness
Hear The Cry
Iron Force
Torment Declaration
The Kingdom Of Death
Armageddon
Detroit Rock City



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