www.Crossover-agm.de DARKING: Sons Of Steel
von rls

DARKING: Sons Of Steel   (My Graveyard Productions)

Epischer Heavy Metal aus Italien zeichnet sich nicht selten durch einen Hang zum Bombast und zur großen Geste aus, der italienischen Oper darin nicht unverwandt. (Immerhin ist selbst das berühmte Verdi-Requiem eigentlich nur verkleidete italienische Oper.) Das geht meist mit umfangreichem Einsatz von Keyboards oder auch ganzen Orchestern einher. Nicht so bei Darking - auch die spielen epischen Heavy Metal, aber eine recht basische Variante. Erstens verzichten sie auf jegliche Zutaten außer Vocals, Gitarren, Baß und Drums, und zweitens haben sie nur einen Gitarristen in der Band, was man den Kompositionen auch anhört: Agostino Carpo, der Bediener dieses Instruments und zugleich mit Drummer Leonardo Freschi auch kreativer Pol der Band, konzipiert die Stücke so, daß sie live ohne große Abstriche mit einem Gitarristen aufgeführt werden können. Das bedeutet keinesfalls den Verzicht auf technische Feinheiten, sondern vielmehr eine stärkere Einbindung von Bassist Matteo Lupi und die Ausjustierung der Leadgitarrenparts in einer Weise, daß der Baß live quasi die Rolle einer Rhythmusgitarre mit übernimmt. Natürlich fallen mit dieser Herangehensweise einige Stilelemente weg, die man im Genre sonst oft hört, etwa zweistimmige Leadgitarren (nur "The Eye Of God" legt mal zwei komplett unterschiedliche Leadgitarrenlinien übereinander, eine flitzefingerige und eine in großen Melodiebögen schwingende) oder eben auch die ganze Bombastschiene. Wenn man letztere gewöhnt ist, werden einem manche Kompositionen Darkings anfangs fast etwas blutleer vorkommen - man muß sich schon auf die basische Inszenierungsweise einlassen können, um Gefallen an "Sons Of Steel" zu finden. Wer freilich seinen Metal streng traditionell mag, wird wenig Probleme mit dieser Herangehensweise haben, sie vielleicht sogar begrüßen und als Oase im technischen Overkill der heutigen Metalszene willkommen heißen. Natürlich beherrschen auch Darking ihre Instrumente, natürlich haben sie mit Mirko Miliani auch einen guten Sänger an Bord - keinen sehr guten allerdings, denn hier und da wirkt er noch leicht zu unsicher (z.B. in den Tonsprüngen von "Face Of Fear"), obwohl gerade der ruhige Zwischenteil im Quasi-Titeltrack "Son Of Steel" eindrucksvoll beweist, wie berührend auch eine leicht brüchig wirkende Stimme sein kann. Und an der technischen Komponente der knapp 48 Minuten gibt es auch nichts auszusetzen, wenn man eben basische Produktionen mag. Als nationale Vergleichsbands taugen die befreundeten Domine nicht, sondern eher die ebenfalls in der Thankslist auftauchenden Dark Quarterer oder die dort nicht vermerkten Raising Fear, international wären sowohl amerikanische Bands wie Manilla Road als auch einige NWoBHM-Vertreter wie Angel Witch anzuführen - an einigen Stellen kommt man fast in Versuchung, fröhlich "You're an Angel Witch" loszuträllern, so gut würde diese Passage an das Gehörte dranpassen, ohne daß man freilich Darking Kopismus vorzuhalten hätte. Tempotechnisch deckt das Quartett das gängige Spektrum von der Halbballade "The Eye Of God" bis zum gleich auf dem Fuße folgenden speedigen "Promise Of Evil" (der einzige der acht Songs, der die Fünf-Minuten-Marke nicht erreicht) ab, baut aber immer wieder einige Breaks ein, die das Material in geschickter Weise auflockern, also entweder den Speedie um einige kurze Verharrungen bereichern oder in die midtempolastigeren Tracks Abwechslung reinbringen. Die Breakdichte nimmt freilich nie Ausmaße an, die den Traditionsmetaller die weiße Flagge schwenken lassen würden - im Gegenteil: Darking bilden das gefundene Fressen für denjenigen, dem simples Durchgehämmere zu stupide ist, der aber auch jeglichen "progressiven" Anspruch mit Argusaugen betrachtet. Auch mit den Lyrics, komplett aus Agostinos Feder, wird sich die Zielgruppe ob der bekannten Ausrichtung und trotz einiger grammatikalischer Merkwürdigkeiten sicherlich anfreunden können - Nostradamus kommt in "Magic Man" als Subjekt vor, und das abschließende "Sign Of The Cross" beispielsweise behandelt die Auslöschung des Tempelritterordens. Ein Songtitel wie "Lady Of Sand" wiederum hätte auch Ronnie James Dio schon einfallen können, und daß Darking hier in den Strophen eine Melodie mit orientalischem Touch einsetzen, dürfte nicht auf Verwunderung stoßen. So entdeckt man in den knapp 48 Minuten des Darking-Debüts nichts wirklich Neues (wer das 2009er Demo besitzt, kann auch noch nachprüfen, ob dessen fünf Songs unverändert auf das Debüt gewandert sind oder neu eingespielt wurden - die Bookletangaben lassen letzteres vermuten), aber wer eine gute Interpretation von Altbewährtem mag, der darf gerne mal die gängigen gutsortierten Mailorder wie www.karthagorecords.de nach den Söhnen des Stahls durchsuchen.
Kontakt: www.myspace.com/darkingmetal, www.mygraveyardproductions.com

Tracklist:
My Name Is No One
Magic Man
Son Of Steel
The Eye Of God
Promise Of Evil
Lady Of Sand
Face Of Fear
Sign Of The Cross
 




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